Leitsatz (amtlich)
Wird ein nachfolgendes Fahrzeug durch einen Gegenstand beschäftigt, der entweder durch das vorausfahrende Fahrzeug aufgewirbelt oder von diesem herabgefallen ist, so hat der Halter des vorausfahrenden Fahrzeug gemäß § 7 Abs. 1 StVG für den Schaden einzustehen, da sich die Rechtsgutsverletzung in beiden Fällen bei dem Betrieb des vorausfahrenden Fahrzeugs ereignet hat.
Es ist in diesem Falle Sache des Halters darzulegen und zu beweisen, dass der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis i.S.d. § 17 Abs. 3 StVG verursacht worden ist.
Normenkette
StVG § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Kleve (Aktenzeichen 3 O 24/16) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 09. September 2016 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Kleve (3 O 24/16) unter (äußerst geringfügiger) Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 5.307,06 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Oktober 2015 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 297,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Mai 2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger zu 13 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 87 %. Die Kosten des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadenersatz infolge eines Unfalles, der sich am 18. September 2015 gegen 21:30 Uhr auf der Autobahn A... in Fahrtrichtung ... im Bereich der Auffahrt von der A... und der Abfahrt ... ereignete.
Der Beklagte zu 2) befuhr mit einem auf die Beklagte zu 1) zugelassenen und bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversicherten LKW, bestehend aus einer Zugmaschine der Marke Scania und einem Anhänger, einem sogenannten Haubenauflieger, am 18. September 2015 gegen 21:30 Uhr die Autobahn A ... in Fahrtrichtung ... im Bereich der Auffahrt von der A ... und der Abfahrt .... Er fuhr auf der rechten der drei Fahrspuren.
Der Zeuge ..., der Sohn der Klägerin, befuhr mit dem klägerischen BMW 335i in einer Kolonne mit drei Freunden den gleichen Autobahnabschnitt in derselben Fahrtrichtung auf dem mittleren der drei Fahrstreifen versetzt hinter dem LKW der Beklagten zu 1). Es war dunkel. Hinter dem klägerischen BMW fuhr der Zeuge ..., vor dem klägerischen BMW der Zeuge ... und vor diesem der Zeuge .... Letzter befand sich bereits auf der rechten Spur vor dem LKW.
Nachdem der Beklagte zu 2) von der Autobahn abgefahren war, stoppte der Zeuge ... den LKW und behauptete, der Beklagte zu 2) habe einen Gegenstand verloren, der den klägerischen BMW beschädigt und mit schwarzem Fett verschmiert habe. Herbeigerufene Polizeibeamte konnten auf der Autobahn keinen Gegenstand finden. In der Verkehrsunfallanzeige hielten sie fest, dass schwarze Schmierfettanhaftungen an dem LKW nicht erkennbar waren.
Die Klägerin beauftragte die Sachverständigengesellschaft ... mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. Ihr wurden dafür 662,83 EUR berechnet.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 06. Oktober 2015 machte die Klägerin unter Fristsetzung bis zum 20. Oktober 2015 gegenüber der Beklagten zu 3) folgende Schadenspositionen geltend:
Reparaturkosten (brutto) laut Gutachten |
5.056,58 EUR |
Sachverständigenkosten |
662,83 EUR |
Nutzungsausfallschaden (5 Tage zu je 74,00 EUR) |
370,00 EUR |
Auslagenpauschale |
25,00 EUR |
Summe |
6.114,41 EUR |
Die Klägerin hat behauptet, es habe sich ein Gegenstand - eine Fußmatte, ein Stück Gummi, vielleicht ein Textilstück oder eine Antirutschmatte - aus dem Bereich hinter dem Führerhaus vom Hänger des vom Beklagten zu 2) gefahrenen LKWs gelöst, sei weggeflogen und auf dem klägerischen BMW aufgeschlagen. Der Gegenstand sei vollkommen mit Fett verschmiert gewesen und habe den klägerischen BMW beschädigt. Der Gegenstand sei nicht von der Straße hochgeschleudert worden. Vielmehr sei dieser Gegenstand nicht richtig auf dem Lkw befestigt gewesen.
Sie hat beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 6.114,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Oktober 2015 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 337,07 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben eine Verursachung des Schadens durch den Lkw der Beklagten zu 1) bestritten und behauptet, es sei zu keinem Ladungsverlust oder dem Herunterfallen irgendeines Gegenstandes vom Lkw gekommen. Es habe sich allenfalls um einen von der Fahrbahn aufgewirbelten Gegenstand, etwa eine Dose mit schwarzem Schmierfett gehandelt. Sie sind der Ansicht gewesen, daher handele es sich für die Beklagten um ein unabwendbares Ereignis. Ferner haben...