Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Verlagerung des Verwendungsrisikos vom Mieter auf den Vermieter unter dem Gesichtspunkt einer über das übliche Maß hinausgehenden Einschränkung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit, wenn ein Parkhaus nicht in dem erwarteten Umfang frequentiert wird.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 24.02.2002; Aktenzeichen 37 O 106/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24.2.2002 verkündete Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels im Zinsausspruch teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu zahlen:
1. einen Betrag von 344.901,94 Euro;
2. 5 % Zinsen aus 251.121,64 Euro für den Zeitraum 15.5.2002 bis 18.5.2003;
3. 5 % Zinsen aus 60.060,65 Euro ab 19.5.2003;
4. 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank aus 48.205,62 Euro ab 15.5.2002.
Wegen des weiter gehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zu Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzgl. 191.060,99 Euro abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in entspr. Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Mit Vertrag vom 5.2.1997 (Bl. 21 ff. d.A.) vermietete die B.-GmbH & Co. Objektverwaltungs KG der Beklagten das auf dem Grundstück H.-Straße zu errichtende Parkhaus, das über ca. 440 Stellplätze verfügen sollte, nebst Außenanlagen, Zugängen, Zufahrten u.ä. Rechtsnachfolgerin der Vermieterin ist die T.-GmbH & Co. KG. Der Nettomietzins wurde mit 52.800 DM monatlich vereinbart und erhöhte sich aufgrund mehrerer Änderungsvereinbarungen schließlich auf 63.941,80 DM einschl. Umsatzsteuer. Hinzu kam eine monatliche Nebenkostenvorauszahlung von 2.992,80 DM einschl. Umsatzsteuer, so dass sich die monatliche Gesamtbelastung der Beklagten auf 66.934,60 DM belief.
Die Übergabe des Parkhauses erfolgte am 13.11.1998, die Inbetriebnahme des gleichzeitig errichteten benachbarten Multiplex-Kinos am 16.12.1998.
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagte aufgrund einer Vereinbarung vom 7.9./14.9./10.10.2001 (Bl. 57 ff. d.A.) aus abgetretenem Recht nach der Rechtsnachfolgerin der eingangs bezeichneten Vermieterin auf Zahlung restlichen Mietzinses für den Zeitraum vom 16.12.1998 bis zum 31.12.2000 i.H.v. insgesamt 585.433,24 DM = 299.327,26 Euro in Anspruch. Hinzu kommen kapitalisierte Zinsen i.H.v. 89.136,33 DM = 45.574,68 Euro, so dass sich die Klageforderung auf insgesamt 344.901,94 Euro zzgl. Zinsen beläuft.
Die Beklagte hat mit der Begründung Klageabweisung begehrt, die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages vom 5.2.1997 sei teilweise entfallen, so dass der Vermieterin über die insgesamt geleisteten Zahlungen hinaus keine weiter gehenden Mietzinsansprüche zustünden, die an die Klägerin hätten abgetreten werden können. Der im Rahmen der Vermietung des streitgegenständlichen Parkhauses erwartete Umsatz von jährlich 1.108 224 DM habe infolge unzureichender Auslastung bei weitem nicht erreicht werden können, weil vor allem infolge von Versäumnissen der Stadt D. bei der Bewirtschaftung des öffentlichen Parkraums im Umfeld des Mietobjekts und schlechter Verkehrsführung insb. die Besucher des Multiplex-Kinos ihre Fahrzeuge anderweitig abgestellt hätten. Im Hinblick darauf sei sie – die Beklagte – im Umfang der einbehaltenen Beträge zur Minderung des Mietzinses berechtigt, weil die ordnungsgemäße Parkraumbewirtschaftung im Bereich der in Rede stehenden Tiefgarage Vertragsgrundlage gewesen sei.
Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe für Umsatzeinbußen der Beklagten nicht einzustehen.
Durch das angefochtene Urteil hat das LG die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 344.901,94 Euro nebst 5 % Zinsen aus 251.121,64 Euro und 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz aus weiteren 48.205,62 Euro seit dem 15.5.2002 verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin, deren Aktivlegitimation von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen werde, könne innerhalb des streitgegenständlichen Anspruchszeitraums den vollen, der Höhe nach unstr. Mietzins von 299.327,26 Euro verlangen. Mangels Vorhandenseins eines Mangels und Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft stehe der Beklagten kein Minderungsrecht zu. Auch unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sei sie nicht berechtigt, den vereinbarten Mietzins zu kürzen. Dabei könne dahinstehen, ob ihre Umsatzerwartungen oder die Annahme, die Stadt D. werde verstärkt Verkehrskontrollen durchführen und die Grundflächen um das Multiplex-Kino sperren, überhaupt Geschäftsgrundlage geworden sei. Der Nichteintritt der diesbezüglichen Erwartungen falle nämlich in den Risikobereich der Beklagten. Daran ändere auch nichts die Tatsache, dass die diesbezüglichen Erwartungen der Vermieterseite bekannt gewesen und von ihr sogar ge...