Leitsatz (amtlich)

1. Ein Verzicht auf das Vermieterpfandrecht an den in Geschäftsräumen lagernden Gegenständen erstreckt sich nicht ohne Weiteres auf deren Zubehör.

2. Der Insolvenzverwalter schuldet dem Vermieter eine Nutzungsentschädigung, wenn er bei Mietvertragsende das Mietobjekt nicht räumt, sondern es als Lager für an Gegenständen des Schuldners interessierte Dritte benutzt.

 

Normenkette

BGB §§ 97, 559, 560 a.F. (= 562, 562a n.F.); InsO § 55 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Urteil vom 03.11.2005; Aktenzeichen 7 O 305/03)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 3.11.2005 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Wuppertal unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17.879,67 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 7.473,92 EUR ab dem 3.8.2001 und aus weiteren 10.405,75 EUR seit dem 21.11.2001 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten der ersten Instanz haben der Kläger 51 % und der Beklagte 49 % zu tragen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 10 % und der Beklagte 90 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 19.885,52 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt den Beklagten als Insolvenzverwalter der G. Metallveredelung GmbH in Anspruch.

Das LG hat die in erster Instanz auf Zahlung von 36.624,04 EUR gerichtete Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Unter Beschränkung seines Begehrens verlangt er lediglich noch die Zahlung nachfolgender Beträge:

  • 9.479,77 EUR: Hierzu macht er geltend, von dem Beklagten seien Gegenstände verwertet worden (insb. gelöstes Gold), die dem Vermieterpfandrecht unterlegen hätten. Durch das Vermieterpfandrecht sei seine Forderung gegen die Schuldnerin auf Zahlung von Mietzins einschl. Nebenkostenvorauszahlungen und Nutzungsentschädigung vom 1.8.2000 bis zum 30.11.2000 gesichert gewesen (4 Monate × 9.191,17 DM = 36.764,68 DM abzgl. 18.223,86 DM verwerteter Kaution = 18.540,82 DM = 9.479,77 EUR).
  • 10.405,75 EUR: Dieser Betrag stehe ihm als Entschädigung für die Nutzung der früher an die Schuldnerin vermieteten Betriebsräume durch den Beklagten zu und zwar für die Zeit vom 1.12.2000 (Eröffnung des Insolvenzverfahrens) bis zum 6.2.2001 (Rückgabe derg emieteten Fabrikations- und Büroräume). Den Wert der Nutzung beziffert er entsprechend der mit der Schuldnerin vereinbarten Zahlung mit monatlich 9.191,17 EUR.

Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 19.885,52 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.8.2001 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II. Die Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg und führt insoweit zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung:

I. Zeitraum 1.8.2000 bis 25.10.2000:

Der Kläger kann von dem Beklagten als Insolvenzverwalter Bereicherungsausgleich nach §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 818 Abs. 2 BGB, 55 Abs. 1 Nr. 1 und 3 InsO i.H.v. 3.871,07 EUR verlangen. Denn die Insolvenzmasse ist in dieser Höhe auf Kosten des Klägers bereichert, weil ein diesen Betrag übersteigender Gegenwert aus der Verwertung von Gegenständen, die dem Vermieterpfandrecht des Klägers unterlagen, ununterscheidbar in die Insolvenzmasse gelangt ist und der Kläger mit gesicherten Forderungen aus dem Mietverhältnis in der genannten Höhe ausgefallen ist.

1. Dem Vermieterpfandrecht des Klägers aus § 559 BGB a.F. unterlagen sämtliche eingebrachten Sachen der Insolvenzschuldnerin, soweit sie der Pfändung unterworfen waren, mit Ausnahme derjenigen Gegenstände, für die der Kläger ggü. der Sparkasse S. mit Erklärung vom 17.2.1998 auf sein Vermieterpfandrecht verzichtet hatte.

a) Danach umfasste das Vermieterpfandrecht zunächst das gelöste Gold in der Galvanikanlage. Denn das Gold und die chemischen Lösungsmittel waren nicht von der im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Freigabeerklärung des Klägers vom 17.2.1988 erfasst. In jener Erklärung sind die Gegenstände, auf die sich die Freigabe beziehen soll, in einem gesonderten Verzeichnis exakt und ins Einzelne gehend bezeichnet. Es werden nicht nur die Maschinen (Handgalvanik, Tampondruckmaschinen und Direktvergoldungsautomaten) genannt, sondern auch deren Einzelteile - wie etwa zugehörige Stahluntergestelle, Filterpumpen, Anoden, Gleichrichter und dgl. - aufgelistet. Diese Genauigkeit lässt erkennen, dass auch nur die dort aufgeführten Elemente der Maschinen gemeint waren. Das chemisch gelöste Gold ist nicht genannt und entsprechend von der Freigabe auch nicht erfasst.

aa) Die Auffassung des LG, bereits aus der Zubehöreigenschaft des Goldbades ergebe sich, dass dieses von dem Verzicht auf das Vermieterpfandrecht mitumfasst sei, ist...

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