Leitsatz (amtlich)
1. Zur Begründung eines Pachtzinsausfalls als Schaden i.S. von § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B reicht es aus, wenn der Auftraggeber einen vom Pächter bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Werkvertrags abgeschlossenen Pachtvertrag vorlegt und er den Pachtzinsausfall daraus nachvollziehbar darlegt.
2. Ist die Nichteinhaltung einer um den Behinderungszeitraum verlängerten Vertragsfrist aus vom Auftragnehmer zu vertretenden Gründen sicher und ein Festhalten am Vertrag für den Auftraggeber unzumutbar, ist dieser vor Ablauf der verlängerten Frist zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt.
3. Sind für den Beginn von einzelnen Leistungsstellen Zwischenfristen als verbindliche Vertragsfristen vereinbart, verzögert der Auftragnehmer den Beginn der Bauausführung i.S. von § 5 Nr. 1 VOB/B, wenn die Fristen aus von ihm zu vertretenden Gründen überschritten werden und rechtfertigt bei erfolgloser Nachfristsetzung gemäß § 5 Nr. 4, § 8 Nr. 3 VOB/B die Kündigung des ganzen Bauvertrags.
4. Vertragsfristen i.S. von § 5 Nr. 1 VOB/B sind verbindliche Fristen, die die Fälligkeit der Leistung begründen und deren Überschreitung als solche Folgen auslösen können. Sie müssen deshalb zwischen den Bauvertragsparteien eindeutig vereinbart werden.
5. Wenn von vornherein feststeht, dass der Auftragnehmer eine Vertragsfrist aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht einhalten wird, und die Vertragsverletzung von erheblichem Gewicht ist, kann der Auftraggeber ohne Nachfristsetzung und Kündigungsandrohung den Auftrag fristlos kündigen.
Normenkette
VOB/B § 5 Abs. 1 Sätze 1-2, § 5 Nrn. 1, 3-4, § 8 Nrn. 3, 3 Abs. 2; ZPO §§ 139, 301, 301 Abs. 1 S. 2, § 531 Abs. 2, 2 Nrn. 1-3, § 540 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Entscheidung vom 25.10.2007) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 25. Oktober 2007 verkündete Teil- und Grundurteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach wird auf ihre Kosten zurück gewiesen mit der Maßgabe, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden weiteren Schaden zu ersetzen, der sich künftig aus der erst im Jahr 2004 beginnenden Laufzeit des Pachtvertrages über das Parkhaus H./Hü. ergibt und über den im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Schaden hinausgeht.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Klägerin schloss mit der Firma E. H., die inzwischen mit der Beklagten verschmolzen ist , am 25.02.2003 einen Pauschalpreisvertrag über die schlüsselfertige Errichtung eines Parkhauses in Hamburg ( Bl. 33 ff. GA ). In den Vertrag wurden u.a. die VOB/B einbezogen. Unter Ziffer 10. des Vertrages wurde als Fertigstellungstermin der 31.10.2003 vereinbart ( Bl. 38 GA ). Zugleich verpflichtete sich die Beklagte im Fall einer schuldhaften Nichteinhaltung des Fertigstellungstermins zur Zahlung einer Vertragsstrafe. Unter dem 25.05.2003 änderten die Parteien in einer "Ergänzungsvereinbarung Nr. 1" mehrere Fristen ab und verschoben den Fertigstellungstermin auf den 30.11.2003 ( Bl. 65, 67 GA ). Mit Schreiben vom 30.06.2003 erklärte die Klägerin die Kündigung des Vertrages wegen Verzugs und aus wichtigem Grund gemäß § 8 Nr. 3 VOB/B ( Bl. 80 GA ).
Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren von der Beklagten Zahlung eines Betrages in Höhe von 19.429,92 € wegen Überzahlung der Leistung "Baugrubenaushub", Zahlung von 87.675,33 € wegen fehlender Entsorgung belasteten Bodenaushubs, Erstattung eines Zinsnachteils in Höhe von 26.660,00 € sowie Zahlung einer Erhöhung der Vergütung des Nachfolgeunternehmens in Höhe von 25.000,00 € verlangt. Darüber hinaus hat die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung eines Pachtzinsausfallschadens in Höhe von 366.300,00 € geltend gemacht und wegen weiterer kündigungsbedingter Schäden Feststellungsklage erhoben.
Sie hat behauptet, die Beklagte habe die als Vertragstermine vereinbarten Termine des Bauzeitenplans nicht beachtet. Für die Pfahlgründung im Juni 2003 habe die Beklagte statt 5 Wochen 6,2 Wochen benötigt. Mit den Leistungen Berliner Verbau und Verankerungen, Aushub/Grundleitungen und Sohle 1. Ebene habe die Beklagte im Juni noch nicht begonnen, obwohl im Bauzeitenplan als Beginn dafür der 26.05., 12.05. und 10.06.2003 festgelegt worden sei. Die nach der Ergänzungsvereinbarung bis zum 26.05.2003 vorzulegenden Planungen seien am 20.06.2003 immer noch nicht geliefert worden. Sie, die Klägerin, habe daher mit Schreiben vom 20.06. und 23.06.2003 zur Abhilfe bei der Pfahlgründung, Lieferung der Pläne und Vorlage eines Aufholplans bezüglich der versäumten Zeit aufgefordert. Aus dem von der Beklagten am 27.06.2003 vorgelegten neuen Terminplan habe sie in keiner Weise entnehmen können, wie die Termine eingehalten werden könnten, da jegliche Erläuterung gefehlt habe. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, es habe ein wic...