Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsschutzversicherung
Leitsatz (redaktionell)
Rechtliche Auseinandersetzungen aus einem Erbschaftskauf sind von dem Risikoausschluss „Erbrecht” in den Bedingungen der Rechtsschutzversicherungen nicht erfasst.
Normenkette
BGB § 320 ff.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 14.10.1998; Aktenzeichen 11 O 103/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. Oktober 1998 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger die ihm im Grundprozeß Landgericht Leipzig 2 O 563/96 entstandenen Anwaltsgebühren zu erstatten, weil der Risikoausschluß des § 4 Abs. 1 i) ARB 75, auf den sich die Beklagte ausschließlich stützt (Bl. 168), nicht eingreift und die von dem Kläger geltend gemachte Forderung auch der Höhe nach gerechtfertigt ist.
1.
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, werden rechtliche Auseinandersetzungen aus einem Erbschaftskauf, der auch ein Erbteilskauf sein kann, von dem Risikoausschluß der Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Bereich des Erbrechts (§ 4 Abs. 1 i) ARB 75) nicht erfaßt (Harbauer, ARB-Kommentar, 6. Aufl., § 4 ARB 75 Rn. 84). Erbrecht im Sinne des § 4 Abs. 1 i) ARB 75 meint die Gesamtheit der privatrechtlichen Vorschriften, die den Übergang des Vermögens eines Verstorbenen auf dessen Rechtsnachfolger sowie deren Verhältnis zueinander aufgrund der gemeinsamen Erbschaft regeln und vornehmlich – aber nicht ausschließlich – im Fünften Buch des BGB enthalten sind (Harbauer, a.a.O., § 4 ARB 75 Rn. 84). Deshalb werden von dem Ausschlußtatbestand grundsätzlich alle Ansprüche erfaßt, die spezifisch erbrechtlicher Natur sind. Als spezifisch erbrechtliche Bestimmungen können – ungeachtet ihrer Regelung im Fünften Buch des BGB – aber nicht die Vorschriften über den Erbschaftskauf angesehen werden, da diese – vom Formzwang (§ 2371 BGB) und den Regelungen über den Gläubigerschutz (§ 2382, 2383) abgesehen – grundsätzlich abdingbar und daher primär schuldrechtlicher Natur sind und ein Erbschaftskauf nicht nur unter Erben, sondern auch mit Dritten geschlossen werden kann. Demgemäß finden auch die Vorschriften über den Kaufvertrag sowie insbesondere die §§ 320 ff. BGB entsprechende Anwendung (Palandt/Edenhofer, BGB, 58. Aufl., Überbl v. 2371 Rn. 3). Deshalb kommt der Risikoausschluß bei Streitigkeiten aufgrund eines Erbteilskaufs nicht zum Tragen (Harbauer a.a.O.). Solche Auseinandersetzungen waren aber – entgegen der Auffassung der Beklagten – Gegenstand des Grundprozesses, in dem der Bruder des Klägers, der vormalige Kläger A. A., die Rückabwicklung bzw. hilfsweise die Erfüllung des zwischen dem Kläger und ihm sowie seiner Tochter, Frau K. L., am 2. November 1991 vor dem Notar Dr. S. geschlossenen Vertrages (UR.-Nr. …) (Bl. 8 ff.) begehrte.
a) Dem steht nicht entgegen, daß die Veräußerer – von dem dinglichen Vollzug abgesehen – in diesem Vertrag formal anerkannt haben, daß der Kläger sein gesetzliches Vorkaufsrecht als Miterbe (§ 2034 BGB) wirksam ausgeübt habe, nachdem sie – die Veräußerer – ihre Erbteile zunächst durch notariell beurkundeten Vertrag vom 8. Januar 1991 (Notar G., E., UR.-Nr. …) an Dritte verkauft hatten (Bl. 69 ff.). Zwar wird durch die Ausübung des Vorkaufsrechts an sich kein vertragliches, sondern ein gesetzliches Schuldverhältnis mit kaufvertraglichem Inhalt begründet (Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2034 Rn. 6). Gleichwohl hat der Kläger mit seiner Rechtsverteidigung im Grundprozeß rechtliche Interessen aus einem schuldrechtlichen Vertrag im Sinne des §.26 Abs. 4 ARB 75 wahrgenommen. Aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers, auf dessen Verständnis bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen abzustellen ist, besteht kein rechtlich relevanter Unterschied zwischen einem Kaufvertrag und einem kaufvertraglich geprägten gesetzlichen Schuldverhältnis, zumal das Vorkaufsrecht des Klägers auf dem Erbschaftskauf zwischen den Veräußerern und den ursprünglich vorgesehenen Erwerbern beruhte. Letztlich kommt es darauf aber nicht entscheidend an, weil es auch unabhängig davon gerechtfertigt ist, den Vertrag vom 2. November 1991 als von der Vereinbarung vom 8. Januar 1991 losgelösten eigenständigen Erbteilskauf zu behandeln, da die Vertragsparteien die in dem ursprünglichen Vertrag getroffenen Vereinbarungen umfänglich abgeändert haben, indem sie die Fälligkeit des Kaufpreises und dessen Verzinsung gänzlich neu geregelt, die Belastung des zum Nachlaß gehörenden Grundbesitzes zum Zwecke der Kaufpreisfinanzierung bewilligt, die Beteiligung des Klägers an den Kosten der Lastenfreistellung und an der Schadloshaltung der ursprünglichen Erwerber vorgesehen sowie die Beendigung der schwebenden gerichtlichen Verfahren und den Erwerb eines Nachlaßgrundstücks durch den Brude...