Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen eines Deckungskaufs nach Art. 75 CISG.

 

Verfahrensgang

LG Mönchengladbach (Entscheidung vom 15.08.2008; Aktenzeichen 7 O 62/02)

 

Tenor

I.

Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist gewährt.

II.

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. August 2008 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mönchengladbach (7 O 62/02) wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15. August 2008 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mönchengladbach (7 O 62/02) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 69.860,84 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. August 2002 zu zahlen; im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten der 1. Instanz tragen die Klägerin zu 88% und die Beklagte zu 12%. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 62% und die Beklagte zu 38%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I.

Die Klägerin ist ein spanisches Agrarhandelsunternehmen, die Beklagte vertreibt Fruchtsäfte. Die Parteien waren durch insgesamt drei Verträge über die Lieferung von Orangensaft miteinander verbunden.

Am 05.11.2001 hatten die Parteien einen Vertrag über die Lieferung von 500.000 kg Orangensaft zum Preis von 0,82 DM/kg geschlossen, der von beiden Parteien ordnungsgemäß erfüllt wurde.

Einen zweiten Vertrag über die Lieferung von Orangen-Direktsaft nach Spezifikation der Beklagten schlossen die Parteien am 04.01.2002. Er bezog sich auf die Lieferung von 3.000.000 Liter Orangensaft im Zeitraum von Januar bis Mai 2002 zum Preis von 0,42 €/kg. Nach dem Vorbringen der Klägerin wurden hiervon 1.575.760 ltr geliefert; die letzte Lieferung erfolgte am 18.04.2002. Hierfür macht die Klägerin unter Anrechnung der von der Beklagten geleisteten Zahlungen einen restlichen Kaufpreis von 192.380,00 € geltend.

Schließlich schlossen die Parteien am 14.01.2002 einen dritten Vertrag über die Lieferung von 2.000.000 Liter Orangensaft im Zeitraum von Juni bis August 2002 zum Preis von 0,435 €/ltr. Aus diesem Vertrag, der nicht mehr zur Ausführung kam, hat die Klägerin Schadensersatzansprüche in Höhe von 620.863,20 € geltend gemacht und im - mit dem vorliegenden Rechtsstreit verbundenen - Verfahren 7 O 49/06 des Landgerichts Mönchengladbach eingeklagt.

Die Beklagte hat sich demgegenüber eines Schadensersatzanspruchs in Höhe von 388.123,00 € berühmt, mit dem sie gegen die Klageforderung aufgerechnet hat und den sie im Übrigen - in Höhe von 195.743,00 € - widerklagend geltend gemacht hat. Hierzu hat sie behauptet:

Die Lieferungen der Klägerin seien mangelhaft gewesen. Nach den vertraglichen Vereinbarungen habe die Klägerin "Direktsaft" liefern sollen, das sei jedoch nicht der Fall gewesen, wie sich aus überhöhten Nitratwerten und zu niedrigen "δ-18O-Werten" ergebe, die auf den Zusatz von Fremdwasser schließen ließen. Die Beklagte hat insoweit auf Untersuchungsbefunde verwiesen, die sich auf Lieferungen der Klägerin am 11.02., 05.03., 26.03., 2.04. und 04.04.2002 bezögen. Auch eine von der Klägerin selbst in Auftrag gegebene Untersuchung der Fa. E. vom 14.03.2002 (Anlage B 4) belege erhöhte Nitratwerte. Die Mängel seien der Klägerin erstmals mit E-Mail vom 04.03.2002 mitgeteilt worden (Anlagen B 5-7). In einer Besprechung mit Vertretern der Klägerin am 25.04.2002 habe der Geschäftsführer der Beklagten erklärt, dass die Beklagte für die Zukunft Abstand vom Vertrag nehme. Für die erforderlichen Deckungskäufe habe sie 220.443,00 € aufwenden müssen. Hilfsweise hat sich die Beklagte auf eine mit Schriftsatz vom 31.01.2003 abgegebene Rücktrittserklärung berufen.

Ferner hat die Beklagte behauptet, die gelieferte Saftmenge habe mit durchschnittlich 63 g/kg statt vertraglich vereinbarter 80 g/kg zu wenig Fruchtfleisch enthalten; hieraus hat sie einen Schaden in Höhe von 19.712,00 € errechnet. Zudem habe die Klägerin statt der 1.450.000 ltr, die bei der Berechnung des durch die Deckungskäufe entstandenen Schadens in Höhe von 189.925,00 € angesetzt worden seien, lediglich 1.371.913 ltr geliefert; für die Ersatzbeschaffung seien daher weitere 7.865,00 € anzusetzen. Da die Lieferungen der Klägerin seit März 2002 nur noch zu Konzentratsaft hätten verarbeitet werden können, sei ihr ein Schaden in Höhe von 137.649,00 € entstanden. Einschließlich der entstandenen Sachverständigenkosten in Höhe von 2.455,00 € errechne sich der Schadensbetrag von 388.123,00 €.

Mit Schriftsatz vom 14.08.2008 - nach Schluss der mündlichen Ver...

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