Entscheidungsstichwort (Thema)
HWS-Verletzung bei Unfällen im Niedriggeschwindigkeitsbereich
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 15.06.2010) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 15.6.2010 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 16. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückge-wiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache unbegründet.
Entsprechend der Begründung der angefochtenen Entscheidung lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger infolge des Kollisionsereignisses vom 24.6.2006 Unfallverletzungen in Form eines Schleudertraumas der Halswirbelsäule sowie einer Prellung der rechten Schulter erlitten hat. Die Beklagten sind deshalb keiner begründeten Schmerzensgeldforderung ausgesetzt.
Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme sind die kollisionsdymanischen Zusammenhänge sowie die biomechanische Belastung, welcher der Kläger als Fahrer des angestoßenen Fahrzeuges ausgesetzt war, hinreichend aufgeklärt. Ausweislich dieser Erkenntnisgrundlagen war der Unfallaufprall nicht geeignet, bei dem Kläger die durch ihn behaupteten Verletzungen, deren unfallbedingten Eintritt er nach den Grundsätzen des Strengbeweises (§ 286 ZPO) nachzuweisen hat, herbeizuführen. Insbesondere vermag der Kläger den ihm obliegenden Nachweis nicht mit Hilfe des durch ihn vorgelegten Attestes des ihn behandelnden Arztes unter Beweis zu stellen. Eine ergänzende Tatsachenaufklärung durch zeugenschaftliche Vernehmung dieses Arztes oder durch Einholung eines weiteren unfallanalytischen oder medizinischen Gutachtens ist in der Rechtsmittelinstanz nicht veranlasst.
Im Einzelnen ist Folgendes auszuführen:
I. Gemäß § 529 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinne ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen (BGH NJW 2006, 152 mit Hinweis auf BGH 152, 254, 258).
Derartige Zweifel sind in Bezug auf die Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil nicht gegeben. Im Ergebnis erweisen sich die Angriffe als unbegründet, die der Kläger gegen die Richtigkeit des unfallanalytischen Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dipl.-Ing. V. vom 30.10.2008 in Verbindung mit dem Ergänzungsgutachten vom 30.4.2009 vorbringt.
1) Der Sachverständige ist zu der Feststellung gelangt, der Kläger sei unfallbedingt einem geringfügigen Frontalanstoß mit einer minimalen, bezogen auf die Längsachse seines Pkw Mercedes-Benz von rechts nach links gerichteten queraxialen Komponente ausgesetzt gewesen. Infolge der Kollision habe auf den Wagen des Klägers bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von ca. 40 km/h - im Vergleich zu derjenigen des Pkw Audi A 4 i.H.v. 30 km/h - eine Geschwindigkeitsänderung in der Größenordnung von nicht mehr als 5 km/h eingewirkt. Diesen Wert hat der Sachverständige als weit unter der sog. Harmlosigkeitsgrenze für Frontalkollisionen von ca. 20 km/h liegend bezeichnet und hat deshalb den unfallbedingten Eintritt einer Distorsionsschädigung der Halswirbelsäule definitiv ausgeschlossen.
2) Einerseits macht der Kläger zu Recht geltend, dass die Festlegung einer sog. Harmlosigkeitsgrenze für eine unfallbedingte HWS-Schädigung auch im Zusammenhang mit einer Frontalkollision nicht in Betracht kommt. Dies entspricht der Rechtsprechung sowohl des BGH als auch derjenigen des erkennenden Senats (BGH VersR 2008, 1126; Senat, Urt. v. 30.6.2008 - I- 1 U 161/08). Allein der Umstand, dass der Körper des Klägers einer geringen biomechanischen Belastung wegen einer entsprechend geringfügigen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung ausgesetzt war, schließt die Annahme einer durch den Unfall hervorgerufenen Distorsionsschädigung der Halswirbelsäule nicht aus. Indes heben sowohl der Kläger in seiner Berufungsbegründung als auch die Beklagten in ihrer Erwiderung mit Rechtsprechungsnachweisen zu Recht hervor, dass die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der Halswirbelsäule des Insassen des angestoßenen Fahrzeuges proportional ist zu dem Ausmaß der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung (Bl. 269, 294, 295 d.A.). Mit anderen Worten: Je geringer das Ausmaß dieser Veränderung ist, desto kleiner ist auch die Wahrscheinlichkeit des unfallbedingten Eintritts einer Distorsionsschädigung der Halswirbelsäule - und umgekehrt.
3) Festzuhalten ist, dass der Körper des Klägers nach der unfallanalytischen Erkenntnis des Sachverständigen nur einer geringen biomechanischen Bela...