Leitsatz (amtlich)
›1. Eine Excimer-Laser-Keratektomie ist zur Beseitigung einer vorhandenen Weitsichtigkeit aus medizinischer Sicht regelmäßig nicht indiziert.
2. Die Einzelheiten einer Laserbehandlung hat ein Arzt grundsätzlich in einem Operationsbericht festzuhalten; sieht er von einer solchen Dokumentation ab, können einem Patienten unter Umständen Beweiserleichterungen zugebilligt werden.
3. Ein Augenarzt hat einen Patienten nachdrücklich darüber zu informieren, daß die lediglich aus kosmetischen Gründen gewünschte Hyperopiekorrektur unter Einsatz eines Excimer-Lasers mit der Gefahr einer beträchtlichen Schädigung der intakten Hornhautstruktur verbunden ist.
4. Bei einer erheblichen Beeinträchtigung des Sehvermögens durch eine unnötige Laserbehandlung kommt ein Schmerzensgeld von 40.000 DM in Betracht.‹
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Entscheidung vom 24.09.1998; Aktenzeichen 3 O 406/96) |
Tenor
Die Berufungen des Klägers und des Beklagten gegen das am 24. September 1998 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens werden 2/9 dem Kläger und 7/9 dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Sicherheiten können auch durch Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Der am 6. März 1943 geborene Kläger leidet unter einer erheblichen Weitsichtigkeit. Diese Sehschwäche konnte in der Vergangenheit durch eine Brille nahezu vollständig ausgeglichen werden. Durch eine Fernsehsendung erfuhr er von der Möglichkeit einer Laserbehandlung und suchte zur weiteren Information am 30. April 1992 den Beklagten, einen niedergelassenen Augenarzt, auf. Dieser empfahl nach einer Untersuchung die Beseitigung der Weitsichtigkeit durch eine Excimer-Laser-Behandlung und händigte dem Patienten eine entsprechende Broschüre (Anlage 2 zur Klageschrift) aus. Nach einer gewissen Überlegungszeit entschloß sich der Kläger zu der Operation und begab sich deshalb im Juli 1992 erneut in die Praxis des Beklagten. Dieser führte bei dieser Gelegenheit an beiden Augen eine Laserbehandlung durch, bei der das Gewebe der Hornhaut ringförmig um das Zentrum geringfügig entfernt wurde, um die Lichtbrechung zu normalisieren. Anschließend besserte sich das Sehvermögen des Patienten vorübergehend; nach Ablauf von etwa sechs Monaten trat die Weitsichtigkeit aber erneut auf. Der Beklagte schlug deshalb einen zweiten Eingriff vor, den er am 26. Oktober 1993 durchführte. Mit der weiteren Entwicklung war der Kläger nicht zufrieden; er begab sich deshalb im Jahre 1996 in die Behandlung anderer Augenärzte.
Der Kläger macht Ersatzansprüche geltend. Er hat behauptet, die Lasertherapie sei zur Behebung der Weitsichtigkeit nicht geeignet; es handele sich um ein experimentelles Verfahren, das mit hohen Risiken verbunden sei. Über die möglichen Komplikationen habe ihn der Beklagte vor den beiden Eingriffen nicht aufgeklärt; vielmehr habe er das Vorgehen als problemlos bezeichnet. Tatsächlich habe sich sein Sehvermögen vor allem durch die zweite Operation massiv verschlechtert: Er könne Konturen nur noch verschwommen und verzerrt wahrnehmen; von künstlichen Lichtquellen werde er stark geblendet; Lesen und Fernsehen könne er nur noch in erheblich eingeschränktem Umfang; auch sei er zum Führen eines Kraftfahrzeuges nicht mehr imstande. Der Kläger hat Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in einer Größenordnung von 60.000 DM verlangt und die Feststellung begehrt, daß der Beklagte zum Ausgleich der entstandenen und noch entstehenden materiellen Schäden sowie der künftig eintretenden immateriellen Beeinträchtigungen verpflichtet sei. Darüber hinaus hat er den Augenarzt aufgefordert, ihm eine Ablichtung seiner Dokumentation zur Verfügung zu stellen; diesem Verlangen ist der Beklagte nach Einreichung, aber vor Zustellung der Klageschrift mit Schreiben vom 11. Oktober 1996 nachgekommen.
Der Kläger hat anschließend beantragt,
1. festzustellen, daß der Rechtsstreit hinsichtlich der Herausgabe der Behandlungsunterlagen in der Hauptsache erledigt sei;
2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld aus der Behandlung der Jahre 1992 bis 1996 zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt werde, mindestens jedoch 60.000 DM nebst 2,5 % Zinsen über den jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank -- mindestens verzinslich jedoch mit 4 % Zinsen -- seit dem 1. Oktober 1996;
3. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei, ihm sämtliche weiteren immateriellen und materiellen Schäden, letztere für Vergangenheit und Zukunft, die ihm aus der Behandlung im Jahre 1992 bis 1996 entstanden seien bzw. entstünden, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen seien bzw. übergingen.
Der Beklagte hat...