Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz bei Verkehrsunfall: Nutzungsausfallentschädigung für einen unfallbeschädigten Oldtimer bei Gebrauchsmöglichkeit eines Zweitwagens
Leitsatz (amtlich)
1. Fehlt es an der Fühlbarkeit der Entbehrung der Nutzung eines Kraftfahrzeugs (hier: Oldtimer) wegen des Vorhandenseins eines adäquaten Zweitwagens, so besteht infolge eines Verkehrsunfalls kein Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls (Abgrenzung OLG Düsseldorf, 10.3.2008 - I-1 U 198/07, NJW 2008, 1964).
2. Der Auffälligkeitswert und das Fahrvergnügen eines Oldtimers (hier: Oldtimer-Sportwagen Marke Morgan Modell Plus 8 mit einer Erstzulassung aus dem Jahre 1975) stellen eine subjektive Wertschätzung dar, die sich einer Bemessung der Nutzungseinbußen nach objektiven Maßstäben entzieht.
Normenkette
BGB §§ 249, 251, 253 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Kleve (Urteil vom 09.03.2011) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 9.3.2011 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Kleve wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte als Folge eines Verkehrsunfalls, der sich am 26.4.2008 ereignet hat, dem Kläger Ersatz für den Nutzungsausfallzeitraum zu leisten hat, der er sich wegen einer über einjährigen Reparaturdauer seines Fahrzeuges ergab. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.
Betroffen ist ein Oldtimer-Sportwagen des Klägers Marke Morgan Modell Plus 8 mit einer Erstzulassung aus dem Jahre 1975. Nachdem der beauftragte Kfz-Sachverständige das Fahrzeug am 20.5.2008 besichtigt hatte, erstellte er unter dem Datum des 11.7.2008 sein Gutachten. Darin sind die Reparaturkosten mit 51.249,65 EUR netto, der differenzbesteuerte Wiederbeschaffungswert mit 65.000 EUR, der Restwertbrutto mit 19.000 EUR sowie die Reparaturdauer mit geschätzten sieben Wochen angegeben. Der Kläger, auf dessen Namen auch ein Pkw Mercedes-Benz E 200 Kompressor angemeldet ist, beauftragte Mitte August 2008 die Morgan-Werkstatt Koopmann in S ... mit der Instandsetzung des Fahrzeugs. Am 12.7.2009 gelangte der Kläger wieder in den Besitz des zwischenzeitlich reparierten Sportwagens. Während der Dauer der Instandsetzung war das Fahrzeug abgemeldet.
Der Kläger macht eine Nutzungsausfallentschädigung für 250 Tage (April bis Oktober) zu je 79 EUR, insgesamt also 19.750 EUR, geltend. Für weitere 162 Tage verlangt er Vorhaltekosten im Umfang von 26,36 EUR täglich, insgesamt also 4.270,32 EUR. Dazu hat der Kläger Folgendes behauptet: Er habe das Fahrzeug während der Dauer von 412 Tagen bei vorhandenem Nutzungswillen nicht in Gebrauch nehmen können. Vor dem Unfallereignis habe er das Fahrzeug für Fahrten zu diversen Einkaufsstätten, zu Ärzten, zu Verwandten und ähnlichen Alltagszielen eingesetzt. In seiner Eigenschaft als Mitglied des Morgan-Clubs Deutschland habe er während der Ausfallzeit an diversen Ausfahr- und Clubveranstaltungen nicht teilnehmen können. Vor dem Eintritt in den Ruhestand im Jahre 2002 sei er mit dem Wagen regelmäßig zu seiner Arbeitsstelle in D ... gefahren. Der Kläger hat im Hinblick auf eine Entscheidung des Senats vom 10.3.2008 zu dem Az.: I-1 U 198/07 (NJW 2008, 1964) die Ansicht vertreten, der Verzicht auf das spezielle Fahrgefühl in seinem Oldtimer-Sportwagen stelle einen Verlust von Gebrauchsvorteilen dar, der seinen Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung begründe.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 24.020,32 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.5.2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat darauf verwiesen, dass im Haushalt des Klägers neben dem auf ihn zugelassenen Pkw Mercedes Benz E 200 Kompressor auch noch ein auf seine Ehefrau zugelassener Pkw Nissan Micra vorhanden sei. Der Oldtimer-Sportwagen sei als reines Hobby-Fahrzeug zur Freizeitbeschäftigung anzusehen, bei welchem es nicht auf eine ständige Verfügbarkeit im Rahmen der eigenwirtschaftlichen Lebenshaltung angekommen sei. Fahrten, die der Kläger aus reinem Vergnügen und voller Stolz auf seinen schönen Oldtimer durchgeführt habe, seien als ein nicht entschädigungsfähiges Freizeitvergnügen anzusehen. Im Übrigen haben die Beklagten die Erforderlichkeit der Zeiträume in Abrede gestellt, die bis zur Fertigstellung des Kfz-Schadensgutachtens und bis zu der Instandsetzung des Fahrzeuges vergangen sind.
Durch die angefochtene Entscheidung hat das LG die Klage aus Rechtsgründen abgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Bei der Beschädigung von Kraftfahrzeugen sei Schutzgut die ständige Verfügbarkeit eines Pkw, welche durch die Anschaffung desselben erkauft wo...