Leitsatz (amtlich)
1. Ein typischer Geschehensablauf (i.S.d. Anscheinsbeweises) kann darin liegen, dass bei einer Kondensatbildung an der Innenseite von (hochwertigen, als solchen thermisch getrennten) Fensterelementen die allgemeine Lebenserfahrung dafür spricht, dass Ursache dafür typischerweise Einbaufehler des Werkunternehmers sind.
2. Ein solcher typischer Geschehensablauf (Anschein) ist auch dann gegeben, wenn nach sachverständigen Feststellungen (mit Bauteilöffnungen) an jeweils typischen Fenstern bei dem Einbau von jeweils gleichartigen Fenstern unter jeweils gleichartigen Einbaubedingungen erhebliche Regelwidrigkeiten bei der Ausbildung bzw. Dämmung der umlaufenden Anschlussfugen zum Baukörper (Klinkerfassade) bzw. der unteren Anschlussfugen zum Baukörper (WDVS-Fassade) festzustellen sind, so dass nach der Lebenserfahrung darauf geschlossen werden kann, dass diese Regelwidrigkeiten auch an den anderen vom Werkunternehmer zeitgleich eingebauten Fensterelementen "systematisch" vorhanden sind.
3. Dies gilt erst recht, wenn die vom Werkunternehmer selbst geschuldete, von ihm auch tatsächlich erstellte und dann der Ausführung seiner Werkleistungen zugrunde gelegte Ausführung-/Montageplanung als solche exakt die vom Sachverständigen festgestellte regelwidrige und damit mangelhafte Einbauweise vorgesehen hat.
4. Bei den anerkannten technischen Regeln widersprechenden Werkleistungen zum Einbau von hochwertigen (thermisch-getrennten) Fensterelementen reichen Vermutungen des Werkunternehmers nicht aus, die Kondensatbildung an der Innenseite der Fensterelemente könne auch möglichweise auf irgendwelchen sonstigen (auftraggeberseitigen) Einflüssen beruhen, die jedes (d.h. auch ordnungsgemäß eingebaute) Fenster in gleicher Weise innen "schwitzen" lassen würden.
5. Die Freigabe bzw. Freizeichnung einer vom Werkunternehmer vertraglich geschuldeten Werkstatt- und Montageplanung durch den Architekten des Bauherrn stellt sich nicht als eigene Planungsleistung des Architekten dar, sondern als eine Architektenleistung im Rahmen der Bauüberwachung/-betreuung, die der gewährleistungspflichtige Werkunternehmer dem Bauherrn grundsätzlich nicht als Mitverschulden i.S.v. §§ 254, 278 BGB entgegenhalten kann.
6. Ein primär leistungspflichtiger Werkunternehmer kann sich (im Rahmen seiner primären werkvertraglichen Pflicht zur Vorlage einer Werkstatt- und Montageplanung) zudem jedenfalls nicht mit Erfolg auf ein Mitverschulden des Architekten (§ 254 BGB) dahingehend stützen, der Architekt habe seinen (sekundären) Kontrollpflichten bei der Freigabe/Freizeichnung der von ihm primär geschuldeten Detail-/Anbindungs-/Anschlussplanung zur Montage der Aluminiumelement nicht genügt. Insoweit greift der Grundsatz ein, dass sich im Rahmen von § 254 BGB (bzw. § 426 BGB) der (Gesamt-)Schuldner, der seinerseits eine eigenständige primäre Vertragspflicht verletzt hat, nicht mit Erfolg darauf berufen kann, in der Erfüllung eben dieser Pflicht durch einen anderen etwaigen mitverantwortlichen (Gesamt-)Schuldner nicht genügend überwacht worden zu sein.
Verfahrensgang
LG Krefeld (Aktenzeichen 2 O 47/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 15.05.2019 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt mit Ausnahme der Kosten ihrer Streithelferin, die diese selbst zu tragen hat.
Dieses Urteil und das erstinstanzliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Kläger machen aus einem VOB-Vertrag vom 04.06.2009 (Anlage JK1) über Metallbauarbeiten (insbesondere Einbau sämtlicher Fenster und Fensterbänke) an ihrem im Jahre 2009 (unter Planung/Bauleitung seitens der Streithelferin errichteten) Einfamilienhaus "H..., W...." wegen Mängeln der von der Beklagten (nicht der Streithelferin, vgl. Tatbestandsberichtigung 600 GA) geschuldeten Planung und Ausführung des Einbaus der Fenster bzw. Fensterbänke (mit der Folge von Wasserbildung an den Fensterdichtungen, auf den Fensterscheiben und auf den Aluminiumblend- und -flügelrahmen der Fenster bei kaltem Wetter) Schadensersatz in Bezug auf die Kosten des Privatsachverständigen R. in Höhe von 3.519,01 EUR (Anlagen JK 9/10) sowie einen Mängelbeseitigungskostenvorschuss zunächst in der vom Privatsachverständigen R. bezifferten Höhe von 18.084,43 EUR (vgl. 1 GA) und nach Klageerhöhung (332 ff. GA) zuletzt in der vom gerichtlich beauftragten Sachverständigen M. veranschlagten Höhe von (brutto) 34.251,90 EUR (somit insgesamt 38.040,91 EUR) nebst zeitlich gestaffelten Verzugs- bzw. Prozesszinsen sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.253,78 EUR g...