Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit der niederländischen Gerichte für Klage einer niederländischen Wohnungseigentümergemeinschaft gegen in Deutschland wohnenden Miteigentümer
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Klage gegen einen in Deutschland ansässigen Miteigentümer einer niederländischen Wohnungseigentümergemeinschaft auf Zahlung rückständigen Wohngelds sind nach Art. 16 Abs. 1a EuGVÜ die niederländischen Gerichte international zuständig.
2. Die Frage, ob ein in deutscher Sprache verfasstes Schreiben des Wohnungseigentümers an den Bevollmächtigten der Wohnungseigentümergemeinschaft als Anerkenntnis der Forderung zu werten ist, ist mangels einer Rechtswahl nach niederländischem Recht zu beurteilen, dem auch die Wohngeldforderung unterliegt.
3. Da ein Anerkenntnis nach niederländischem Recht durch Feststellungsvertrag zustande kommt, liegt kein bindendes Anerkenntnis vor, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft das Ratenzahlungsangebot des Wohnungseigentümers nicht in angemessener Zeit angenommen hat.
Normenkette
EuGVVO Art. 66 Abs. 1; EuGVÜ Art. 16 Abs. 1a; EGBGB Art. 28 Abs. 1 S. 1; EGBGB Art. Abs. 3; BGB §§ 780-781; N.B.W. Art. 6-7
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 21.06.2001; Aktenzeichen 8 O 469/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 21.6.2001 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Duisburg teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die zulässige Berufung ist begründet.
I. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte richtet sich nach den Bestimmungen des EuGVÜ. Dieses Abkommen findet nach Art. 66 Abs. 1 EuGVVO auf die am 22.9.2000 erhobene Klage weiterhin Anwendung. Danach ist die Klage, soweit sie sich in erster Linie auf ein dem Schreiben vom 7.6.2000 (GA 21) entnommenes „Anerkenntnis” stützt, zulässig (Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ). Dagegen kann die Klage vor deutschen Gerichten, was nach Art. 19 EuGVÜ in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. Zöller, EuGVÜ, 22. Aufl., Anh. I, Art. 19 Rz. 4), nicht auf die Stellung des Beklagten als Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft A.C. gestützt werden. Für den hierauf gestützten Anspruch sind gem. Art. 16 Abs. 1a EuGVÜ die niederländischen Gerichte international zuständig, weil der geltend gemachte Anspruch insoweit Ausfluss der Ausübung eines dinglichen Rechts einer in den Niederlanden belegenen Sache ist (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 6. Aufl., Art. 16 Rz. 15; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl., EuGVVO, Art. 22 Rz. 5a).
II. Die Klage ist, soweit sie auf das Schreiben vom 7.6.2000 gestützt wird, weder aus §§ 780, 781 BGB noch aus einem anderen Rechtsgrund begründet.
1. Der mit der Klage verfolgte Anspruch richtet sich nicht nach deutschem Recht, sondern nach niederländischem Zivilrecht. Die Parteien haben sich weder ausdrücklich noch konkludent auf die Anwendung deutschen Rechts geeinigt. Eine solche Abrede lässt sich der außergerichtlichen Korrespondenz der Parteien, insb. dem Schreiben des Beklagten vom 7.6.2000 und dem Schreiben der Bevollmächtigten der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 26.7.2000 (GA 22), nicht mit hinreichender Sicherheit (Art. 27 Abs. 1 S. 2 EGBGB) entnehmen: Allein der Umstand, dass die Parteien in deutscher Sprache korrespondiert haben und der Beklagte die Begleichung der Forderung in deutscher Währung versprochen hat, rechtfertigt eine solche Annahme nicht (vgl. BGHZ 19, 110 [112]; Palandt, BGB, EGBGB, 62. Aufl., Art. 27 Rz. 7). Die Parteien haben sich auch nicht im Laufe des Rechtsstreits auf die Anwendung deutschen Rechts geeinigt.
Ist keine Rechtswahl getroffen, unterliegt der Vertrag nach Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB dem Recht des Staates, mit dem er die engsten Verbindungen aufweist. Ist Vertragsgegenstand ein Schuldanerkenntnis, ist auf das Statut der zugrunde liegenden Forderung abzustellen (vgl. Palandt, BGB, EGBGB, 62. Aufl., Art. 33 Rz. 4), also auf niederländisches Recht, da dem „Anerkenntnis” ein nach niederländischem Wohnungseigentumsrecht zu beurteilender Anspruch (vgl. Art. 28 Abs. 3 EGBGB) zu Grunde liegt.
2. Durch den Schriftwechsel der Parteien vom 7.6./26.7.2000 ist nach niederländischem Recht kein die Zahlungspflicht begründendes „Anerkenntnis” in Form eines Feststellungsvertrages nach Art. 7:900 Abs. 1 N.B.W. zustande gekommen. Denn die Wohnungseigentümergemeinschaft hat das Angebot des Beklagten, den Rückstand in monatlichen Raten zu 2.500 DM zu tilgen, nicht angenommen.
Wie der gerichtliche Sachverständige, Prof. Dr. M., in seinem Rechtsgutachten vom 8.11.2002 (GA 148 ff.) dargelegt hat, setzt ein Feststellungsvertrag nach niederländischem Recht voraus, dass die Parteien Feststellungen hinsichtlich ihrer Rechtsbeziehungen treffen, um Unsicherheiten über diese zu beenden oder solchen vorzubeugen (GA 154). Der Feststellungsvertrag übernimmt nach den überzeugenden Ausführungen des Sachver...