Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine grobe Fahrlässigkeit bei Nichtbeachten der Durchfahrtshöhe einer Brücke
Normenkette
BGB § 277
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 5 O 309/99) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das am 17.5.2000 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Düsseldorf unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Das Versäumnisurteil des LG Düsseldorf vom 1.12.1999 (5 O 309/99) wird in Höhe eines Betrages von 650 DM nebst 11 % Zinsen für die Zeit vom 1.10.1999 bis zum 4.3.2000, 11,5 % Zinsen für die Zeit vom 5.3.2000 bis zum 8.5.2000, 11,75 % Zinsen für die Zeit vom 9.5.2000 bis zum 29.6.2000, 12,25 % Zinsen für die Zeit vom 30.6.2000 bis zum 11.9.2000, 12,5 % Zinsen für die Zeit vom 12.9.2000 bis zum 20.10.2000, 12,75 % Zinsen für die Zeit vom 21.10.2000 bis zum 11.12.2000 und 13 % für die Zeit ab 12.12.2000 aufrechterhalten.
Im Übrigen wird die Klage unter Aufhebung des vorstehend bezeichneten Versäumnisurteils abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen zu 95 % der Klägerin und zu 5 % dem Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die zulässige Berufung des Beklagten ist auch sachlich überwiegend gerechtfertigt. Eine Schadensersatzverpflichtung ggü. der Klägerin aufgrund des Unfalls vom 29.5.1999 besteht zu seinen Lasten lediglich in Höhe der mit Vertrag vom gleichen Tage (Bl. 13 d.A.) vereinbarten Selbstbeteiligung von 650 DM. Die weitergehende Klage hat daher keinen Erfolg.
Nach Ziff. VII 2. der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (Bl. 31 d.A.), die unstreitig Gegenstand des von den Parteien unter dem 29.5.1999 geschlossenen Mietvertrages waren, haftet der Mieter trotz einer vereinbarten Haftungsreduzierung lediglich dann unbegrenzt für den gesamten Schaden, wenn er diesen grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt hat. Der vorliegend allein in Betracht kommende Vorwurf grober Fahrlässigkeit kann indes entgegen der Annahme des angefochtenen Urteils gegen den Beklagten nicht erhoben werden.
Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass die Feststellung grober Fahrlässigkeit eine besonders schwerwiegende Verletzung der verkehrserforderlichen Sorgfalt voraussetzt und daher nur dann gerechtfertigt ist, wenn das nicht beachtet worden ist, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste, weil einfache, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt worden sind, wobei auch subjektiven Umständen in der Weise Rechnung zu tragen ist, dass dem Handelnden nur ein besonders schweres Verschulden anzulasten ist (so z.B. OLG Düsseldorf v. 5.12.1996 – 10 U 213/95, MDR 1997, 350 = OLGReport Düsseldorf 1997, 43 = BB 1997, 702 = ZMR 1997, 141 = DWW 1997, 148; v. 13.2.1997 – 10 U 33/96, MDR 1997, 450 = OLGReport Düsseldorf 1997 = 222, ZMR 1997, 228 = NJWE MietR 1997, 152 = DWW 1998, 51; v. 9.12.1999 – 10 U 47/99, OLGReport Düsseldorf 2000, 144 = ZMR 2000, 174; vgl. auch OLG Köln v. 13.1.1982 – 2 U 77/81, OLGZ 82, 371 = MDR 1982, 579; Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 277 Rz. 2; Riedmaier „Zur groben Fahrlässigkeit im Straßenverkehr” VersR 1981, 10). Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen kann nach Auffassung des Senats vorliegend nicht ausgegangen werden.
Allerdings hat der Senat mit Urt. v. 22.6.1995 (VersR 1997, 77 = MDR 1995, 1122), worauf die Klägerin zu Recht hinweist (Bl. 147 d.A.), das Vorliegen grober Fahrlässigkeit für den Fall angenommen, dass der Fahrer eines Mietfahrzeugs mit beträchtlicher Geschwindigkeit unter Missachtung der Fahrzeughöhe den Versuch unternommen hat, eine Eisenbahnbrücke zu passieren. Der damals zur Beurteilung stehende Sachverhalt wies jedoch zu einem erschwerten Schuldvorwurf ggü. dem Mieter führende Besonderheiten auf, von denen vorliegend keine Rede sein kann.
So wurde seinerzeit nicht nur durch einen Aufkleber im Wageninnern auf die Fahrzeughöhe, sondern darüber hinaus durch das Zeichen 265 zu § 41 StVO auf die Durchfahrtshöhe der Brücke hingewiesen, während im jetzt zur Entscheidung stehenden Fall ein derartiger Hinweis im Hinblick darauf fehlte, dass sich die Brücke, mit der der Beklagte kollidiert ist, auf einem Privatgelände befindet. Hinzu kommt, dass der Beklagte unwidersprochen bereits zweimal die in Rede stehende Brücke anstandslos passiert hatte, indem er den Bereich der Fahrbahn benutzt hatte, innerhalb dessen die lichte Höhe am größten war, der indes zur Unfallzeit wegen eines dort parkenden Fahrzeugs nicht zur Verfügung stand. Diese den Beklagten entlastende örtliche Besonderheit der unterschiedlichen Durchfahrtshöhe wurde zudem noch dadurch verstärkt, dass ein farblich nicht deutlich hervorgehobener Unterzug eine zuverlässige Einschätzung des gefahrlos zu durchfahrenden Bereichs zusätzlich erschwerte.
Insgesamt hat der Beklagte somit zwar sicherlich die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten nicht beachtet und den der Klägerin entstandenen unfallbedingten Schaden zweifelsfrei fahrlässig schuldhaft verursacht. Da...