Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelung in Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ (Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) über die internationale Zuständigkeit ist auf Klagen vor einem deutschen Gericht nur dann anwendbar, wenn diese vor dem 1.3.2002, also vor In-Kraft-Treten der EuGVVO (Verordnung Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000), gem. § 253 Abs. 1 ZPO zugestellt und damit nach deutschem Recht rechtshängig geworden sind.
Ist dagegen vor dem 1.3.2002 die Klage lediglich eingereicht und erst danach zugestellt worden, bestimmt sich die internationale Zuständigkeit nach Art. 5 EuGVVO.
2. Art. 5 Nr. 1b EuGVVO gilt auch für Werk- und Werklieferungsverträge.
3. Der Abdruck von Lieferbedingungen mit einer Gerichtsstandsklausel und einer Klausel über den Erfüllungsort auf der Rückseite von Geschäftsformularen, die zu Auftragsbestätigungen und Rechnungen benutzt werden, ist nicht geeignet, eine internationale Gerichtszuständigkeit zu begründen. Es sind die für eine Gerichtsvereinbarung einzuhaltenen Formvorschriften der gleichlautenden Regelungen in Art. 17 Abs. 1 S. 2 EuGVÜ und in Art. 23 Abs. 1 S. 3 EuGVVO nicht eingehalten. Außerdem fehlt es an einer rechtsgeschäftlichen Willenseinigung.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 40 O 257/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Zwischenurteil der 10. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf abgeändert.
Die Klage wird durch Endurteil als unzulässig abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Die in Düsseldorf ansässige Klägerin, die früher unter A. GmbH firmierte, lieferte im Februar/März 1997 der in den N. ansässigen Beklagten, die früher unter X. firmierte, je 2 Generatoren, Motoren und Umrichter, die zum Betrieb zweier Sandpumpen auf dem einer Kundin der Beklagten gehörenden Baggerschiff bestimmt und die von der in M. ansässigen Muttergesellschaft der Klägerin hergestellt worden waren. Die Lieferungen sind Gegenstand u.a. der Auftragsbestätigung der Klägerin vom 10.9.1996 (K3) und deren nachfolgenden Rechnung vom 11.3.1997 (K4). Die von der Klägerin hierfür benutzten Geschäftsformulare enthalten jeweils auf der Vorderseite im oberen Bereich den Vordruck „Lieferbedingungen”. Darunter ist jeweils eingetragen „Ab Werk I.”. Im unteren Bereich der Vorderseite steht jeweils vorgedruckt: „Rücksenden an: siehe Rückseite”. Auf den Rückseiten der Geschäftsformulare sind im unteren Bereich die auf der Vorderseite in Bezug genommene Adresse und im oberen Bereich die Lieferungsbedingungen der Klägerin mit u.a. folgenden Hinweisen enthalten: „Erfüllungsort für Lieferung und Zahlung ist Düsseldorf. Gerichtsstand ist Düsseldorf”. Die Rechnung der Klägerin wurde bezahlt, die letzte Rate am 2.10.1997.
Nachfolgend stellte die Klägerin auf Anforderung der Beklagten im Oktober und Dezember 1997 sowie im Januar 1998 mehrfach Servicetechniker aus den I. Werken ihrer Muttergesellschaft zur Verfügung. Die Techniker unterstützten die Beklagte bei der Vorbereitung des Einbaus der gelieferten Geräte in deren Werkstatt in den N. und später beim Einbau an Bord des Baggerschiffes, das zeitweise an der b. Küste und zuletzt vor Cuxhaven ankerte. Nach einer Explosion von 2 Phasen eines der gelieferten Umrichter im Februar 1998 wechselten die Techniker der Klägerin auf dem Baggerschiff die zerstörten Phasen aus. Nach weiteren Explosionen im Jahre 1999 wurden sie erneut zur Überprüfung herangezogen. Die Klägerin lieferte in diesem Zusammenhang weitere Phasen zum Austausch zerstörter Phasen, die teilweise von der Beklagten bezahlt wurden.
Gegenstand der vorliegenden Klage, die am 28.11.2001 eingereicht und am 11.4.2002 der Beklagten in den N. zugestellt worden ist, ist die Bezahlung der ab 21.10.1997 angefallenen Monteurstunden und gelieferten Materialien.
Wegen der Einzelheiten der Feststellungen des LG wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das LG hat aufgrund der Rüge seiner internationalen Zuständigkeit gem. § 280 Abs. 2 ZPO durch das angefochtene Zwischenurteil seine internationale Zuständigkeit vorab festgestellt und zur Begründung ausgeführt: Bei dem str. Rechtsverhältnis handele es sich um einen Werklieferungsvertrag, auf den das CISG (Übereinkommen der Vereinten Nationen über den internationalen Warenkauf) anwendbar sei. Zahlung- und Erfüllungsort sei mangels anderweitiger Vereinbarung gem. Art. 57 Abs. 1a CISG der Ort der Niederlassung des Verkäufers, also der Niederlassung der Klägerin in Düsseldorf. Diese könne daher gem. A...