Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsunfähigkeitsvoraussetzungen bei einem Vorstandsmitglied einer AG
Leitsatz (amtlich)
Ein Versicherungsnehmer, der zunächst geschäftsführendes Vorstandsmitglied einer von einer Landesregierung initiierten Aktiengesellschaft für Beratungen und Qualifizierungsmaßnahmen „rund um Multimedia” war und danach aufgrund eines Beratungsvertrages mit der Landesregierung ähnliche Tätigkeiten entfaltete, ist als berufsunfähig anzusehen, ohne dass es einer näheren Klärung seines Tätigkeitsfeldes und daran etwa anknüpfender Verweisungsmöglichkeiten bedarf, wenn er aufgrund von Hirninfarkten und einer Belastungsinsuffizienz des Herzens jedweder Managertätigkeit schon ganz allgemein nicht mehr gewachsen ist.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 09.08.2002; Aktenzeichen 11 O 342/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 9.8.2002 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf – Einzelrichter – wird zurückgewiesen.
Der Urteilstenor wird zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
1. aus der Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Vers.-Nr. …) beginnend ab dem 1.10.1998 bis längstens zum 31.8.2018 eine jährliche Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. 4.908,40 Euro (= 9.600 DM) in jeweils vierteljährlich im Voraus zu entrichtenden Teilbeträgen von 1.227,10 Euro (= 2.400 DM),
2. aus der Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Vers.-Nr. …) beginnend ab dem 1.10.1998 bis längstens zum 31.7.2017 eine jährliche Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. 6.135,50 Euro (= 12.000 DM) in jeweils vierteljährlich im Voraus zu entrichtenden Teilbeträgen von 1.533,88 Euro (= 3.000 DM) und
3. aus der Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Vers.-Nr. …) beginnend ab dem 1.10.1998 bis längstens zum 1.12.2018 eine jährliche Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. 9.355,11 Euro (= 18.297 DM) in jeweils vierteljährlich im Voraus zu entrichtenden Teilbeträgen von 2.338,78 Euro (= 4.574,25 DM)
zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Berufsunfähigkeitsrenten zzgl. der sich jeweils ergebenden Überschussbeteiligungen auszuzahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Urteilsbetrags abzuwenden, sofern nicht der Kläger seinerseits Sicherheit i.H.v. 120 % der jeweils von ihm zu vollstreckenden Summe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger unterhält bei der Beklagten mehrere Lebensversicherungen mit jeweils einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um Leistungen aus drei 1982 (GA 62 i), 1984 (GA 62 b) und 1986 (GA 62 f) abgeschlossenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen. In der Parallelsache 11 O 222/99 LG Düsseldorf = 4 U 199/02 OLG Düsseldorf (im Folgenden: BA) streiten die Parteien um Ansprüche aus einer weiteren Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung aus 1996.
Der Kläger hat behauptet, seit September 1998 (vgl. GA 4: „Entlassung aus dem Krankenhaus in E.”, das war der 9.9.1998, Hefter I Bl. 25 d. BA) wegen im Herbst 1997 sowie im Mai 1998 erlittener Hirninfarkte sowie wegen einer Herzerkrankung berufsunfähig (Versicherungsbedingungen = BUZ vgl. GA 23 ff.) zu sein. Er habe seine Berufstätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter der d. (= D. C. C.) GmbH seitdem dauerhaft nicht mehr wahrnehmen können. Gegenstand seiner beruflichen Tätigkeit in der d. GmbH – die als persönlich haftende Gesellschafterin der d. GmbH & Co. KG fungierte (vgl. GA 524) – sei die Unternehmensberatung in Fragen gewesen, welche neuen Medien sinnbringend nutzbar zu machen seien. Qualitatives Hauptmerkmal seien seine Fähigkeit und sein Bemühen gewesen, immer auf dem neuesten Stand der Entwicklung zu sein (vgl. Schreiben v. 18.12.1998, BA 159 ff., ferner „Beschreibung einer willkürlichen Arbeitswoche”, BA Bl. 354 ff.). Dem sei er nicht mehr gewachsen, weil u.a. sein Kurzzeit-Gedächtnis schwer geschädigt sei und er wegen der Herzerkrankung jegliche Belastungs- und Stress-Situation vermeiden müsse.
Das LG hat die Beklagte zur Zahlung von Berufsunfähigkeitsrenten i.H.v. jeweils jährlich 9.600 DM, 12.000 DM sowie 18.297 DM verurteilt und überdies festgestellt, dass die Beklagte auch zur Ausschüttung der Überschussanteile verpflichtet sei. Wegen der Einzelheiten, insbesondere wegen der vom LG getroffenen Tatsachenfeststellungen, wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung beanstandet die Beklagte, der Kläger habe seine Berufstätigkeit, wie er sie zuletzt verrichtet gehabt habe, nach wie vor nicht substanziiert. Es bleibe offen, womit sich der Kläger für die d… KG – außer der angeblichen und bestrittenen Beratertätigkeit für die Landesregierung N.-W. und jedenfalls nach dem Auslaufen dieser Beratertätigkeit (vgl. BA Bl. 463 ff....