Leitsatz (amtlich)
1. § 134 InsO erfasst Fälle einer freiwilligen Drittleistung, nicht aber den Fall, dass den Dritten gegenüber dem Empfänger eine eigene Verbindlichkeit trifft.
2. Beim Vermächtnis findet - anders als bei der Erbschaft - kein "Von-Selbst-Erwerb" statt. Vielmehr wird durch das Vermächtnis für den Bedachten entsprechend § 2174 BGB das Recht begründet, von dem Beschwerten die Leistung des vermachten Gegenstands zu fordern. Dieser Anspruch entsteht gem. § 2176 BGB durch den Erbfall und begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Erben und dem Vermächtnisnehmer. Durch die Erfüllung des Vermächtnisses verliert der Vermächtnisnehmer seinen entsprechenden gesetzlichen Anspruch und der Erbe erhält als Gegenleistung die Befreiung von seiner Schuld.
Normenkette
BGB §§ 1939, 1967, 2174, 2176; InsO § 134 Abs. 1, § 143 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 2 O 180/23) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 2) bis 4) wird das am 01.03.2024 verkündete Teilversäumnis- und Endurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal - 2 O 180/23 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, dem Kläger darüber Auskunft zu erteilen, zu welchem Kaufpreis sie den Miteigentumsanteil von 5.349/100.000 am Grundstück Wohnungsgrundbuch von U. (...), verbunden mit dem Sondereigentum an der im Hause (...) im 1. Obergeschoss rechts gelegenen Wohnung nebst Kellerraum (...) veräußert haben.
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 16.875,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.08.2023 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Parteien wie folgt: Die Gerichtskosten tragen der Kläger zu 87,3 % und die Beklagte zu 1) zu 12,7 %. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) bis 4). Die Beklagte zu 1) trägt die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten zu 12,7 %. Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.
Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt der Kläger.
Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über den Nachlass des zwischen dem 31.12.2021 und 05.01.2022 verstorbenen A. (im Folgenden: Nachlassinsolvenzschuldner) Ansprüche aus Insolvenzanfechtung gegen die Beklagten geltend.
Mit Beschluss vom 19.09.2022 - 1 IN 18/22 - (Anlage K 1) hat das Amtsgericht B. aufgrund eines Antrags der gerichtlich bestellten Nachlasspflegerin vom 08.05.2022 (Anlage K 2) über den Nachlass des Nachlassinsolvenzschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und den Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Bereits am 19.01.2021 war die Mutter des Nachlassinsolvenzschuldners (im Folgenden Erblasserin) verstorben. Diese war ursprünglich hälftige Inhaberin eines Miteigentumsanteils von 5.349/100.000 am Grundstück, eingetragen im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts V. (...), verbunden mit dem Sondereigentum an einer im Haus (...) gelegenen Wohnung (nachfolgend "Wohnungseigentum"). Zudem bildete sie zu 1/2 gemeinsam mit den Beklagten, ihren Enkeln und Kindern des Nachlassinsolvenzschuldners, - diese zu jeweils 1/8 -eine Erbengemeinschaft nach B. Dieses Erbe hatte den weiteren hälftigen Miteigentumsanteil an dem vorbezeichneten Wohnungseigentum umfasst.
Mit ihrem Testament vom 25.09.2018 (...) hatte die Erblasserin den Nachlassinsolvenzschuldner zu ihrem Alleinerben bestimmt. Zugleich hat sie ihren Enkelkindern - den Beklagten - "sofort mit ihrem Ableben" sämtliche bei ihrem Ableben in ihrem Eigentum befindlichen Anteile an dem vorbezeichneten Wohnungseigentum untereinander zu gleichen Teilen vermacht.
Mit notariellem Vertrag vom 02.07.2021 (...) hatte der Nachlassinsolvenzschuldner zur Erfüllung dieses Vermächtnisses den hälftigen Miteigentumsanteil der Erblasserin an die Beklagten übertragen, zudem war die Erbengemeinschaft nach A. im Hinblick auf den weiteren hälftigen Miteigentumsanteil auseinandergesetzt worden, wobei die Beklagten diesen jeweils zu gleichen Teilen übernommen hatten. Der Wert des Wohnungseigentums war mit 90.000,00 EUR angegeben worden.
Unter dem 02.12.2021 waren die Beklagten zu je 1/4 des vorbezeichneten Wohnungseigentums ins Grundbuch eingetragen.
Mit Wirkung zum 19.09.2022 veräußerten die Beklagten das Wohnungseigentum.
Der Kläger ist der Ansicht gewesen, hinsichtlich 3/4 des Wertes des Wohnungseigentums läge eine anfechtbare unentgeltliche Leistung vor.
Nachdem die Beklagte zu 1) trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht nicht erschienen war, hat der Kläger beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm darüber Auskunft zu erteilen, zu welchem Kaufpreis sie den Miteigentumsanteil von 5.349/100.000 am Grundstück Wohnungsgrundbuch von U. (...), verbunden mit dem Sondereigentum an der im Hause (...) im 1. Obergeschoss rechts gelegenen Woh...