Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 11.04.1990; Aktenzeichen 10 O 364/89) |
Tenor
Auf die Berufungen der Parteien wird das am 11. April 1990 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf mit dem zugrundeliegenden Verfahren aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Gründe
Die zulässigen Berufungen beider Parteien haben insoweit Erfolg, als das angefochtene Urteil keinen Bestand haben kann und eine erneute Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen ist.
Das erstinstanzliche Verfahren leidet an wesentlichen Mängeln im Sinne des § 539 ZPO. Das Landgericht hat entscheidungserheblichen Sachvortrag der Parteien außer acht gelassen und seine Aufklärungspflicht verletzt, indem es wegen der Versagung der beantragten Nutzungsänderung durch das Bauaufsichtsamt ohne Beweiserhebung von einem feststehenden Mangel der Mietsache ausgegangen ist.
Zwar ist der Ansatz des Landgerichts richtig, daß regelmäßig ein unter die Garantiehaftung des Vermieters fallender anfänglicher Mangel gegeben ist, wenn eine behördliche Gebrauchsbeschränkung auf der Beschaffenheit oder Lage der Mietsache beruht. Das hat der BGH bereits mehrfach ausgesprochen (vgl. z.B. BGH NJW 1980, 777, 778; NJW 1988, 2664). Der in § 1 Nr. 1 b des Mietvertrages der Parteien vom 19. Mai 1988 enthaltene diesbezügliche formularmäßige Gewährleistungsausschluß ist gemäß § 9 AGBG unwirksam (BGH NJW 1988, 2664). Allerdings hat das Landgericht – vorschnell – einen feststehenden Mangel bejaht. Denn die Parteien streiten im Kern darum, warum letztlich das Bauaufsichtsamt der beantragten Nutzungsänderung aus baurechtlicher Sicht nicht zugestimmt hat. Wie sich aus dem Bescheid des Oberstadtdirektors der Stadt Düsseldorf – Bauaufsichtsamt – vom 31. Oktober 1988 ergibt, scheiterte der Antrag an dem fehlenden Nachweis von zwei Kfz-Stellplätzen. Während die Beklagte die Ansicht vertrat, Stellplätze seien gar nicht erforderlich, hatte dies die Klägerin ersichtlich anders gesehen. Denn bereits in ihrem Nutzungsänderungsantrag vom 28. Mai 1988 hatte sie angegeben, sie beabsichtige, zwei Parkplätze in der unmittelbaren Umgebung des Mietobjekts anzumieten. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte geltend gemacht, die Klägerin habe sich nicht hinreichend bemüht, geeignete Stellplätze zu finden, während die Klägerin ausweislich ihrer Schriftsätze vom 31. Juli und 29. Dezember 1989 ihre angeblichen Anstrengungen unter Beweisantritt dargestellt hat. Hat aber – wovon auch nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin auszugehen ist – diese es selbst übernommen, die Stellplätze nachzuweisen, so ist die behördliche Erlaubnisversagung nur dann als ein dem Vermieter zuzuordnender Mangel anzusehen, wenn die Klägerin tatsächlich alles getan hat, um geeignete Stellplätze zu finden. Denn unstreitig scheiterte die Erlaubnis am fehlenden Nachweis der beiden Stellplätze, den die Klägerin in ihrem Antrag vom 28. Mai 1988 selbst angekündigt hatte, wie sich insbesondere auch aus dem Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidenten Düsseldorf vom 22. Juni 1989 ergibt. Da die Beklagte die behaupteten Bemühungen der Klägerin bereits mit der Klageerwiderung vom 20. Oktober 1989 (dort S. 7 – Bl. 50 GA) bestritten hatte, hätte das Landgericht diesen Streitpunkt notwendigerweise aufklären müssen.
Diese Aufklärung war auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Klägerin gemäß § 539 BGB ihrer Gewährleistungsansprüche, damit auch ihres Kündigungsrechts gemäß §§ 542, 543, 539 BGB verlustig gegangen wäre. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, der Klägerin sei der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit verborgen geblieben (§ 539 S. 2 BGB), kann dem allerdings nicht gefolgt werden. Denn der Mieter handelt grob fahrlässig nur dann, wenn er die erforderliche Sorgfalt bei Vertragsschluß in einem ungewöhnlich hohen Maß verletzt und dasjenige unbeachtet läßt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH DB 1962, 64). Da den Mieter grundsätzlich keine Prüfungspflicht trifft, braucht er sich nicht nach Mängeln zu erkundigen. Vielmehr gehört zu einer grob fahrlässigen Unkenntnis im Sinne des § 539 BGB, daß die Umstände, die auf bestimmte baurechtliche Hindernisse hindeuten, den Verdacht eines dadurch begründeten Mangels besonders nahelegen und daß der Mieter dennoch ihm ohne weiteres zumutbare Nachforschungen unterlassen hat (BGH NJW 1980, 777, 778). Diese Voraussetzungen liegen jedoch ersichtlich nicht vor. Selbst wenn die Klägerin Zweifel gehabt haben sollte, ob die beantragte Nutzungsänderung erteilt werden würde, begründet dies nach dem Vorhergesagten nicht den Vorwurf grober Fahrlässigkeit. Denn Zweifel allein genügen nicht (BGH a.a.O.). Die Klägerin hat ihre Ansprüche auch nicht gemäß § 539 S. 1 BGB analog verwirkt. Denn eine analoge Anwendung des § 539 BGB wegen Fortzahlung des Mietzinses ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Mieter durch sein Verhalten zu erkennen ...