Leitsatz (amtlich)
1. Die photorefraktive Keratektomie mittels eines Excimer-Lasers zur Korrektur einer Weitsichtigkeit war 1996 ein experimentelles, wissenschaftlich noch nicht anerkanntes Verfahren, dessen Erfolgsaussicht als zweifelhaft einzustufen war.
2. An eine sachgerechte Risikoaufklärung sind unter diesen Umständen hohe Anforderungen zu stellen. Insbesondere wenn die Laser-Therapie in die Nähe einer kosmetischen Operation rückt, ist eine intensive und schonungslose Aufklärung des Patienten zu fordern.
Normenkette
BGB §§ 242, 249, 276, 611, 823
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 3 O 74/98) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 3.5.2001 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Düsseldorf teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.000 Euro zu zahlen.
Die Beklagte zu 1) wird des Weiteren verurteilt, an die Klägerin 3.604,61 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 31.12.1997 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten in beiden Instanzen tragen die Beklagten i.H.v. 23 % als Gesamtschuldner; weitere 77 % trägt die Beklagte zu 1). Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen werden zu 23 % den Beklagten als Gesamtschuldnern und zu weiteren 77 % der Beklagten zu 1) auferlegt. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die am 20.8.1938 geborene Klägerin, die unter einer Fehlsichtigkeit – insb. einer Weitsichtigkeit – sowie unter „trockenen Augen” (Sicca-Symptomatik) litt, begab sich am 11.3.1996 erstmals in die augenärztliche Behandlung der Beklagten zu 1). Die Patientin klagte darüber, dass sie sich durch das Tragen ihrer Mehrstärken Brille behindert fühle, und erkundigte sich danach, ob die Fehlsichtigkeit durch eine Excimer-Laserkorrektur behoben werden könne. Die Beklagte zu 1) bejahte diese Möglichkeit und empfahl der Klägerin, den Eingriff durch den Beklagten zu 2) durchführen zu lassen, den die Patientin daraufhin zur Vornahme von Voruntersuchungen aufsuchte. Auch er bejahte die Möglichkeit einer Behebung der Weitsichtigkeit durch eine Laserbehandlung. Die … als Krankenversicherer der Klägerin erklärte sich zu einer Kostenübernahme nur unter der Bedingung eines Erfolges der Behandlung bereit und verwies die Patientin zu einer entspr. Begutachtung an den Arzt Dr. K. Dieser untersuchte die Klägerin und teilte ihr mit, dass eine Korrektur der Weitsichtigkeit durch die vorgesehene Laser-Operation nicht erreicht werden könne.
Die Patientin entschloss sich dennoch zur Durchführung des Eingriffs und suchte am 11.9.1996 den Beklagten zu 2) auf, der zunächst eine Excimer-Laser-Keratektomie zur Korrektur der Hyperopie am rechten Auge vornahm. Am 18.9.1996 erfolgte eine weitere Keratektomie zur Behebung der Weitsichtigkeit am linken Auge. Nach den Operationen besserte sich das Sehvermögen der Klägerin zunächst, später kam es jedoch zu einer Verschlechterung des Zustandes, so dass die Patientin erneut eine Brille tragen musste. Am 5.3.1997 nahm der Beklagte zu 2) deshalb kostenlos am rechten Auge eine erneute Laser-Behandlung vor, um die Restweitsichtigkeit zu beseitigen. Dies führte nicht zum Erfolg, die Sehschärfe ging wieder zurück, so dass die Patientin auf eine Brille angewiesen ist.
Die Klägerin macht Ersatzansprüche geltend. Sie hat vorgetragen, die Laser-Therapie sei zur Behebung der Weitsichtigkeit nicht geeignet und deswegen nicht indiziert gewesen; es handele sich um ein experimentelles, wissenschaftlich nicht anerkanntes Verfahren, das mit erheblichen Risiken verbunden sei. Über die Komplikationen und die Gefahr eines Misserfolges sei sie von dem Beklagten nicht einwandfrei aufgeklärt worden; die Beklagte zu 1) habe ihr lediglich erklärt, dass sie nach dem Eingriff keine Brille mehr benötigen werde. Nach der Untersuchung bei Dr. K. habe sie, die Klägerin, die Beklagte zu 1) darüber informiert, dass Dr. K. einen Erfolg der Therapie verneint habe. Daraufhin habe die Beklagte zu 1) erwidert, dieser Arzt habe „keine Ahnung”; seine negativen Äußerungen seien nur erfolgt, um sie „schlecht zu machen”, weil sie in einem Prozess als Gutachterin gegen ihn aufgetreten sei. In Kenntnis der Risiken sowie der zweifelhaften Erfolgsaussicht hätte sie, die Patientin, von der Durchführung des Eingriffes abgesehen. Aufgrund der Operation hätten sich die Trockenheitsbeschwerden an den Augen verstärkt; sie leide neben jeden Morgen auftretenden Schmerzen unter einer starken Sensibilität und Berührungsempfindlichkeit der Augen und sei seit der Durchführung der Operationen stark blendempfindlich. Die Beklagte zu 1) sei zur Erstattung der nutzlosen Aufwendungen für die Laser-Behandlung i.H.v. 7.050 DM verpflichtet; beide Beklagten schuldeten des Weiteren einen Ausgleich für die entstandenen immateriellen Schäden.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie 7...