Leitsatz (amtlich)

Der externe, im Medienbereich tätige Jugendschutzbeauftragte hat Beschwerden und Anfragen von Nutzern entgegenzunehmen und ggf. weiterzuleiten. Seine Tätigkeit bezieht sich dabei u.a. auf eine Information der Nutzer über technische Sicherungsmöglichkeiten und die Entgegennahme von Hinweisen auf jugendgefährdende Inhalte. Eine juristische Überprüfung des Rechtsverhältnisses zwischen Anbieter und Nutzer soll der Jugendschutzbeauftragte nicht vornehmen. Diese Tätigkeiten fallen jedoch nicht unter den Begriff der „Rechtsbesorgung” i.S.d. Rechtsberatungsgesetzes.

 

Normenkette

GJSM § 7a; MDStV § 12 Abs. 5; UWG § 25

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 12 O 334/02)

 

Tenor

Die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 18.9.2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Antragsteller.

 

Gründe

Der Antragsteller ist Rechtsanwalt und befasst sich vor allem mit Internet- und Multimediarecht. Er betätigt sich auch als Jugendschutzbeauftragter nach § 7a GJSM und § 12 Abs. 5 MDStV. Der Antragsgegner, Nichtanwalt, bietet gleichfalls eine Tätigkeit als Jugendschutzbeauftragter an, wobei es im Mustervertrag u.a. heißt: „Eine Rechtsberatung beinhaltet dieses Angebot nicht.”

Der Antragsteller beanstandet dies als die Ankündigung einer unzulässigen Rechtsberatung i.S.d. Rechtsberatungsgesetzes (RBerG). Das LG hat – unter Aufhebung einer Beschlussverfügung – den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil der Jugendschutzbeauftragte im Allgemeinen keine Rechtsberatung erbringe.

Die Berufung des Antragstellers hat keinen Erfolg.

I. Bedenken gegen die Dringlichkeit (§ 25 UWG) des verfolgten Anspruchs bestehen allerdings letztlich nicht.

Zwar hat der Antragsteller mit Schreiben vom 10.7.2002 (Bl. 46 GA) erklärt, er verzichte „bis zur Entscheidung über den Widerspruch vorläufig auf die Befolgung des im Beschluss verfügten Unterlassungsgebots”, weil ihm daran liege, „eine grundsätzliche Entscheidung herbeizuführen”. Dies könnte Zweifel daran erwecken, ob dem Antragsteller die Verfolgung des Anspruchs wirklich dringlich erschien, nachdem er in der Antragsschrift die Sache als „eilbedürftig” bezeichnet und dies näher erläutert hat (vgl. Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, Rz. 89). Da sich jedoch im Verfahren auf einstweilige Verfügung der Antragsteller von vornherein mit einer Entscheidung nach mündlicher Verhandlung (§ 937 Abs. 2 ZPO) einverstanden erklären kann, ohne dass dies der Dringlichkeit entgegensteht, reicht in diesem Fall der Verzicht auf eine Vollstreckung bis zu einem Urteil in erster Instanz zur Widerlegung der Vermutung des § 25 UWG nicht aus.

II. Jedoch steht dem Antragsteller ein Verfügungsanspruch nicht zu.

1. Unstreitig ist allerdings der Antragsteller unmittelbarer Wettbewerber des Antragsgegners, soweit es um die Tätigkeit als – externer – Jugendschutzbeauftragter i.S.d. § 7a des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (GJSM) und des § 12 Abs. 5 Mediendienst-Staatsvertrag (MDStV) bzw. voraussichtlich am 1.4.2003 des an ihre Stelle tretenden § 7 Abs. 3, 4 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV).

Der Antragsteller ist zwar möglicherweise Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Dies ist aber unerheblich. Der Antragsteller ist ersichtlich selbst als Jugendschutzbeauftragter tätig. Im Hinblick auf die Regelung des § 7 Abs. 4 des JMStV, der ersichtlich auf natürliche Personen zugeschnitten ist, ist die Bestellung einer juristischen Person oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Jugendschutzbeauftragter zudem fraglich (zum jetzigen Recht s. Altenhain in Hoeren/Sieber, Handbuch Multimediarecht, Kap. 20 Rz. 265).

2. In der Sache ist dem LG dahin beizutreten, dass der Antragsgegner keine Rechtsbesorgung i.S.d. Art. 1 § 1 RBerG angeboten hat.

a) Bei der Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung wird von der Rspr. (BVerfG v. 27.9.2002 – 1 BvR 2251/01, NJW 2002, 3531; BGH WRP 2002, 956 – Wir Schuldenmacher) auf den Kern und den Schwerpunkt der Tätigkeit abgestellt, weil eine Besorgung wirtschaftlicher Belange vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist. Daher ist maßgeblich, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher – oder sonstiger – Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht (teilweise weiter gehend allerdings noch BGH v. 18.5.1995 – III ZR 109/94, MDR 1995, 851 = NJW 1995, 3122 – Energieberatung, wonach auch die Wahrung rechtlicher Belange von nicht ganz unerheblichem Gewicht zur Anwendung des RBerG führt). Für die Einstufung als erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung kann in Anbetracht der Tatsache, dass nahezu alle Lebensbereiche rechtlich durchdrungen sind und kaum eine wirtschaftliche Betätigung ohne rechtliche Wirkung bleibt, nicht...

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