Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 1 O 321/16) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6.4.2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelferin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf eine Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger begeht die Auszahlung seines anteiligen Nacherbes.
Der Kläger und seine Schwester sind die Kinder von Frau A. aus ihrer ersten Ehe. Sie war in zweiter Ehe mit Herrn B. (Erblasser) verheiratet, der ebenfalls Kinder aus einer vorigen Ehe hatte. Die Eheleute hatten keine gemeinsamen Kinder. Mit gemeinschaftlichem notariellem Testament vom 11.10.2001 setzten sich die Eheleute gegenseitig zu von allen Beschränkungen befreiten Vorerben ein. Nacherben der Ehefrau sollten der Kläger und seine Schwester sein. Nacherben des Erblassers sollten dessen Töchter C. und D. sein. Der Nacherbfall sollte mit dem Tod des Vorerben eintreten. Sollten beide Nacherben eines Abstammungszweiges nach dem Tod des Elternteils den Pflichtteil fordern, so entfiel die Nacherbeneinsetzung ersatzlos und der jeweils Längstlebende der Eheleute sollte damit nicht mehr Vorerbe, sondern alleiniger, unbeschränkter Erbe sein. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urkunde des Notars E. (UR-Nr. ...../2001, Anlage 1) verwiesen.
Der Erblasser verstarb am 17.1.2013. Seine im Testament genannten Kinder machten Pflichtteilsansprüche geltend und wurden durch Vergleich mit einem Betrag in der Größenordnung um 40.000,- EUR abgefunden.
Die Ehefrau des Erblassers verfügte über ein Depot bei der F-Bank. Am 9.9.2015 unterschrieben die Ehefrau und die Beklagte eine "Verfügung über ein F. Depot", mit dem alle Rechte aus dem Depot mit dem Tod der Ehefrau auf die Beklagte übergehen, ohne dass sie in den Nachlass fallen (Anlage B 8).
Die Ehefrau des Erblassers verstarb am 20.4.2016. Das Depot hatte zu diesem Zeitpunkt einen Wert von 321.058,18 EUR. Die Beklagte übertrug es auf ein neu von ihr eingerichtetes Depot im eigenen Namen. Die Auszahlung der Hälfte davon, nach Auffassung des Klägers sein hälftiger Anteil als Nacherbe, verlangt er mit der Klage.
Der Kläger hat vorgetragen, er sei Nacherbe der Ehefrau. Die Schenkung an die Beklagte sei analog §§ 2287, 2113 Abs. 2 BGB unwirksam, weil sie sein Recht als Nacherbe beeinträchtige.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 160.529,09 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Generalia aus der Klagebegründung seien zutreffend. Aus dem Depot hätten durch einen Entnahmeplan (Dokumente in der Anlage B 7) die Heimkosten des Lebensabends bezahlt werden sollen, die Ehefrau sei nicht davon ausgegangen, alsbald zu versterben. Den Restbetrag habe die Beklagte als Entlohnung für die langjährigen, intensiven und zahlreichen Dienste erhalten sollen. Sie habe sich um die Ehefrau des Erblassers gekümmert, sie besucht, Schriftverkehr erledigt, Kontobewegungen nachvollzogen. Als Beraterin rechne sie dafür sonst 1.800 EUR pro Tag ab.
Nach der letzten mündlichen Verhandlung hat die Beklagte vorgetragen, der Kläger sei kein Nacherbe. Bestenfalls könne er Pflichtteilsergänzungsansprüche haben, die aber wegen eines Nachlasswertes von mindestens 200.000,- EUR kaum bestünden. Die Schenkung sei eine Pflichtschenkung gemäß § 2330 BGB.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Der Anspruch bestehe gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil die Zuwendung gemäß § 2113 Abs. 2 BGB unwirksam sei. Die Ehefrau des Erblassers sei Vorerbin und der Kläger ihr Nacherbe, das sei unstreitig. Der neue Vortrag nach der mündlichen Verhandlung gehöre gemäß § 296a ZPO nicht mehr zur ersten Instanz. Die Zuwendung des Zahlungsanspruchs gegen die Depotbank sei unentgeltlich, da dem aufgegebenen Vermögenswert keine Gegenleistung gegenüberstehe. Zeitintensive Pflegedienste habe die Beklagte nicht geleistet.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Das Landgericht habe die Tatsachen unzutreffend festgestellt. Tatsache sei der Text des Testaments, die Einordnung des Erbes als Nacherbe sei eine fehlerhafte rechtliche Würdigung des Landgerichts. Ein Nacherbfall nach der Ehefrau des Erblassers habe nicht vorgelegen, da der Erblasser vorverstorben sei.
Die Beklagte und die Streithelfer beantragen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte sei mit ihrem Vortrag in zweiter Instanz gemäß §§ 530, 531 ZPO ausgeschlossen.
Die Akte LG Düsseldorf 1 O 287/16 war zu Informationszwecken Gegenstand der...