Leitsatz (amtlich)
1. Schadensersatzansprüche des Mandanten gegen den Steuerberater wegen fehlerhafter Beratung bei steuersparenden Anlagen unterliegen für die Zeit vor In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 9.12.2004 der 3-jährigen Verjährungsfrist nach § 68 StBerG a.F. Dies gilt auch dann, wenn die Anlageberatung/-vermittlung Gegenstand eines gesonderten Vertrages gewesen und nicht nur bei Gelegenheit einer Steuerberatung erfolgt ist.
2. Hat ein Mandant infolge fehlerhafter Beratung eine nachteilige Vermögensanlageentscheidung getroffen, hat die 3-jährige Verjährungsfrist des § 68 StBerG a.F. mit dem Eintritt des Schadens begonnen. Der Schaden tritt bei einer Anlageentscheidung regelmäßig bereits mit der rechtlichen Bindung an das Anlageobjekt ein. Ist das Anlageobjekt anfangs noch wirtschaftlich gesund, ist der falsch Beratene erst dann geschädigt, wenn der zu befürchtende Vermögensverlust oder dessen konkrete Gefahr tatsächlich eintritt und der Kapitalverlust nicht nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist.
3. Die Sekundärhaftung des Steuerberaters entfällt, wenn der Mandant in der Haftungsfrage rechtzeitig einen Rechtsanwalt eingeschaltet hat. Darauf, ob der regresspflichtige Berater davon etwas gewusst hat oder hätte wissen müssen, kommt es nicht an.
4. Ein Steuerberater ist im Rahmen seiner allgemeinen Vertragspflicht, den Mandanten vor Schaden zu bewahren, nur dann verpflichtet, von sich aus Bedenken gegen eine ihm bekannt gewordene Vermögensanlage des Mandanten zu äußern, wenn für ihn offen zutage liegt, dass die Vermögensanlage den beabsichtigten Zweck der Steuerersparnis nicht erreicht. Eine Verpflichtung, den Mandanten wirtschaftlich zu beraten, trifft den Steuerberater nur, wenn er einen die Anlageberatung einschließenden Auftrag erhalten hat oder von sich aus eine bestimmte Anlage empfiehlt.
5. Gibt der Steuerberater dem Mandanten auf dessen Nachfrage Auskunft über eine eigene privat getätigte Anlage und zeichnet darauf der Mandant ebenfalls eine solche Anlage, so begründet das allein noch keinen Anlagevermittlungsvertrag mit einer Auskunftsverpflichtung des Steuerberaters.
Verfahrensgang
LG Kleve (Urteil vom 19.11.2004; Aktenzeichen 1 O 728/03) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 19.11.2004 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Kleve wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt den beklagten Steuerberater aus abgetretenem Recht ihres Vaters, des Zedenten und Zeugen S., auf Schadensersatz in Anspruch. Der Beklagte war der steuerliche Berater des Zedenten seit den achtziger Jahren. Im Jahre 1992 zeichnete der Zedent eine Beteiligung an einem Immobilienfonds in B., der später in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Dies hatte zur Folge, dass der Zedent für die Zeit von 2000 bis zum 1. Quartal 2003 Nachschüsse in Höhe der Klageforderung zu zahlen hatte. Diese Aufwendungen begehrt die Klägerin vom Beklagten im Wege des Schadensersatzes ersetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 166 ff. GA) Bezug genommen.
Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme mit der Begründung abgewiesen, der Beklagte habe den Zedenten zwar in steuerlicher Hinsicht zu der fraglichen Anlage im Jahre 1992 beraten, dabei Pflichten aus dem Steuerberatervertrag indes nicht verletzt. Der Beklagte habe auch keine Pflichten aus einem Vertrag über eine Anlagevermittlung oder Anlageberatung verletzt, weil ein derartiger Vertrag nicht zustande gekommen sei. Gegen die Abweisung der Klage wendet die Klägerin sich mit der Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlich geltend gemachten Schadensersatzanspruch weiter verfolgt. Hilfsweise "füllt" die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch nunmehr um den Betrag "auf", um den die mit der Fondsanlage erzielten steuerlichen Vorteile hinter dem eingesetzten Kapital zurückbleiben. Diesen Betrag errechnet sie in der Berufungsbegründung mit 14.710,81 EUR.
Zur Begründung ihrer Berufung wendet die Klägerin sich gegen die Beweiswürdigung in erster Instanz und behauptet weiter, dass der Beklagte dem Zedenten die Beteiligung an dem Immobilienfonds vermittelt und den Zedenten hierzu beraten habe. Das ergebe sich, so die Klägerin weiter, auch aus dem Verhalten des Beklagten ggü. weiteren Zeichnern anderer Vermögensanlagen. Die Klägerin behauptet weiter, der Beklagte habe für seine Vermittlungstätigkeit eine Provision erhalten. So sei dem Beklagten insb. bei der Zeichnung von Fonds das Disagio erlassen worden. Außer...