Leitsatz (amtlich)
Verpflichtung des Auftragnehmers zur Ausstellung einer steuerrechtlichen Anforderungen genügenden Rechnung; Bindung des Architekten an eine die Mindestsätze unterschreitende Honorarvereinbarung; Ermittlung der anrechenbaren Kosten für die Honorarberechnung bei der Tragwerkplanung gem. § 62 Abs. 2 HOAI; Unkenntnis des Ingenieurs von den Herstellungskosten des Bauwerks; Auswirkungen behaupteter Mängel des Architektenwerkes auf den Honoraranspruch; Leistungen des Tragwerkplaners im Rahmen der Ausführungsplanung bei Änderung der Planung
- Eine aus steuerrechtlichen Gesichtspunkten unzureichende, da nicht eindeutig den Auftraggeber bezeichnende Schlussrechnung (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 UStG) hindert nicht die Prüffähigkeit der Honorarschlussrechnung des Architekten/Ingenieurs nach § 8 Abs. 1 HOAI und damit nicht die Fälligkeit des Honoraranspruchs. Wegen des Anspruchs auf Ausstellung einer ihn eindeutig als Rechnungsempfänger ausweisenden Rechnung, steht dem Auftraggeber ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB gegen die Honorarforderung zu.
- Zu den Voraussetzungen der Bindung des Architekten an eine die Mindestsätze unterschreitende Honorarvereinbarung; keine Bindung, wenn der Architekt sich wegen nachträglicher Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse von einer Pauschalhonorarvereinbarung lösen will, wofür der Architekt darlegungs- und beweispflichtig ist.
- Kann der Architekt/Ingenieur die anrechenbaren Kosten nicht oder nicht vollständig darlegen, weil er selbst nicht im Besitz der dafür erforderlichen Unterlagen ist und der Auftraggeber ihm vertragswidrig die erforderlichen Auskünfte und/oder die Herausgabe der Unterlagen verweigert, genügt er seiner Darlegungslast, wenn er aufgrund der ihm zugänglichen Unterlagen und Informationen den Anteil der anrechenbaren Kosten sorgfältig schätzt.
- Der Honoraranspruch des Architekten entfällt bei teilweise nicht erbrachter vertraglich geschuldeter Leistung nur dann, wenn der Tatbestand einer Regelung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts des BGB oder des werkvertraglichen Gewährleistungsrechts erfüllt ist, die den Verlust oder die Minderung der Honorarforderung als Rechtsfolge vorsieht.
- Planungsleistungen des Tragwerkplaners im Rahmen der Ausführungsplanung, die auf Verlangen des Auftraggeber infolge der von diesem veranlassten Änderung der Planung erbracht werden, ohne dass diese Änderung vom Auftragnehmer zu vertreten ist, stellen entsprechend der Auflistung der Besondere Leistungen bei den jeweiligen Leistungsbildern in § 64 Abs. 3 HOAI eine Besondere Leistung zu der Ausführungsplanung dar. Diese Einordnung als Besondere Leistung führt gem. § 5 Abs. 4 HOAI dazu, dass der Honoraranspruch von einer schriftlichen Honorarvereinbarung abhängt
Normenkette
HOAI § 8 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 4, § 62 Abs. 2, 4, § 64 Abs. 3; UStG § 14 Abs. 1 Nr. 2; BGB § 273
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 04.04.2007; Aktenzeichen 2b O 47/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4.4.2007 verkündete Urteil der 2b Zivilkammer - Einzelrichterin - des LG Düsseldorf - 2b O 47/05 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Unter Abweisung im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 10.482,56 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von 7924,30 EUR seit dem 19.6.2004 und von 2.558,26 EUR seit dem 10.3.2006 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 34 % und der Beklagten zu 66 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger, selbständiger Ingenieur, macht Honoraransprüche nach der HOAI für Ingenieurleistungen geltend, die er für die Beklagte, ein Hoch- und Tiefbauunternehmen, im Zusammenhang mit deren Bauvorhaben "A.II, D." erbracht hat. Bauherr dieses Bauvorhabens war der geschäftsführende Gesellschafter der Beklagten, P. T.
Auf eine Aufforderung der Beklagten gab der Kläger unter dem 21.1.2003 ein Honorarangebot für die Tragwerksplanung, den Schallschutz und Wärmeschutz ab, das mit einem Preis i.H.v. 9.000 EUR endete. Nach der Erklärung des Klägers setzte dieses jedoch voraus, dass aufgrund vorhandener Architektenpläne keine besonderen Schalpläne erforderlich seien. Telefonisch einigten sich die Parteien auf eine weitere Reduzierung der pauschalen Auftragssumme auf 8.750 EUR, wobei hiermit sämtliche Nebenkosten abgegolten werden sollten. Dies bestätigte die Beklagte mit Schreiben vom 10.2.2003, indem sie erklärte, sie beauftrage den Kläger mit der Anfertigung der Tragwerksplanung, dem Erstellen der Bewehrungspläne sowie den Nachweisen für den Brand-, Schall- und Wärmeschutz zu einem Pauschalpreis von netto 7.543,10 EUR = 8.750 EUR brutto unter Einschluss aller Nebenkosten.
In der Folgezeit änderte die Beklagte die Ausführung der Balkone mit der Konsequenz, dass die Balkone die Geschossdeckplatten und die Stützen über zwei Etagen neu zu bemessen und ...