Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehescheidungsverfahren: Antragstellung vor Ablauf des Trennungsjahres. Kosten des Berufungsverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
1. Voraussetzung für einen Versöhnungsversuch i.S.d. § 1567 Abs. 2 BGB ist, dass die Parteien einvernehmlich von der erfolgten Trennung Abstand genommen haben und dies durch die Wiederaufnahme einer zumindest eingeschränkten häuslichen Gemeinschaft manifestieren.
2. Dem Berufungskläger sind analog § 97 Abs. 2 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens auch dann aufzuerlegen, wenn er den Scheidungsantrag verfrüht gestellt hat und die Berufung gegen die Abweisung des Scheidungsantrages nur deswegen Erfolg hat, weil erst während des Berufungsverfahrens das Trennungsjahr verstrichen ist.
Normenkette
BGB § 1565 Abs. 1, § 1567 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Kleve (Urteil vom 23.06.2009; Aktenzeichen 4 F 80/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragstellers wird das Urteil des AG - Familiengericht - Kleve vom 23.6.2009 - 4 F 80/09 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Antragsteller.
Streitwert: 12.950 EUR.
Gründe
Die zulässige Berufung des Antragstellers, mit der er hilfsweise Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das AG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begehrt, hat Erfolg.
Die Ehe der Parteien kann nach § 1565 Abs. 1 BGB geschieden werden. Die Ehe ist als gescheitert anzusehen, weil jedenfalls der Antragsteller die Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft ernsthaft und endgültig ablehnt. § 1565 Abs. 2 BGB steht dem Ausspruch der Ehescheidung nicht entgegen, weil das Trennungsjahr im August 2009 abgelaufen ist.
Das AG hat allerdings zu Recht angenommen, dass die Parteien zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in erster Instanz noch kein Jahr lang i.S.d. § 1567 Abs. 1 S. 1 BGB getrennt gelebt haben. Die Parteien haben unstreitig bis August 2008 gemeinsam in ihrem Haus gewohnt. Die Antragsgegnerin hat außerdem unwidersprochen dargelegt, dass die Parteien noch im April 2008 gemeinsam einen Wohnwagen angeschafft und diese Anschaffung auch gemeinsam finanziert haben. Wiederum unstreitig haben die Parteien im April und Mai 2008 gemeinsame Urlaube verbracht. Dazu hat der Antragsteller im Rahmen der Anhörung nach § 613 ZPO im Termin vor dem AG am 9.6.2009 erklärt, die Antragsgegnerin habe bei dem Kurzurlaub im Mai 2008 nach einem Streit damit gedroht, ihn zu verlassen. Der Antragsteller geht also offenbar selbst davon aus, dass die Parteien zu diesem Zeitpunkt nicht getrennt gelebt haben. Die Parteien sind darüber hinaus nach dem Ergebnis der Anhörung im Juli 2008 erneut für die Dauer von drei Wochen gemeinsam in Urlaub gefahren. Von einer Trennung im März 2008 kann danach keine Rede sein.
Das Trennungsjahr ist jedoch mittlerweile abgelaufen, weil sich die Parteien jedenfalls im August 2008 endgültig getrennt haben. Zu diesem Zeitpunkt ist der Antragsteller unstreitig aus dem gemeinsamen Haus der Parteien ausgezogen. Gleichzeitig haben die Parteien zu diesem Zeitpunkt die wirtschaftliche Trennung vollzogen und getrennte Konten eingerichtet. Danach ist von einer vollständigen Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft im August 2008 auszugehen.
Die Trennungsfrist ist nicht dadurch unterbrochen worden, dass es nach August 2008 bis Dezember 2008 noch vereinzelt zu intimen Kontakten der Parteien gekommen ist. Voraussetzung für einen Versöhnungsversuch i.S.d. § 1587 Abs. 2 BGB ist, dass die Ehepartner einvernehmlich von der erfolgten Trennung Abstand genommen haben und das durch die Wiederaufnahme einer zumindest eingeschränkten häuslichen Gemeinschaft manifestieren (Palandt/Brudermüller, 67. Aufl., § 1567 BGB Rz. 7). Fehlen diese Voraussetzungen, reicht selbst regelmäßiger Geschlechtsverkehr für die Annahme eines Versöhnungsversuchs nicht aus (OLG Celle FamRZ 1996, 804; OLG Köln FamRZ 2002, 239). Dass die Parteien nach der räumlichen und wirtschaftlichen Trennung im August 2008 über bloße sexuelle Kontakte hinaus in irgendeiner Form wieder eine eheliche Lebensgemeinschaft aufgenommen haben, ist nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass der Antragsteller mit Schriftsatz vom 14.8.2009 unwidersprochen dargelegt hat, dass er "seit fast einem Jahr in einer neuen Beziehung" lebt. Vor dem Hintergrund dieser neuen Beziehung des Antragstellers ist davon aus-zugehen, dass jedenfalls der Antragsteller bei den intimen Kontakten der Parteien nach August 2008 nicht mehr das Ziel vor Augen hatte, die eheliche Lebensgemeinschaft mit der Antragsgegnerin wieder aufzunehmen.
Eine Entscheidung des Senats in der Sache kommt nicht in Betracht. Der Senat kann nicht selbst auf Scheidung der Ehe erkennen, sondern muss die Sache wegen des als Folgesache anhängigen Versorgungsausgleichsverfahrens nach § 629b Abs. 1 ZPO an das AG zurückverweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO. Danach sind die Kosten des Rechtsmittelverfahrens d...