Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsberatung durch Verein, der Hilfe für Verfolgte, Vertriebene und Migranten bezweckt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Stellt ein Verein in einem Asylverfahren formelle schriftsätzliche Anträge für eines seiner Mitglieder und rechnet er diese Tätigkeit nach einer in der Vereinssatzung enthaltenen Gebührenordnung ab, handelt es sich um eine geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten i.S.d. Art. 1 § 1 RBerG.

2. Ein Verein, der satzungsmäßig "die Förderung der Hilfe für ... Verfolgte ..., Vertriebene ... und Migranten" bezweckt und dessen Mitglied jede natürliche Person werden kann, die den Vereinszielen zustimmt, ist keine berufsstandsähnliche Vereinigung nach Art. 1 § 7 RBerG.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 25.03.2004; Aktenzeichen 31 O 807/03)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 25.3.2004 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln - 31 O 807/03 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beklagte ist ein Verein, der ausweislich § 2 seiner Satzung "die Förderung der Hilfe für geschlechtsspezifisch, politisch, rassisch oder religiös Verfolgte, für Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler sowie Spätaussiedler und Migranten" bezweckt, wobei er es sich zur Aufgabe macht, u.a. die "Belange der Mitglieder ggü. Dritten, Behörden und Gerichten" wahrzunehmen. Vorstandsmitglied und zugleich Geschäftsführer des Beklagten ist Herr X.N. Herrn N. ist es durch rechtskräftiges Urteil des LG Aachen (LG Aachen, Urt. v. 2.12.2003 - 41 O 105/03) - untersagt worden, rechtsbesorgend und/oder rechtsberatend tätig zu werden.

Der Kläger, ein auch auf dem Gebiet des Ausländerrechts tätiger Rechtsanwalt aus L., sieht in den von Herrn N. mitunterzeichneten Schreiben des Beklagten vom 21.8. und 11.9.2003 an die Härtefallkommission beim Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, wie nachstehend wiedergegebenen, pp. einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz und nimmt den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch, nach Maßgabe dieser Schreiben rechtsbesorgend unter Zuhilfenahme des Herrn X.N. tätig zu werden. Mit der Berufung wendet der Beklagte sich gegen das Urteil des LG, mit welchem er antragsgemäß verurteilt worden ist. Der Kläger verteidigt das Urteil.

II. Die Berufung ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Zu Recht hat das LG den Beklagten wegen Verstoßes gegen § 1 UWG a.F., welcher auch im Berufungsverfahren infolge des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 30.6.2004 in der bis zum 8.7.2004 geltend Fassung anzuwenden ist, i.V.m. Art. 1 § 1 RBerG zur Unterlassung verurteilt.

1. Der Senat teilt zunächst die Einschätzung des LG, dass sich die Beschränkung des begehrten Verbots auf eine Tätigkeit des Beklagten "unter Zuhilfenahme des Herrn X.N." auf die Begründetheit des Unterlassungsbegehrens nicht auswirkt. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es allein darauf an, ob sich die beanstandete Tätigkeit des Beklagten als unerlaubte Rechtsbesorgung darstellt. Es ist sodann aber unerheblich, dass der im Streitfall beanstandete Schriftverkehr von Herrn N. mitunterzeichnet worden ist, da er insoweit unzweifelhaft nicht selbständig als Privatmann gehandelt hat, sondern in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied bzw. Geschäftsführer für und namens des Beklagten.

2. In einem Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG liegt zugleich ein nach § 1 UWG a.F. wettbewerbswidriges Verhalten (BGH v. 13.3.2003 - I ZR 143/00, BGHReport 2003, 1086 = NJW 2003, 3046 [3049] = WRP 2003, 1103 [1107] - Erbenermittler). Die Tätigkeit des Beklagten in den konkreten Verletzungsformen stellt eine in diesem Sinne unerlaubte Rechtsbesorgung dar, weshalb sie als wettbewerblich unlauter zu unterlassen ist.

a) Der Beklagte handelt geschäftsmäßig i.S.d. Vorschrift, indem er einer selbständigen, mit Wiederholungsabsicht erfolgenden Tätigkeit nachgeht, die nicht nur aus besonderen Gründen als Gefälligkeit ausgeübt wird (vgl. hierzu BGH v. 26.7.2001 - III ZR 172/00, MDR 2001, 1324 = BGHReport 2001, 887 = NJW 2001, 3541 [3542]; v. 17.2.2000 - IX ZR 50/98, MDR 2000, 794 = NJW 2000, 1560 [1561]). Er verfolgt nämlich ausweislich § 2 Abs. 1 seiner Satzung den Zweck, u.a. in allen ausländerrechtlichen Belangen die Interessen seiner Mitglieder zu wahren, wozu er diesen gem. § 6 der Satzung Beratung und Erledigung außergerichtlichen wie gerichtlichen Schriftwechsels in entsprechenden Rechtsangelegenheiten anbietet. Keiner Entscheidung bedarf es, ob entgegen der ganz h.M. (vgl. die Nachweise bei Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rz. 56) eine Geschäftsmäßigkeit ausnahmsweise zu verneinen ist, wenn die Tätigkeit unentgeltlich erfolgt. Der Beklagte wird in Fällen der beanstandeten Art nämlich unstreitig nicht unentgeltlich tätig, sondern erstellt seinen Mitgliedern für die außergerichtliche wie auch die gerichtliche schriftliche Vertretung Rechnungen auf der Grundlage von § 6...

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