Entscheidungsstichwort (Thema)
Erneuerbare Energien: Vergütung von Strom für ein zweites an eine bereits bestehende Biogasanlage angeschlossenes Blockheizkraftwerk; Anlagenbegriff
Leitsatz (amtlich)
1. Allein das Blockheizkraftwerk zur Erzeugung von Strom aus einer Biogasanlage ist keine Anlage i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009; es bedarf vielmehr eines Fermenters.
2. § 19 Abs. 1 EEG 2009 setzt mehrere Anlagen i.S.d. § 3 Nr. 1 EEG 2009 voraus und ist auf eine Biogasanlage mit mehreren Blockheizkraftwerken auch dann nicht anwendbar, wenn diese in einem zeitlichen Abstand von mehr als einem Jahr an denselben Fermenter angeschlossen werden.
Normenkette
EEG 2009 § 3 Nr. 1, § 19 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21.3.2012 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Duisburg abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des nach diesem Urteil beitreibbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Gründe
A. Die Klägerin betreibt Biogasanlagen in R. zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien. Sie verlangt von der Beklagten im Wege der Teilklage die Zahlung einer Vergütung für die Einspeisung von Strom für den Zeitraum von Dezember 2010 bis März 2011 einschließlich nach dem Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien in seiner vom 1.1.2009 bis 31.12.2011 gültigen Fassung (im Folgenden EEG 2009). Die Klägerin nahm im September 2009 eine Biogasanlage, bestehend aus zwei Gärrestelagern, einem Fermenter und einem Blockheizkraftwerk in einem eigenen Container (im Folgenden BHKW oder Generator) mit einer Betriebsleistung von 190 KW in Betrieb. Im Dezember 2010 nahm sie ein weiteres BHKW mit einer Betriebsleistung von ebenfalls 190 KW in Betrieb, das sie auf dem gleichen Grundstück errichtete und das sie an den bereits vorhandenen Fermenter sowie die übrigen Vorrichtungen der Erstanlage anschloss. Die gewonnene elektrische Energie wird über eine eigene Übergabestation der Klägerin in das Netz der Beklagten eingespeist. Für beide BHKW führt die Klägerin ein gemeinsames Einsatzstofftagebuch. Die Parteien, die vertraglich nicht miteinander verbunden sind, streiten darüber, ob für die Berechnung der nach dem EEG 2009 zu zahlenden Einspeisevergütung von dem Vorhandensein einer Gesamtbiogasanlage oder zweier getrennter Biogasanlagen auszugehen ist. Auf der Grundlage der im EEG 2009 festgelegten Schwellenwerte erzielt die Klägerin für die von ihr eingespeiste Strommenge bei der Annahme von zwei getrennten Biogasanlagen eine höhere Vergütung als für eine Gesamtanlage. Zum Sachverhalt im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Das LG hat der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt.
Die Beklagte rügt, das LG habe sowohl den Inhalt als auch den Regelungszusammenhang der §§ 3 Nr. 1, Nr. 4, 19 Abs. 1 EEG 2009 verkannt und diese unrichtig angewendet. Es habe insbesondere einen falschen und zu weit gefassten Anlagenbegriff zugrunde gelegt. Im Streitfall sei bereits im Anwendungsbereich des § 3 Nr. 1 EEG 2009 von nur einer Biogasanlage auszugehen, da allein ein BHKW keine Anlage im Sinne dieser Vorschrift darstelle. Als bloße technische Einrichtung zur Umwandlung thermischer und elektromagnetischer Energie in Elektrizität fülle er den Anlagenbegriff auch nach der Neufassung des § 3 Nr. 1 EEG 2009 nicht aus, da eine Stromerzeugung aus Biomasse eines Fermenters bedürfe. Durch die Inbetriebnahme eines zweiten BHKW im Dezember 2010 sei die bereits vorhandene Biogasanlage, deren Gaserzeugung allein mit dem bisherigen BHKW nicht mehr zu bewältigen gewesen sei, lediglich erweitert worden. Handele es sich indes nur um eine Biogasanlage, sei für eine Prüfung, ob nach § 19 Abs. 1 EEG 2009 fiktiv von einer Gesamtanlage auszugehen sei, kein Raum, weil die darin für die Berechnung der Vergütung geregelte Fiktion einer Gesamtanlage das Vorhandensein mehrerer Anlagen nach § 3 Nr. 1 EEG 2009 voraussetze. Gehe man allerdings davon aus, dass allein ein Generator eine Anlage i.S.d. § 3 Nr. 1 EEG 2009 darstelle, sei zumindest die Führung eines eigenen Einsatzstofftagebuches für jeden Generator erforderlich gewesen. Dies sei unstreitig nicht geschehen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG Duisburg vom 21.3.2012 - 23 O 25/11 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass ihr die begehrte Vergütung aus § 27 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EEG 2009 in Verbindung mit dessen Anlage 2 Ziff. I bis IV und § 18 EEG zustehe, weil das im Dezember 2010 in Betrieb genommene BHKW eine selbständig...