Leitsatz (amtlich)
1. Mit Umschreibung des Grundbuchs stehen dem neuen Eigentümer Nutzungsentschädigungsansprüche aus dem beendeten Mietverhältnis nur zu, wenn der Voreigentümer selbst Vermieter war.
2. Der nicht weichende Mieter haftet aber nach Eigentumsübergang dem Neueigentümer nach Bereicherungsrecht, im Falle der Kenntnis von der fehlenden Nutzungsberechtigung auch verschärft aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis.
3. Zur Schätzung einer Nutzungsentschädigung, wenn Verwendungsersatzansprüche und ein Wegnahmerecht des Mieters vertraglich ausgeschlossen sind.
Normenkette
BGB §§ 535, 539 Abs. 2, § 547 a.F., §§ 546a, 566, 571 a.F., § 812; ZPO § 287
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 06.11.2003; Aktenzeichen 7 O 419/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 6.11.2003 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Wuppertal teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger wird unter Abweisung der weitergehenden Widerklage verurteilt, an die Beklagte 37.223,44 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.5.2003 zu zahlen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger die Gerichtskosten und die der Beklagten erwachsenen außergerichtlichen Auslagen zu 80 % sowie die dem Nebenintervenienten erwachsenen außergerichtlichen Auslagen ganz, die Beklagte die Gerichtskosten und die dem Kläger erwachsenen außergerichtlichen Auslagen zu 20 %; Die Kosten des zweiten Rechtszuges werden dem Kläger zu 70 %, der Beklagten zu 30 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die jeweils gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrags abzuwenden, es sei denn, die jeweilige Gegenseite leistet vorher Sicherheit in gleicher Höhe.
Gründe
A. Die Beklagte ist seit dem 15.9.2000 im Grundbuch eingetragene Eigentümerin des bebauten Grundstücks M.-Str. 89 in S. Früherer Eigentümer war W. N. (nachfolgend auch Alteigentümer genannt). Das aufstehende Gebäude ist zweigeschossig nebst Keller- und Dachgeschoss und besteht aus Haupt- und Nebengebäude. Es war damals als Lagerhaus ausgebaut. Ferner sind eine Lagerhalle und eine Freifläche (Innenhof) vorhanden (nachfolgend Grundbesitz genannt). Auf der Grundlage einer nicht näher bezeichneten Vereinbarung überließ der Alteigentümer den Grundbesitz der A. N. GmbH & Co. KG (nachfolgend N-KG) zur Nutzung.
Erstmals im Jahre 1989 und befristet bis zum 30.11.1994 vermietete die N-KG den Grundbesitz an den Kläger zum "Betrieb eines Großhandels für Import, Export und Lagerung, Festhalle und eventuell Wohnräume" (nachfolgend Erstvertrag genannt). In der Folgezeit betrieb der Kläger den Großhandel auf dem Grundbesitz. Ausgenommen waren davon das Ober- und Dachgeschoss des ganzen Gebäudes. Die dortigen Flächen wandelte er in Wohnraum um. Eine Wohnung im Obergeschoss (Hauptgebäude) nutzte er selbst, die übrigen Wohnungen vermietete er an Dritte.
Nach Ablauf der Mietzeit des Erstvertrages vermietete die N-KG mit Vertrag vom 18.7.1995 den Grundbesitz erneut an den Kläger zum "Betrieb eines Import-Export-Großhandels". In einer gesondert unterzeichneten Anlage zum Mietvertrag wurde unter § 24 das Folgende vereinbart:
"Die Parteien sind darüber einig, dass die Bestimmung des § 547 BGB abbedungen ist, der Mieter demgemäss keinerlei Verwendungsersatzansprüche für Verwendungen hat, die er auf die Mietsache macht."
Mitvermietet wurde die äußere Giebelwand als Werbefläche für 125 DM (zzgl. MWSt). Den Grundbesitz erwarb die Beklagte vom Rechtsnachfolger des Alteigentümers, T. N. (nachfolgend Voreigentümer genannt), durch notariellen Vertrag vom 22.11.1999. Das befristet abgeschlossene Mietverhältnis endete mit Ablauf des 30.11.1999.
Der Kläger verweigerte der N-KG zunächst die Räumung und Herausgabe der Mietsache. Am 3.1.2000 erfolgte jedoch eine erste Teilräumung. Die Lagerhalle, das Dachgeschoss und die Wohnung im Obergeschoss (Nebengebäude) gab der Kläger an die Beklagte heraus. Ende 2000/Anfang 2001 brachen die Parteien Verhandlungen über eine Erneuerung des Vertragsverhältnisses wegen der bisher nicht herausgegebenen Teile der Mietsache (Keller- und Erdgeschoss/Haupt- und Nebengebäude sowie Obergeschoss/Hauptgebäude) ab. Zu deren Herausgabe war der Kläger unter Hinweis auf getätigte Investitionen in die von ihm selbst genutzte Wohnung nur gegen Zahlung von Verwendungsersatz bereit. Hilfsweise verlangte er von der Beklagten, die Wegnahme der Einrichtungen zu dulden. Auf der Grundlage der am 27.3.2001 erhobenen Klage (7 O 83/01 LG Wuppertal = OLG Düsseldorf v. 16.4.2002 - 24 U 199/01, OLGReport Düsseldorf 2002, 359) wurde der Kläger rechtskräftig verurteilt, Keller- und Erdgeschossräume (Haupt- und Nebengebäude) zu räumen und an die Beklagte herauszugeben. Den Anspruch erfüllte er am 30.4.2002. Auf die weitere, ihm am 24.11.2001 zugestellte Klage (7 O 499/01 LG Wuppertal) ...