Leitsatz (amtlich)
1. Die Vereinbarung einer 10-jährigen Laufzeit bei der Vermietung von Telekommunikationsanlagen in allgemeinen Geschäftsbedingungen stellt regelmäßig keine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) dar.
2. Die (Verlängerungs-)Klausel in einem Vertrag über die Anmietung einer Telekommunikationsanlage, "Wird eine Anlage vor Ablauf der Mindestvertragsdauer erweitert (ausgenommen um einfache Sprechapparate), ohne dass dabei eine Auswechslung der Zentralsteuerung stattfindet, so wird neben der Anpassung der laufenden Miete für die Erweiterung - die Mindestvertragsdauer der Anlage verlängert: Die Verlängerung der Mindestvertragsdauer ergibt sich aus folgender Tabelle:
Restmietvertragslaufzeit
Jahre 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Verlängerungsfaktor
Faktor 3,6 3,2 2,8 2,4 2,0 1,6 1,2 0,8 0,4 0,3 0,2 0,1 0,05 0,025 0,01
... hält einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG nicht stand. Sie verstößt gegen das bei der Verwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beachtende Transparenz- und Bestimmtheitsgebot.
Normenkette
BGB § 307; AGBG §§ 6, 9
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 30.09.2005; Aktenzeichen 32 O 106/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30.9.2005 verkündete Urteil des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Das Versäumnisurteil des LG Düsseldorf vom 7.10.2004 wird aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird festgestellt, dass das mit Vertrag zur Anmietung einer Telekommunikationsanlage vom 1./8.7.1993 (Vertragsnummer: 30.1238.0010) begründete Vertragsverhältnis zum 31.12.2003 beendet worden ist.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten veranlassten Kosten, welche der Beklagten auferlegt werden.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der F.-Gesellschaft ... (nachfolgend: ...-GmbH) begehrt von der Beklagten, auf welche die C-GmbH als seinerzeitige Vertragspartnerin verschmolzen worden ist, nach Klageerweiterung in der Berufungsinstanz um 113.840,96 EUR zzgl. Zinsen für den Zeitraum vom 1.7.2005 bis zum 30.6.2006 nunmehr Zahlung von Miete nebst Zinsen für den Zeitraum von Januar 2004 bis einschließlich 30.6.2006 für die Vermietung (inklusive Wartung) einer Fernsprechnebenstellenanlage gemäß Vertrag vom 1./8.7.1993 (Anl. 1, Bl. 5 f. GA). Hierzu stützt sie sich nach zahlreichen Erweiterungen der Anlage auf Ziff. 4 der Allgemeinen Vertragsbedingungen. Unter Abschnitt I des Vertrages heißt es:
"Die Vermieterin vermietet dem Mieter auf die Dauer von fünf/zehn/fünfzehn Jahren (gem. Abschnitt 3 der Allgemeinen Bedingungen) eine Fernsprechnebenstellenanlage laut Anlagenübersicht, die Vertragsbestandteil wird."
Die hierin in Bezug genommenen "Allgemeinen Bedingungen zum Mietvertrag" lauten auszugsweise wie folgt:
"...3. Vertragsdauer, vorzeitige Vertragsauflösung
3.1 Das Vertragsverhältnis beginnt mit Abschluss dieses Vertrages. Es erstreckt sich auf das bei Betriebsbereitschaft der Anlage laufende Jahr und die sich anschließenden fünf/zehn/fünfzehn/... Kalenderjahre. Es verlängert sich jeweils um zwei Jahre, wenn nicht spätestens 6 Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. ...
4. Erweiterung der Anlage
Wird eine Anlage vor Ablauf der Mindestvertragsdauer erweitert (ausgenommen um einfache Sprechapparate), ohne dass dabei eine Auswechslung der Zentralsteuerung stattfindet, so wird neben der Anpassung der laufenden Miete für die Erweiterung - die Mindestvertragsdauer der Anlage verlängert:
Die Verlängerung der Mindestvertragsdauer ergibt sich aus folgender Tabelle:
Restmietvertragslaufzeit
Jahre 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Verlängerungsfaktor
Faktor 3,6 3,2 2,8 2,4 2,0 1,6 1,2 0,8 0,4 0,3 0,2 0,1 0,05 0,025 0,01
..."
Demgegenüber macht die Beklagte geltend, das Vertragsverhältnis sei jedenfalls zum 31.12.2003 beendet worden, und begehrt zuletzt widerklagend festzustellen, dass das streitige Vertragsverhältnis zum 31.12.2003 beendet worden ist, nachdem sie zunächst festgestellt wissen wollte, dass der Klägerin aus dem Vertrag nach dem 1.1.2004 und über die im Rechtsstreit anhängigen Forderungen hinaus keine Rechte mehr zukommen.
Mit seinem nach fristgerechtem Einspruch gegen das am 7.10.2004 im schriftlichen Vorverfahren erlassene Versäumnisurteil (Bl. 60 GA) und Klageerweiterung in der Hauptsache von 56.920,48 EUR (Miete für das erste und zweite Quartal 2004) auf insgesamt 170.761,44 EUR (Miete für 2004 und die ersten beiden Quartale 2005), jeweils zzgl. Zinsen, ergangenen, den Parteien am 5.10.2005 (Bl. 194 f. GA) zugestellten Urteil vom 30.9.2005 (Bl. 175 f. GA), auf das zur näheren ...