Verfahrensgang
LG Kleve (Aktenzeichen 3 O 592/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Kleve vom 10.05.2019, Az. 3 O 592/18, unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung und der Berufung des Klägers teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 31.221,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.09.2018 zu zahlen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Pkw Audi Q3 2,0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer WAU....
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Pkw Audi Q3 2,0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer WAU... in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger gegenüber den Rechtsanwälten A..., B..., C... von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 EUR freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger zu 1/4 und die Beklagte zu × zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 1/3 und der Beklagten zu 2/3 auferlegt.
Dieses Urteil und - soweit es nicht abgeändert wird - das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn der Kläger nicht vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger begehrt von der Beklagten wegen des Erwerbs eines Pkw Audi Q3 2,0 TDI, in den ein von der Beklagten hergestellter Dieselmotor des Typs EA 189 eingebaut ist, Schadensersatz in Gestalt einer Rückabwicklung des mit einem Dritten geschlossenen Kaufvertrages.
Die Beklagte ist ein Hersteller von Kraftfahrzeugen. Ferner stellt sie Motoren her, die in eigene und in Kraftfahrzeuge von anderen, dem Konzern angehörenden Unternehmen eingebaut werden.
Sie installierte in der Steuerung des Dieselmotors EA 189 eine Software zur Abgassteuerung. Diese Software verfügt über zwei verschiedene Betriebsmodi und sie erkennt, ob das Fahrzeug einem Prüfstandtest unterzogen wird. Im Modus 1, der beim Durchfahren des für die amtliche Bestimmung der Fahrzeugemissionen maßgeblichen Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) automatisch aktiviert wird, werden mittels einer Abgasrückführung Abgase zusätzlich gereinigt, wodurch die gesetzlich geforderten Grenzwerte für Stickoxidemissionen eingehalten werden. Unter Fahrbedingungen, die im normalen Straßenverkehr anzutreffen sind, ist hingegen der partikeloptimierte "Modus 0" aktiviert, der zu einer geringeren Abgasrückführungsrate und damit zu einem höheren Stickoxidausstoß führt.
Der o.g. Dieselmotor wurde auf Veranlassung des Vorstands der Beklagten millionenfach nicht nur in diversen Fahrzeugtypen der Beklagten, sondern auch in solchen der zum Volkswagenkonzern gehörenden Unternehmen verbaut, u. a. auch in von der Audi AG hergestellten Fahrzeugen, wobei streitig ist, ob der Vorstand der Beklagten auch in Kenntnis der Funktionsweise der Steuerungssoftware war.
Am 13.12.2013 erwarb der Kläger bei der D... den o. g. Pkw als Neuwagen zum Kaufpreis von 39.895,- EUR. Das am 16.12.2013 übergebene Fahrzeug wies am 21.01.2020 einen Kilometerstand von 54.355 km auf.
Für den Fahrzeugtyp wurde die Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse EUR 5 erteilt. Mit Bescheid vom 14.10.2015 verpflichtete das Kraftfahrtbundesamt (nachfolgend KBA) die Beklagte, bei allen betroffenen Dieselfahrzeugen mit dem Aggregat EA 189 EU5 die "unzulässige Abschalteinrichtung" zu entfernen, geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit, insbesondere der Emissionen des genehmigten Systems zu ergreifen und darüber Nachweise vorzulegen. Ferner erklärte das KBA im Wege einer Nebenbestimmung einen von der Beklagten vorgelegten Zeit- und Maßnahmenplan für verbindlich. Für den Fall der Nichtbefolgung dieser Anordnungen drohte es an, die Typgenehmigung ganz oder teilweise zu widerrufen oder zurückzunehmen.
Die betroffenen Fahrzeuge wurden in der Folgezeit zurückgerufen und es wurden Softwareupdates durchgeführt. Bezogen auf den in Rede stehenden Fahrzeugtyp bestätigte das KBA, dass die vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeuge herzustellen. Am 19.01.2017 wurde beim Fahrzeug des Klägers ein entsprechendes Softwareupdate aufgespielt, durch das die ursprüngliche Umschaltlogik beseitigt worden ist.
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 39.895,- EU...