Leitsatz (amtlich)
1. Die Formularklausel in einem gewerblichen Mietvertrag, "Eine Minderung nur dann zulässig, wenn die Minderung von Vermieterseite aus anerkannt, mithin unstreitig, oder dem Grunde und der Höhe nach rechtskräftig festgestellt ist", hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 BGB stand. Sie ist dahin auszulegen, dass nicht das Minderungsrecht schlechthin, sondern nur dessen Verwirklichung durch Abzug vom geschuldeten Mietzins ausgeschlossen ist. Die Klausel wirkt über eine Vertragsbeendigung und Rückgabe der Mietsache hinaus fort.
2. Die Formularklausel in einem gewerblichen Mietvertrag, "Eine Aufrechnung ist lediglich mit unstreitigen oder rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen zulässig", enthält keine unangemessene Benachteiligung des gewerblichen Mieters i.S.v. § 307 BGB. Das Aufrechnungsverbot gilt auch nach Vertragsende und Rückgabe der Mieträume.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 2, §§ 389, 536; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 19.10.2005; Aktenzeichen 7 O 159/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19.10.2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des LG Düsseldorf unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.726,85 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.820,75 EUR für die Zeit vom 6.7.2004 bis zum 30.9.2005, aus weiteren 3.820,75 EUR für die Zeit vom 6.8.2004 bis zum 30.9.2005, aus weiteren 3.820,75 EUR für die Zeit vom 7.9.2004 bis zum 30.9.2005 und aus jeweils weiteren 3.820,75 EUR ab dem 6.10.2004, 4.11.2004, 4.12.2004 und 6.1.2005 sowie aus 9.443,85 EUR ab dem 1.10.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 92 % und die Klägerin 8 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus abgetretenem Recht ihrer Rechtsvorgängerin - der D.-GmbH - aufgrund Mietvertrages vom 22./28.1.1999 mit der A.-GmbH, welchen die Beklagte mit Vereinbarung vom 10.7.2001 (Anl. K 1, Bl. 6 f. GA, und Bl. 46 f. GA) übernommen hat, rückständige Miete nebst Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate Juli 2004 bis einschl. Januar 2005 i.H.v. 26.745,25 EUR nebst Zinsen. Die Beklagte macht demgegenüber geltend, der Mietzins sei wegen einer Abweichung der tatsächlichen Mietfläche von der vereinbarten um 24 % gemindert. Im Übrigen rechnet sie mit bereicherungsrechtlichen Ansprüchen wegen überzahlter Miete für den Zeitraum bis einschl. Juni 2004 i.H.v. 27.300,78 EUR auf (Bl. 38, 86 GA).
Mit seinem der Beklagten am 24.10.2005 (Bl. 121 GA) zugestellten Urt. v. 19.10.2005 (Bl. 100 f. GA), auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das LG der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Mietzins weder gemindert sei noch der Beklagten aufrechenbare bereicherungsrechtliche Ansprüche zukämen. Die Beklagte könne keine Anpassung des Mietzinses nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage aufgrund eines gemeinschaftlichen Kalkulationsirrtums verlangen. Zum einen fehle es an einer Berechnung der Miete auf der Basis der Quadratmeterfläche. Zum anderen sei eine beachtliche Flächenabweichung zu Lasten der Beklagten nicht ersichtlich. Gegen die Wirksamkeit der unter § 1 Abs. 2 des Vertrages vom 22./28.1.1999 enthaltenen Klausel bestünden schon deshalb keine Bedenken, weil diese keiner Prüfung nach dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen unterfiele, nachdem die Beklagte keinen Sachvortrag dazu unterbreitet habe, dass es sich hierbei um eine allgemeine Geschäftsbedingung handele. Auch seien die Nebenflächen nach § 1 Abs. 1 des vorstehenden Vertrages in die Berechnung einzubeziehen, wie § 4 Abs. 1 des Vertrages bekräftige. Der Wortlaut der Bestimmung gehe auch etwaigen abweichenden Zeichnungen vor, die naturgemäß keine nur anteilig auf mehrere Mieter umzulegende Nebenflächen auswiesen. Entgegen der Auffassung der Beklagten seien die Nebenflächen zudem hinreichend bestimmt. Selbst wenn zugunsten der Beklagten Nebenflächen, welche nicht unmittelbar räumlich mit den in der 14. Etage gelegenen Räumlichkeiten verbunden seien, außer Betracht gelassen würden, ermittele sich lediglich eine rechtlich unbeachtliche Flächenabweichung von 3,22 %. Gegenansprüche der Beklagten seien daher nicht begründet. Überdies stünde solchen Forderungen § 10 Abs. 2 des Vertrages vom 22./28.1.1999 entgegen. Das darin bestimmte Aufrechnungsverbot begegne, wie ein Umkehrschluss aus § 309 Nr. 3 BGB ergebe, keinen Wirksamkeitsbedenken.
Hiergegen richtet sich die am 22.11.2005 eingelegte (Bl. 129 GA) und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis z...