Leitsatz (amtlich)
1. Zur Begründung eines Pachtzinsausfalls als Schaden i.S. von § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B reicht es aus, wenn der Auftraggeber einen vom Pächter bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Werkvertrags abgeschlossenen Pachtvertrag vorlegt und er den Pachtzinsausfall daraus nachvollziehbar darlegt.
2. Ist die Nichteinhaltung einer um den Behinderungszeitraum verlängerten Vertragsfrist aus vom Auftragnehmer zu vertretenden Gründen sicher und ein Festhalten am Vertrag für den Auftraggeber unzumutbar, ist dieser vor Ablauf der verlängerten Frist zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt.
3. Sind für den Beginn von einzelnen Leistungsstellen Zwischenfristen als verbindliche Vertragsfristen vereinbart, verzögert der Auftragnehmer den Beginn der Bauausführung i.S. von § 5 Nr. 1 VOB/B, wenn die Fristen aus von ihm zu vertretenden Gründen überschritten werden und rechtfertigt bei erfolgloser Nachfristsetzung gemäß § 5 Nr. 4, § 8 Nr. 3 VOB/B die Kündigung des ganzen Bauvertrags.
4. Vertragsfristen i.S. von § 5 Nr. 1 VOB/B sind verbindliche Fristen, die die Fälligkeit der Leistung begründen und deren Überschreitung als solche Folgen auslösen können. Sie müssen deshalb zwischen den Bauvertragsparteien eindeutig vereinbart werden.
5. Wenn von vornherein feststeht, dass der Auftragnehmer eine Vertragsfrist aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht einhalten wird, und die Vertragsverletzung von erheblichem Gewicht ist, kann der Auftraggeber ohne Nachfristsetzung und Kündigungsandrohung den Auftrag fristlos kündigen.
Normenkette
VOB/B § 5 Abs. 1 Sätze 1-2, § 5 Nrn. 1, 3-4, § 8 Nrn. 3, 3 Abs. 2, 2 S. 1, § 13 Nr. 5 Abs. 2; ZPO § 264 Nr. 3, §§ 287, 520 Abs. 3, § 540 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Entscheidung vom 28.02.2008) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 28. Februar 2008 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach wird zurück gewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung eines Betrages in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Klägerin schloss mit der Firma E. H., die inzwischen mit der Beklagten verschmolzen ist, am 25.02.2003 einen Pauschalpreisvertrag über die schlüsselfertige Errichtung eines Parkhauses in H.. In den Vertrag wurden u.a. die VOB/B einbezogen. Unter Ziffer 10. des Vertrages wurde als Fertigstellungstermin der 31.10.2003 vereinbart. Zugleich verpflichtete sich die Beklagte im Fall einer schuldhaften Nichteinhaltung des Fertigstellungstermins zur Zahlung einer Vertragsstrafe. Unter dem 25.05.2003 änderten die Parteien in einer "Ergänzungsvereinbarung Nr. 1" mehrere Fristen ab und verschoben den Fertigstellungstermin auf den 30.11.2003 ( Bl. 59 ff. GA ). Mit Schreiben vom 30.06.2003 erklärte die Klägerin die Kündigung des Vertrages wegen Verzugs und aus wichtigem Grund gemäß § 8 Nr. 3 VOB/B (Bl. 74-80 GA).
Am 04.07.2003 führten die Parteien eine gemeinsame Abnahme durch. Sodann erstellte die Beklagte eine auf den 01.08.2003 datierte Schlussrechnung (Bl. 112-116 GA). Für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen stellte sie 1.527.305,99 € brutto in Rechnung; unter Berücksichtigung einer Abschlagsrechnung verblieb eine Forderung in Höhe von 1.041.322,99 €. Die Klägerin errechnete bei der Prüfung der Schlussrechnung eine Überzahlung in Höhe von 46.854,02 €. Sie forderte die Beklagte auf, diesen Betrag zurückzuzahlen und einen aufgrund der Überzahlung erhaltenen Sicherheitseinbehalt in Höhe von 18.604,80 € auf einem Sperrkonto zu hinterlegen.
Die Beklagte hat daraufhin eine geänderte Schlussrechnung vorgelegt, mit der sie Zahlung von 1.101.746,35 € verlangt hat; dabei hat sie für erbrachte Leistungen 993.235,74 € und für nicht erbrachte Leistungen 594.492,61 € brutto zugrunde gelegt.
Das Bauvorhaben wurde von der Firma P. aufgrund eines mit der Klägerin geschlossenen Werkvertrages vom 16.07.2003 nebst Ergänzungsvereinbarung vom 11.08.2003 im Februar 2004 fertig gestellt.
Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren von der Beklagten Zahlung verauslagter Kosten in Höhe von 10.572,94 € und einen Vorschuss wegen kündigungsbedingter Mehrkosten in Höhe von 850.494,15 € verlangt.
Sie hat behauptet, die Beklagte habe die als Vertragstermine vereinbarten Termine des Bauzeitenplans nicht beachtet. Für die Pfahlgründung im Juni 2003 hätte die Beklagte statt 5 Wochen 6,2 Wochen benötigt. Mit den Leistungen B. Verbau und Verankerungen, Aushub/Grundleitungen und Sohle 1. Ebene hätte die Beklagte im Juni noch nicht begonnen, obwohl im Bauzeitenplan als Beginn dafür der 26.05., 12.05. und 10.06.2003 festgelegt worden sei. Die nach der Ergänzungsvereinbarung bis zum 26.05.2003 vorzulegenden Planungen seien am 20.06.2003 immer noch nicht geliefert worden. Sie, die Klägerin, habe daher mit Schreibe...