Verfahrensgang

LG Mönchengladbach (Urteil vom 10.10.1985; Aktenzeichen 10 O 403/85)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegner gegen das am 10. Oktober 1985 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Antragsgegnern zur Last.

 

Tatbestand

Die zulässige Berufung der Antragsgegner hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht seinen Beschluß vom 19. August 1985 (Bl. 45/46 GA) aufrechterhalten und den Antragsgegnern entsprechend §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185, 186 StGB untersagt zu behaupten:

„Wesentlich ist offenbar nur die eigene Geldbörse, denn es ist erkennbar, daß diejenigen am lautesten von Privatisierung reden, die selbst den größten Vorteil davon haben.

Eine interessante Forderung der FDP ist die Privatisierung städtischer Ingenieurleistungen im Bereich des Hoch- und Tiefbaues. Es verwundert nicht, daß die neue „Architektengemeinschaft …” sich hier einig war. Die Frage, in wessen Interesse eine solche Maßnahme liegt, beantwortet sich von selbst. Bestimmt liegt sie nicht im Interesse der Bürger …”

I.

Für die Entscheidung über den Verfügungsantrag des Antragstellers, der im politischen Bereich Vorsitzender der … Fraktion im Rat der Stadt … und in beruflicher Hinsicht Mitgesellschafter der Firma … und …, Gesellschaft für Bauplanung, ist, sind die ordentlichen Gerichte und nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG die Arbeitsgerichte zuständig. Die Auseinandersetzung zwischen den Parteien über die Veröffentlichung des Info-Briefes (Bl. 10/11 und 91/92 GA) durch die Antragsgegner ist keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen einer tariffähigen Partei und einem Dritten aus einer unerlaubten Handlung, bei der es sich um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des damit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigung handelt. Die Vereinigungsfreiheit ist dann betroffen, wenn es darum geht, ob sich Arbeitnehmer zu einer Koalition zusammenschließen dürfen, oder wenn das Betätigungsrecht der Vereinigung im Zusammenhang mit der Vereinigungsfreiheit umstritten ist. Darunter fallen etwa der Streit um das Zutrittsrecht von Gewerkschaftsbeauftragten zum Betrieb, der Streit um die Art der Mitgliederwerbung einer Gewerkschaft in einem Betrieb oder der Streit, ob eine Gewerkschaft Anspruch darauf hat, ihre Vertrauensleute im Betrieb wählen zu lassen (vgl. Grunsky, ArbGG, 4. Aufl., Rdn. 71 zu § 2 ArbGG). In diesem Falle sind jedoch Fragen des Betätigungsrechts der Antragsgegner im Zusammenhang mit der Vereinigungsfreiheit nicht entscheidend. Der Antragsteller stellt nicht in Abrede, daß die Antragsgegner grundsätzlich Info-Briefe der hier vorliegenden Art verbreiten dürfen. Streit herrscht nur darüber, ob die Antragsgegner durch einige, eng eingegrenzte Äußerungen des an sich erlaubterweise veröffentlichten Info-Briefes rechtswidrig das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers verletzt haben. Die Auffassung der Antragsgegner läuft darauf hinaus, daß jede unerlaubte Handlung, die eine Gewerkschaft in Wahrnehmung der ihr obliegenden Aufgaben gegenüber dem „sozialen Gegenspieler” begeht, unter § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG fällt. Das widerspricht dem Wortlaut des Gesetzes. Dort sind nur zwei ganz bestimmte Fallgruppen von unerlaubten Handlungen dem Arbeitsgericht zugewiesen, nämlich nur solche, bei denen es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfes oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit handelt. Wenn jedes bestimmungsgemäße Handeln einer Gewerkschaft eine „Frage der Vereinigungsfreiheit” darstellte, wäre die erste Fallgruppe überflüssig, weil dann auch Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfes Fragen der Vereinigungsfreiheit wären. In Wirklichkeit sind Fragen der Vereinigungsfreiheit i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG nur dann betroffen, wenn die Parteien darüber streiten, ob ein bestimmtes Verhalten einer nach Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Vereinigung durch das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit gerechtfertigt ist (vgl. BAG 17, 218, 221). Streiten die Parteien jedoch – wie im vorliegenden Fall – darüber, ob eine Gewerkschaft unwahre rufschädigende Behauptungen über einen Dritten aufgestellt hat, so hat das mit der Vereinigungsfreiheit als solcher nichts zu tun. Gegenüber einem aus §§ 1004, 823 BGB hergeleiteten Unterlassungsanspruch kann der Grundsatz der Vereinigungsfreiheit der Gewerkschaft keine weiteren Rechte verleihen, als sie jedem anderen zustehen, der sich einem derartigen Anspruch ausgesetzt sieht.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antragsgegner zu 1) ist als nicht rechtsfähiger Verein gemäß § 50 Abs. 2 ZPO passiv parteifähig. Selbst die aktive Parteifähigkeit der Gewerkschaften ist für den Zivilprozeß heute (seit BGHZ 50, 325) allgemein anerkannt. Das gilt allerdings – im Gegensatz zum arbeitsgerichtlichen Verfahren – nicht für die Unterorganisationen der Gewerkschaften wie den Antragsgegner zu 1) als Kreisverwaltung (vgl. BGH in MDR 1972, 859 = LM Nr. 25 zu § 50 ZPO und zu alledem...

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