Leitsatz (amtlich)
Ein Gläubiger hat trotz Kenntnis von der Zahlungseinstellung des Schuldners keine Kenntnis von dessen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er aufgrund des ihm bekannten Sachverhalts eine Gläubigerbenachteiligung ausschließen kann. Das ist der Fall, wenn er aufgrund einer Sicherungsübereignung von einer umfassenden insolvenzfesten Sicherung seiner Forderungen ausgeht und ausgehen darf.
Normenkette
InsO § 129 Abs. 1, § 133 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 2 O 234/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 04.05.2018 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal (2 O 234/17) abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die zulässige Berufung hat, wie mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf den Hinweisbeschluss vom 29.10.2018 erörtert worden ist, in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, an den Kläger 17.607,63 EUR nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen. Die vom Schuldner in dem Zeitraum vom 19.09.2013 bis 16.01.2014 geleisteten Zahlungen sind entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar, weil es jedenfalls an den subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen auf Seiten der Beklagten fehlt.
1. Auf den Sachverhalt finden die Vorschriften über die Insolvenzanfechtung in der bis zum 04.04.2017 geltenden Fassung (a.F.) nach Maßgabe des Art. 103j EGInsO Anwendung, da das Insolvenzverfahren vor dem 05.04.2017 eröffnet worden ist.
2. Gemäß § 133 Abs. 1 InsO sind Rechtshandlungen des Schuldners anfechtbar, die dieser mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.
2.1. Die Lastschriftzahlungen aufgrund der der Beklagten in den Darlehensverträgen erteilten Einziehungsermächtigung stellen Rechtshandlungen des Schuldners dar. Bei einer Zahlung im Einziehungsermächtigungsverfahren liegt die anfechtbare Rechtshandlung (erst) in der Genehmigung der Lastschriftbuchung, nicht bereits in dieser Buchung selbst, weil die Belastung des Kontos bis zur Genehmigung ohne materielle Wirkung bleibt (vgl. BGH, Urt. v. 14.09.2017 - IX ZR 3/16, NZI 2018, 114, 116 Rn. 26). Hieran ist auch nach Einführung des SEPA-Lastschriftverfahrens für die noch unter der Geltung früherer AGB der Banken erteilten Einzugsermächtigungen festzuhalten (MüKoBGB/Fetzer, 7. Aufl., § 362 Rn. 25).
2.2. Die Zahlungen haben die Gläubiger benachteiligt, weil durch sie die Aktivmasse verkürzt wurde. Dem steht, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht entgegen, dass die Beklagte sich die beiden Auflieger und die Zugmaschine hatte sicherungsübereignen lassen.
Eine Befriedigung, die ein Gläubiger aufgrund eines insolvenzfesten Absonderungsrechts erlangt, benachteiligt die Gesamtheit der Gläubiger nicht. Eine objektive Gläubigerbenachteiligung liegt daher nicht vor, wenn der Schuldner ein Absonderungsrecht durch Zahlung des Betrags ablöst, den der Absonderungsberechtigte durch Verwertung des Sicherungsguts hätte erzielen können (BGH, Urt. v. 26.04.2012 - IX ZR 67/09, ZInsO 2012, 1429, 1432 Rn. 22 m.w.N.; Urt. v. 12.02.2015 - IX ZR 180/12, NZI 2015, 320, 321 Rn. 8). Ein solcher Fall liegt hier jedenfalls im Zeitpunkt der ersten angefochtenen Zahlungen nicht vor, weil es - wie das Landgericht mit Recht ausgeführt hat - durch sie nicht zu einer Ablösung der Sicherheiten gekommen ist. Dies schon deshalb, weil die Bestellung der Sicherheit nicht nur die Ansprüche der Beklagten aus dem jeweiligen Darlehensvertrag absicherte, sondern alle gegenwärtigen und künftigen Ansprüche der Beklagten gegen den Schuldner aus der bankmäßigen Geschäftsbeziehung. Die Sicherheiten wurden durch die Zahlungen nicht - auch nicht teilweise - frei, solange die Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und dem Schuldner bestand und weitere Forderungen entstehen konnten. Da der erzielte Erlös aus der Verwertung der Sicherheiten schon die unter Berücksichtigung der angefochtenen Zahlungen offen gebliebenen Forderungen der Beklagten nicht vollständig abgedeckt hat, liegt eine (mittelbare) Gläubigerbenachteiligung vor. Das gilt selbst dann, wenn die Beklagte - wie unstreitig ist - bei der Verwertung der Zugmaschine und eines Aufliegers einen Mehrerlös von 23.000 EUR (netto) hätte erzielen können, denn zu der mit Schreiben vom 22.09.2014 (Anlage B 10, Bl. 124 f.) geltend gemachten Restforderung von 52.212,64 EUR sind noch die im Anfechtungszeitraum erhaltenen Zahlungen in Höhe von (rechnerisch richtig) 20.363,29 EUR hinzuzurechnen, so dass sich offene Forderungen in Höhe von 72.575,93 EUR ergeben. Bei einem Nettoerlös von 72.000 EUR (brutto 85.680 EUR) verbliebe indessen nach Abzug der Pauschalen gemäß § 171 InsO und der Umsatzsteuer lediglich ein zu verteilender Erlös von 64.288,80 EUR, mithin eine Deckungslücke in Höhe von 8.287,13 EUR....