Leitsatz (amtlich)
1. Erfüllungsort für Mietzinsansprüche aus der Nutzung eines Hotelschiffs ist mangels abweichender Vereinbarung nicht der Sitz des Vermieters, sondern der Sitz des Mieters (hier: Sitz in der Schweiz).
2. Die Einzahlungen der Miete auf einem Bankkonto am Sitz des Vermieters begründen nicht den "Erfüllungsort tatsächlich erbrachter Leistungen" für nachfolgende Mieten.
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 31.10.2003; Aktenzeichen 22 O 121/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31.10.2003 verkündete Zwischenurteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Duisburg abgeändert und die Klage als unzulässig abgewiesen.
Die Kosten beider Rechtszüge werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen eine Sicherheitsleistung von 120 % des jeweils beigetriebenen Betrags abzuwenden, es sei denn, die Beklagte leistet vorher Sicherheit in gleicher Höhe.
Gründe
A. Die bei Vertragsschluss und jetzt im Inland ansässige Klägerin (GmbH) und die bei Vertragsschluss und jetzt in der Schweiz ansässige Beklagte, eine Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht, schlossen am 17.6.1998 einen Mietvertrag (MV) über ein Hotelschiff. Die Laufzeit des Vertrags endete mit Ablauf des 31.7.2002. Die Beklagte, die das Schiff vereinbarungsgemäß in Bremen übernommen, in die Niederlande verlegt, dort betrieben und wieder zurückgegeben hat, hat die vereinbarte Miete (2.000 DM/Tag mit monatlicher Fälligkeit am ersten Tag des Vormonats) bis einschließlich April 2002 gezahlt. Gegenstand des Rechtsstreits ist die Miete vom 1.5. bis 31.7.2002 i.H.v. (92 Tage × 2000 DM/Tag = 184.000 DM) 94.077,36 Euro (richtig: 94.077,71 Euro). Zur Zahlungsweise haben die Parteien nur das Folgende vereinbart (§ 3 S. 5 MV):
"Die Charterraten werden auf das Konto der [Klägerin] bei der Raiffeisenbank Emmerich eG - überwiesen".
Abweichend von dieser Regelung hat die Beklagte zuletzt die Miete vereinbarungsgemäß auf ein Konto der Klägerin bei einem in Wesel ansässigen Kreditinstitut überwiesen.
Die Klägerin nimmt die Beklagte bei dem für Wesel zuständigen LG Duisburg auf Zahlung in Anspruch. Sie ist der Auffassung, die inländischen Gerichte seien international zuständig, weil Wesel als Erfüllungsort für die von der Beklagten eingegangene Zahlungsverpflichtung vereinbart worden sei.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an 94.077,36 Euro nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Eintritt der Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten.
Sie hat u.a. geltend gemacht, dem angerufenen Gericht fehle die internationale Zuständigkeit. Erfüllungsort der umstrittenen Geldschuld sei der Ort ihrer Niederlassung bei Vertragsschluss, so dass sie nur vor dem örtlich zuständigen Gericht in der Schweiz in Anspruch genommen werden könne.
Das LG hat durch das angefochtene Zwischenurteil festgestellt, dass es international und örtlich zur Verhandlung und Entscheidung des Rechtsstreits zuständig ist.
Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung unverändert das Ziel der Abweisung der Klage als unzulässig.
Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Berufung.
B. Das zulässige Rechtsmittel ist begründet. Die inländischen Gerichte sind für die Entscheidung des Rechtsstreits international nicht zuständig.
I. Mit Blick auf den Sitz der Beklagten in der Schweiz, die nicht Mitglied der Europäischen Gemeinschaften ist, ist maßgeblich für die Beantwortung der Frage nach dem international zuständigen Gericht das zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz geltende Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.9.1988 (Lugü). Es ist in der Bundesrepublik am 1.3.1995 in Kraft getreten (BGBl. II, 221) und im Verhältnis zur Schweiz seit deren Beitritt am 1.9.1997 (BGBl. II 1998, 56) anzuwenden.
II. Gemäß Art. 2 Abs. 1, 53 Abs. 1 Lugü kann eine Gesellschaft, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, nur vor den Gerichten dieses Staates verklagt werden, es sei denn, das Luganer Übereinkommen sehe einen davon abweichenden (ausschließlichen oder besonderen) Gerichtsstand vor. Das bedeutet für den Streitfall, dass die Beklagte mit Blick auf ihren Sitz im Vertragsstaat Schweiz grundsätzlich nur vor Schweizer Gerichten in Anspruch genommen werden kann. Da das Luganer Abkommen auch keinen davon abweichenden Gerichtsstand eröffnet, ist das angerufene inländische Gericht nicht zuständig.
1. Ein ausschließlicher Gerichtsstand, insb. ein solcher gem. Art. 16 Nr. 1a Lugü ist nicht gegeben. Diese Bestimmung begründet einen ausschließlichen Gerichtsstand für Miet- und Pachtsachen nur, wenn Gegenstand des Vertrags eine unbewegliche Sache, insb. ein Grundstück ist. Die entgeltliche Überlassung eines Schiffs zur Nutzung wird nicht erfasst, weil das Schiff eine bewegliche Sache ist. Offen bleiben kann die Frage, ob ein registriertes Schiff, das gem. §§...