Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 02.11.2010; Aktenzeichen 4 O 243/09) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das am 02.11.2010 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 200.000,– EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.08.2009 zu zahlen.
2. Die Beklagte zu 1) wird weiter verurteilt, an den Kläger folgende Beträge zu zahlen:
- Verdienstausfall 119.600,– EUR;
- Fahrt- und Taxikosten 2.014,91 EUR
jeweils nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.08.2009.
3.
Die Klage auf Zahlung von Pflegekosten für die Unterbringung des Klägers im S. Altenpflegeheim D. im Zeitraum vom 28.12.2006 bis 30.09.2010 ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
4.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund der ärztlichen Fehlbehandlung im Hause der Beklagten zu 1) am 26.09.2006 künftig noch entstehen wird, soweit die entsprechenden Ansprüche des Klägers nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. noch übergehen werden.
5.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund der ärztlichen Fehlbehandlung im Hause der Beklagten zu 1) am 26.09.2006 künftig noch entstehen wird.
6.
Die Klage auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
7.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III.
Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3) verbleibt es bei der landgerichtlichen Entscheidung.
Die weitergehende Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte zu 1) darf die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
I.
Der am 24.05.1973 geborene Kläger, der als selbständiger Parkettleger berufstätig war, litt im September 2006 unter einer schmerzhaften Schwellung des rechten Kniegelenks. Er begab sich deshalb in die Behandlung der in Kiel niedergelassenen Ärztin Dr. J., die eine Bursitis praepatellaris diagnostizierte; sie verordnete ein Schmerzmittel und feuchte Umschläge; auch legte sie einen Heparin-Salbenverband an; außerdem empfahl sie eine Kühlung und Ruhigstellung des Gelenks. Da die Beschwerden anhielten, begab sich der Kläger am 23.09.2006 in die chirurgische Abteilung des S. Hospitals in D., dessen Trägerin die Beklagte zu 1) ist. Dort wurde er von dem als Oberarzt in der Klinik tätigen Beklagten zu 3) untersucht; dieser stellte eine erhebliche, bis in den Oberschenkel reichende Schwellung des Knies fest; die Beweglichkeit des Gelenks war nahezu aufgehoben; die Körpertemperatur lag bei 38,2 ° C, der CRP-Wert bei 28,5 mg/dl und die Leukozytenzahl bei 17.900; der Beklagte zu 3) diagnostizierte eine Bursitis praepatellaris mit einer phlegmonösen Entzündung; er nahm den Patienten stationär auf und verordnete neben einer Ruhigstellung des Beins mittels einer Schiene einen Würzburg-Tropf, einen Rivanolverband, eine Antibiose mit Clindamycin sowie eine Thrombose-Prophylaxe. Die konservative Therapie wurde bis zum 25.09.2006 fortgesetzt. An diesem Tag entschloss man sich wegen eines Anstiegs des CRP-Wertes auf 35,1 mg/dl zu einem operativen Eingreifen. Der Beklagte zu 2) führte als Chefarzt der Abteilung in pneumatischer Oberschenkelblutsperre eine Bursektomie durch, bei welcher sich rahmiger Eiter aus dem Gewebe entleerte; man entnahm einen Abstrich, spülte die Wunde mehrfach mit Betaisodonna oder Wasserstoffsuperoxyd und legte zwei Gummilaschendrainagen an. Postoperativ beobachtete man den Patienten 30 Minuten lang im Aufwachraum und verlegte ihn sodann auf eine allgemeine Station. In der folgenden Nacht meldete sich der Patient ausweislich der Dokumentation gegen 2.15 Uhr mit Kaltschweißigkeit und Tachykardie; von einer vorübergehenden Kopftieflagerung wurde wegen einer damit verbundenen Atemnot wieder abgesehen; zur Beruhigung verabreichte man eine Tablette Diazepam. Nach der morgendlichen Grundpflege gegen 6.45 Uhr kam es am 26.09.2006 plötzlich zu einer spontanen Luftnot und einem akuten Schockereignis. Man leitete Wiederbelebungsmaßnahmen ein und verlegte den Patienten auf die Intensivstation. Da man eine fulminante Lungenembolie vermutete, leitete man dort gegen 7.10 Uhr eine Lysetherapie ein; diese setzte man indes nach kurzer Zeit wieder ab, weil ergänzende Untersuchungen die Diagnose einer akuten respiratorischen insuffizienz auf dem Boden einer Sepsis (ARDS) ergaben. Der a...