Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer formunwirksamen Honorarvereinbarung wird der anwaltliche Gebührenanspruch auf das gesetzliche Honorar begrenzt. Ein Rückzahlungsanspruch des Mandanten folgt dann aus Bereicherungsrecht und nicht aus dem geschlossenen Anwaltsdienstvertrag.
2. Von einer freiwilligen und vorbehaltlosen Zahlung des Mandanten gem. § 4 Abs. 1 S. 3 RVG (in der Fassung vom 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2008) kann nur ausgegangen werden wenn er weiß, dass seine Zahlung die gesetzliche Vergütung übersteigt und er mehr zahlen will, als er ohne die Vergütungsvereinbarung zu zahlen hätte. Eine über § 4b S. 2 RVG (gültig ab 1. Juli 2008) mögliche Einwendung des Rechtsanwalts nach § 814 BGB setzt eine positive Kenntnis des Mandanten darüber voraus, dass er nach der Rechtslage kein höheres Honorar als das gesetzliche schuldet. In beiden Fällen erfordert dieses Wissen eine ausreichende Informationsgrundlage des Mandanten.
3. Die Darlegungs- und Beweislast für die Kenntnis des Mandanten hat der Rechtsanwalt. Er kann durch einen dokumentierten Hinweis darauf, dass die vereinbarte Vergütung die gesetzlichen Gebühren übersteigt für eine beweiskräftige Information des Mandanten sorgen. Kann zu Beginn der Tätigkeit des Rechtsanwalts keine zuverlässige Prognose über den Zeitaufwand und die damit einhergehende Honorarhöhe getroffen werden, so sollte er den Mandanten jedenfalls dann informieren, wenn die vereinbarte Vergütung die Schwelle zum gesetzlichen Honorar überschreitet.
4. Es ist allein Sache des Rechtsanwalts, für eine formgerechte Honorarvereinbarung Sorge zu tragen. Dies gilt auch dann, wenn der Mandant Volljurist ist (hier: juristische Mitarbeiter eines Rechtsamts einer Großstadt). Auch dann muss der Mandant nicht wissen und sich nicht dahingehend informieren, dass eine mündlich geschlossene Honorarabrede formunwirksam ist.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 16 O 340/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26. Juli 2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und die Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung verurteilt, an die Klägerin EUR 323.363,08 nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Juli 2015 sowie Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 4.688,01 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Juli 2015 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 13 % die Klägerin und zu 87 % die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten die Rückzahlung von Anwaltsvergütung geltend.
Die Beklagte war von der Klägerin im Jahr 2008 mit der Beratung und Vertretung im Rahmen einer Förderangelegenheit mandatiert worden. Ende der 1990iger Jahre hatte die Klägerin aus unterschiedlichen Quellen Gelder erhalten, um ein in ihrem Eigentum stehendes denkmalgeschütztes Speichergebäude im ... Innenhafen zu sanieren und dort ein Kindermuseum namens "A." zu errichten. Sie erhielt Fördermittel des Landes Nordrhein-Westfalen, der EU und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in Millionenhöhe. Da der Betrieb des Museums defizitär war, wurde es geschlossen. Die Klägerin wurde mit Rückforderungsansprüchen konfrontiert. In dieser Situation nahm sie Kontakt zu der als Partnerin für die Beklagte tätigen Rechtsanwältin Dr. H. auf. Zwischen dieser und dem Leiter des Rechtsamts der Klägerin, dem Zeugen J., fand am 7. April 2008 ein Gespräch statt. Am 8. April 2008 übersandte der Zeuge J. der Beklagten die in der Förderangelegenheit von der Klägerin geführten Akten (vgl. Schreiben der Klägerin vom 8. April 2008, Anl. H3, Anlagenhefter II = AII, Bl. 4-5). Das Mandat umfasste sowohl die interne rechtliche Beratung als auch die außergerichtliche und die gerichtliche Vertretung sowie die Verhandlungen mit den Fördergebern. Neben Frau Dr. H. war für die Beklagte auch Rechtsanwältin ... S.. tätig.
Im Juni 2009 erhob die ...-Bank Klage vor dem Landgericht Duisburg auf Teilrückzahlung von gewährten Fördergeldern in Höhe von über EUR 2,8 Mio. Mit Urteil des Landgerichts Duisburg vom 1. Dezember 2014 wurde die Klägerin in vollem Umfang zur Rückzahlung verurteilt. Die von ihr eingelegte Berufung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf wurde durch die Beklagte weisungsgemäß zurückgenommen.
Im Verlauf des Mandatsverhältnisses stellte die Beklagte der Klägerin diverse Rechnungen, bezüglich derer auf den Schriftsatz der Klägerin vom 6. Juni 2016 (S. 6f., GA 93f.) Bezug genommen wird. Den Rechnungen lag jeweils ein Stundensatz für Rechtsanwältin Dr. H. iHv EUR 297,- und für Rechtsanwältin ... S.. iHv EUR 240,- zu Grunde. Die Klägerin hat in der Angelegenh...