Leitsatz (amtlich)
1. Der anfechtungsrechtliche Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in ein weggegebenes Grundstück ist im einstweiligen Rechtsschutz durch richterliches Verfügungsverbot gemäß § 938 Abs. 2 ZPO sicherbar. Das gilt auch für den Fall, dass nur ein Miteigentumsanteil übertragen wurde.
2. Der Unentgeltlichkeit der Übertragung des Miteigentumsanteils steht nicht entgegen, dass der Anfechtungsgegner die auf dem Miteigentumsanteil des Schuldners lastenden Grundschulden mit dinglicher Wirkung übernahm. Diese schmälerten die wirtschaftliche Substanz. Gegenstand der Zuwendung war aber von vornherein nur der belastete Miteigentumsanteil.
3. Eine Rechtshandlung gilt nach § 140 Abs. 1 InsO als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Wer aus einem früheren Zeitpunkt nach Maßgabe des § 140 Abs. 2 InsO etwas für sich herleiten will, muss die Tatsachen darlegen und beweisen, aus denen sich das Eingreifen des Absatzes 2 Satz 1 bzw. Satz 2 ergibt.
4. § 140 Abs. 2 InsO setzt voraus, dass der andere Teil eine gesicherte Rechtsposition erlangt hat, die ihm ohne sein Mitwirken nicht mehr entzogen werden kann. Das erfordert auf Seiten des Anfechtungsgegners, dass er den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung selbst gestellt hat.
Normenkette
InsO § 134 Abs. 1, §§ 140, 143 Abs. 1; ZPO §§ 935, 938 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Krefeld (Aktenzeichen 7 O 16/24) |
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 14.02.2024 (7 O 16/24) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Verfügungsbeklagten wird untersagt, über das bei dem Amtsgericht Krefeld, ..., groß 741 m2, eingetragene Grundstück zu verfügen.
2. Der Verfügungsbeklagten wird untersagt, über die bei dem Amtsgericht Krefeld, ..., in Abteilung III unter den laufenden Nr. 6, 7, 8, 9, 10 und 11 eingetragenen Briefgrundschulden über jeweils 100.000,00 EUR mit 18 % Jahreszinsen und 5 % Nebenleistung zu verfügen.
3. Der Verfügungsbeklagten wird untersagt, über die bei dem Amtsgericht Krefeld, ..., in Abteilung III unter der laufenden Nr. 1 eingetragene Buchgrundschuld über 215.000,00 EUR nebst 15 % Jahreszinsen und 5 % Nebenleistung sowie über die unter der laufenden Nr. 2 eingetragene Buchgrundschuld über 84.000,00 EUR nebst 15 % Jahreszinsen und 5 % Nebenleistung oder über den Anspruch auf Rückgewähr dieser Buchgrundschulden zu verfügen.
4. Zur Sicherung des Anfechtungsanspruchs des Verfügungsklägers wird die Eintragung des unter Ziffer 1. bezeichneten Verfügungsverbotes in Abt. II. sowie die Eintragung der unter Ziffer 2. und Ziffer 3. bezeichneten Verfügungsverbote in Abt. III des Grundbuchs angeordnet.
5. Zur Sicherung des Anfechtungsanspruchs des Verfügungsklägers wird die Herausgabe der Grundschuldbriefe zu den in Ziffer 2. bezeichneten Briefgrundschulden durch die Verfügungsbeklagte an einen Gerichtsvollzieher angeordnet.
Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens erster und zweiter Instanz trägt die Verfügungsbeklagte.
Gründe
I. Die zulässige Berufung des Verfügungsklägers hat aus den mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 11.04.2024 eingehend erörterten Gründen Erfolg.
Der Verfügungsbeklagten ist aufgrund von § 143 Abs. 1 InsO iVm § 938 Abs. 2 ZPO vorläufig zu untersagen, über das in Ziffer 1. des Tenors näher bezeichnete Grundstück, über die auf diesem lastenden Briefgrundschulden sowie über die auf diesem lastenden Buchgrundschulden zugunsten der E-AG zu verfügen. Zur Sicherung des Anfechtungsanspruchs des Verfügungsklägers ist die Eintragung des unter Ziffer 1. des Tenors ausgesprochenen Verfügungsverbots in Abt. II. sowie die Eintragung der unter Ziffer 2. und Ziffer 3. des Tenors bezeichneten Verfügungsverbote in Abt. III des Grundbuchs anzuordnen. Ferner sind zur Sicherung des Anfechtungsanspruchs des Verfügungsklägers gemäß Ziffer 2. des Tenors die Grundschuldbriefe zu den Briefgrundschulden an einen Gerichtsvollzieher herauszugeben.
Der anfechtungsrechtliche Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in ein weggegebenes Grundstück ist im einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich durch richterliches Verfügungsverbot gemäß § 938 Abs. 2 ZPO sicherbar (BGH, Urt. v. 14.06.2007 - IX ZR 219/05, Rn. 10; Graf-Schlicker InsO/Huber, 6. Aufl. 2022, § 143 Rn. 18). Das gilt auch für den Fall, dass - wie hier - nur ein Miteigentumsanteil übertragen wurde.
Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 935 ZPO die Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) des Verfügungsanspruchs aus §§ 143 Abs. 1, 129 Abs. 1 InsO iVm einem Anfechtungstatbestand und eines Verfügungsgrundes.
1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat der Verfügungskläger einen Anfechtungsanspruch gemäß §§ 143 Abs. 1, 129 Abs. 1, 134 Abs. 1 InsO iVm § 818 BGB auf Rückgewähr des mit Vertrag vom 10.02.2023 von dem Schuldner an die Verfügungsbeklagte übertragenen Miteigentumsanteils an dem Grundstück T-Straße in Krefeld hinreichend glaubhaft gemacht.
a) Die Übertragung des Miteigentumsant...