Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Haftung für fremde Forenseinträge
Leitsatz (amtlich)
Für fremde, rechtswidrige Forenseinträge hafte ein nichtprofessioneller Betreiber erst ab Kenntnis. Ihn treffen grundsätzlich keine Überwachungspflichten.
Normenkette
BGB §§ 823, 1004; StGB § 185
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 25.01.2006; Aktenzeichen 12 O 546/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das Urteil des LG Düsseldorf vom 25.1.2006, Az. 12 O 546/05, abgeändert und die einstweilige Verfügung des LG Düsseldorf vom 20.10.2005 aufgehoben sowie der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Verfügungskläger.
Gründe
I. Der Verfügungskläger begehrt von dem Verfügungsbeklagten Unterlassung von Äußerungen, die anonyme Dritte auf einem Thread des von dem Verfügungsbeklagten betriebenen Internetforums getätigt haben. Dort ist der Verfügungsbeklagte als "Pornokönig" und "Pleitier" bezeichnet, als "dumm, dümmer geht's wirklich nicht" charakterisiert und die Ansicht vertreten worden, der von dem Verfügungskläger betriebene Verein müsse beweisen, dass der Verfügungskläger keine Pornofilme gedreht habe.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat mit Beschluss vom 20.10.2005 die begehrte einstweilige Verfügung erlassen und sie nach Widerspruch des Verfügungsbeklagten mit dem angefochtenen Urteil bestätigt. Zur Begründung hat es ausgeführt: dem Verfügungskläger stehe ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 1004 analog, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 StGB gegen den Verfügungsbeklagten zu. Denn die streitgegenständlichen Äußerungen verletzten den Verfügungskläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und in seiner Ehre. Der Verfügungskläger sei von den Äußerungen persönlich betroffen, da eingangs des Threads erklärt werde, dass unter X. der Verein P. zu verstehen sei, dessen Gründungsmitglieder mit dem Vornamen K. und X. benannt würden und im Zusammenhang mit dem Verweis auf die Internetseite des Vereins klar würde, dass der Verfügungskläger sich hinter K. verberge.
Die Bezeichnung als Pornokönig wirke beleidigend, da der Verfügungskläger hierdurch mit dem von weiten Bevölkerungskreisen als zwielichtig und schmuddelig angesehenen Pornogewerbe in Verbindung gebracht und behauptet werde, er sei in diesem Gewerbe in größerem Umfang beschäftigt. Auch die Bezeichnung als Pleitier sei beleidigend, da hierunter jemand verstanden werde, der Firmen zum Nachteil der Gläubiger pleite gehen lasse oder diese sogar pleite gehen lasse, um sich persönlich zu bereichern. Die Äußerung, der Verfügungskläger sei dumm, dümmer geht's wirklich nicht, wirke ebenfalls herabsetzend und beleidigend, da dem Verfügungskläger abgesprochen werde, ein normal intelligenter Mensch zu sein, die Steigerungsform solle den Eindruck erwecken, er sei in seinen geistigen Fähigkeiten stark beschränkt.
Auch die Äußerung "die kipa muss beweisen, dass K. kein Pornofilme gedreht hat" wirke herabsetzend. Sie sei nicht als Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG zulässig, da die unzutreffende Rechtsauffassung zugleich die Behauptung enthalte, dass der Verfügungskläger Pornofilme gedreht habe.
Der Verfügungsbeklagte hafte als Störer gem. §§ 823, 1004 BGB analog auf Unterlassung. Denn er sei als Host-Provider Teledienstbetreiber gem. § 3 S. 1 Nr. 1 TDG, da er mehrere Foren unter der Internet-domain "XY.de" betreibe. Er habe nicht substantiiert dargelegt, das er seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Löschung nach Kenntnisnahme nachgekommen sei.
Die Haftungsprivilegierung nach § 11 TDG komme dem Verfügungsbeklagten gem. § 8 Abs. 2 TDG nicht zugute.
Zur Unterlassung verpflichteter Störer sei, wer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsguts beitrage, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein. Um die Störerhaftung nicht über Gebühr auszudehnen, setze die Störerhaftung die Verletzung von Prüfungspflichten voraus, deren Umfang sich danach bestimme, ob und inwieweit dem Störer eine Prüfung zumutbar sei. Da es vorliegend zu mehreren beleidigenden Postings gekommen sei, sei der Verfügungsbeklagte verpflichtet gewesen, dass Forum "X." zu überwachen und beleidigende Inhalte unverzüglich nach Kenntnisnahme zu löschen. Seine Verpflichtung zur Überwachung folge daraus, dass technisch das Erscheinen der beleidigenden Postings nicht habe verhindert werden können. Insbesondere habe die Sperrung der IP-Nummern nicht ausgereicht, da von einem anderen Computer bzw. unter Verwendung eines Anonymisiererprogramms erneut beleidigende Inhalte hätten gepostet werden können. Da das Forum auch unregistrierten Nutzern zur Verfügung gestanden habe, sei eine Sperrung der Pseudonyme keinesfalls ausreichend gewesen.
Der Verfügungsbeklagte habe nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass er die beleidigende Postings unverzüglich gelöscht habe. Da der Verfügungskläger behauptet habe, die Äußerungen ...