Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtsstandsvereinbarung und Einbeziehung von AGB nach dem UN-Kaufrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Der Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die eine Regelung über den Gerichtsstand und den Erfüllungsort enthalten, auf der Auftragsbestätigung und der Rechnung erfüllt nicht die Anforderungen an eine Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 23 EuGVVO.
2. Die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in einen Vertrag, der dem CISG unterliegt, setzt voraus, dass diese der anderen Vertragspartei zur Kenntnis gebracht werden und diese mit ihrer Geltung einverstanden ist. Der nachträgliche Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen auf der Auftragsbestätigung und der Rechnung genügt hierfür nicht.
Normenkette
EuGVVO Art. 5 Nr. 1, Art. 23; CISG Art. 8-9
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 11.11.2010; Aktenzeichen 83 O 7/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11.11.2010 verkündetet Zwischenurteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 83 O 7/10 - abgeändert und die Klage als unzulässig abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 520.432,18 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin, eine Herstellerin von Aluminiumprodukten mit Sitz in Deutschland, nimmt die Beklagte, eine italienische Herstellerin von Isolier- und vorisolierten Paneelen sowie Luftkanalverkleidungen aus Bestellungen und Warenlieferungen aus 2008 auf Zahlung in Anspruch. Wegen der einzelnen Forderungen wird auf die Aufstellung in der Klageschrift (GA 4 f.) sowie die als Anlage MK 2 vorgelegten Bestellungen, Auftragsbestätigungen und Rechnungen Bezug genommen.
Die Parteien streiten u.a. über die internationale Zuständigkeit des angerufenen LG Köln. Die AGB der Klägerin enthalten in Nr. 14 eine Klausel, wonach Erfüllungsort das im Vertrag als vertragsausführend bezeichnete Werk und der Gerichtsstand Köln (Deutschland) ist. Die Klägerin verweist in ihren Auftragsbestätigungen auf ihre AGB, die auf der Rückseite abgedruckt sind. Im Januar 2008 trafen die Parteien, die schon zuvor in laufender Geschäftsbeziehung standen, eine von beiden Seiten unterzeichnete Vereinbarung über die Abrechnung vergangener Lieferungen und die Fortdauer der Lieferbeziehung in 2008. Der Spiegelstrich "Preise" endet mit "Supply conditions: as agreed in the past".
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 520.432,18 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 4.4.2009 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die internationale Zuständigkeit des LG Köln gerügt und sich auf Mängel und Gegenforderungen berufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Zwischenurteils Bezug genommen, durch welches das LG seine internationale Zuständigkeit festgestellt hat.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Das LG habe seine internationale Zuständigkeit zu Unrecht bejaht. Den Geschäften zwischen den Parteien hätten die AGB der Klägerin nicht zugrunde gelegen. Die Geschäftsbeziehung gehe auf das Jahr 1989/1990 zurück. Damals habe die Klägerin eine Zweigniederlassung in Mailand unterhalten, die W s. r. l., die ihren Namen später in G S. p. A.. geändert habe. Mit dieser hätten mehr als 15 Jahre vertragliche Beziehungen bestanden; alle Verträge seien in Italien abgeschlossen worden, Vertragssprache sei italienisch gewesen. Auf das Vertragsverhältnis sei von Anfang an italienisches Recht angewandt worden. Es sei nicht ersichtlich, dass die Parteien eine Änderung dieser Rechts- und Vertragssituation vorgenommen hätten. Deshalb lägen Erfüllungsort und Gerichtsstand in Italien. Der Hinweis der Klägerin in ihren AGB "supply conditions as agreed in the past" könne damit nur einen Hinweis auf die Anwendung italienischen Rechts bedeuten. Demgegenüber sei die Auslegung des LG, wonach hiermit auf die AGB der Klägerin verwiesen werde, rechtsfehlerhaft. Der Begriff "supply conditions" sei schon nur mit Lieferbedingungen, nicht dagegen mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu übersetzen. Zudem sei nicht nachvollziehbar, auf welche Lieferbedingungen und welchen Zeitpunkt in der Vergangenheit abgestellt werden solle.
Die Beklagte beantragt, das am 11.11.2010 verkündete Zwischenurteil des LG Köln - 83 O 7/10 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
hilfsweise
den Rechtsstreit auszusetzen und dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und rügt den nunmehrigen Tatsachenvortrag der Beklagten als verspätet.
Wegen der weiteren Einzelh...