Leitsatz (amtlich)
Die im Überweisungsverkehr beauftragte Empfängerbank verstößt gegen den Grundsatz der formalen Auftragsstrenge, wenn sie den überwiesenen Betrag einem Konto gutschreibt, dessen Inhaber in der Überweisung nicht bezeichnet ist, und die Bank nur geltend machen kann, dass dessen einzelkaufmännisch geführtes Handelsgeschäft im Rechtsverkehr eine Firma führt, deren Bezeichnung mit dem angegebenen Überweisungsempfänger identisch oder ähnlich sei.
Die aufgrund dessen weisungswidrig handelnde Bank hat die von ihr erlangte Deckung nach §§ 667, 675 BGB herauszugeben. Der Überweisende muss sich diesen Anspruch, sofern er eine von der Empfängerbank abweichende Bank beauftragt hat, von dieser abtreten lassen.
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 19.12.2002; Aktenzeichen 12 O 69/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19.12.2002 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Wuppertal abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15.562,87 Euro mit Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.5.2002 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist aus den mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erörterten Gründen begründet.
I. Die Klägerin geht – jedenfalls auch – aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte vor.
Die Abtretung von Ansprüchen der D.B. gegen die Beklagte war erstinstanzlich unstreitig. Im Berufungsrechtszug hat die Klägerin die Abtretungserklärung der D.B. vorgelegt (Bl. 145 GA), wodurch das einfache Bestreiten einer Abtretungsvereinbarung durch die Beklagte in der Berufungserwiderung prozessual nicht mehr erheblich sein kann. Konkrete Gründe, weshalb die Abtretung unwirksam oder fehlgeschlagen sein sollte, werden nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich.
II. Ein Anspruch aus abgetretenem Recht besteht nach dem vorgetragenen Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt des weisungswidrigen Handelns der Beklagten im Überweisungsverkehr. Unstreitig hat die Klägerin eine Überweisung in Auftrag gegeben, bei welcher die Beklagte als Empfängerbank bezeichnet worden ist; sie ist nach dem Wortlaut der Überweisung angewiesen worden, den Betrag dem angegebenen Konto von „Kfz-K.” gutzuschreiben, was jedoch tatsächlich nicht geschehen ist.
Vielmehr hat die Beklagte die Überweisung angenommen und eine entspr. Gutschrift auf dem Konto des D.K. verbucht. Sie ist der Auffassung, dass entscheidend für die Auslegung der Überweisung der angegebene Kontoinhaber sei und dies sei der von der Klägerin angegebene Empfänger „Kfz-K.”, weil hinter diesem Firmennamen D.K. stehe, auf dessen Namen das bei ihr geführte Konto unstr. lautet. Dass dieses Konto eine von den Angaben der Klägerin in der Überweisung abweichende Nummer habe, sei nach der Rspr. des BGH rechtlich unerheblich.
Mit diesem Verteidigungsvorbringen hat die Beklagte keinen Erfolg.
1. Im Überweisungsverkehr besteht zwischen den beteiligten Banken ein zweiseitiger selbständiger Geschäftsbesorgungsvertrag. Aufgrund dessen war auch hier die Beklagte als Empfängerbank ggü. der D.B. verpflichtet, die Weisungen des Überweisungsauftraggebers, der Klägerin, zu beachten und den Überweisungsauftrag ordnungsgemäß zu erfüllen, vorbehaltlich abweichender Weisungen der vorgeschalteten Bank, welche auch durch zwischen ihnen bestehende Abkommen, Vereinbarungen und Richtlinien (z.B. das Abkommen zum Überweisungsverkehr) Geltung erhalten konnten (Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Bd. I, 2. Aufl., § 49 Rz. 33).
Durch das Überweisungsgesetz vom 21.7.1999 ist das Überweisungsrecht neu geregelt worden. Die Regelungen in §§ 676a–676g BGB gelten nach Art. 228 Abs. 2 EGBGB seit dem 1.1.2002 auch für Inlandsüberweisungen, sofern nicht die Ausnahmen des Art. 228 Abs. 3 EGBGB eingreifen oder die in Art. 228 Abs. 4 EGBGB genannten Vorschriften vorgehen. Das Überweisungsgesetz ist daher auch auf den vorliegenden Fall anwendbar, da die hier zu beurteilende Anweisung vom 30.4.2002 stammt (vgl. Bl. 8 GA, wonach es sich offensichtlich um einen Ausdruck der im online-banking-Verfahren aufgenommenen und gespeicherten Datensätze = belegloser Überweisungsverkehr handelt).
2. Die Klägerin macht zu Recht geltend, dass die Beklagte die Gutschrift nicht auf dem Konto des D.K. vornehmen dufte, weil eine Auslegung des erteilten Überweisungsauftrags ergibt, dass D.K. nicht Empfänger der Gutschrift sein sollte.
Hiermit beruft sich die Klägerin berechtigterweise auf einen Verstoß der Beklagten gegen den Grundsatz der formalen Auftragsstrenge. Ein solcher Verstoß führt dazu, dass die Beklagte einen Aufwendungsersatzanspruch gegen ihre im Überweisungsverkehr tätige Vorgängerbank nicht erlangt hat. Hält sich die Bank nämlich nicht strikt an die ihr erteilten Weisungen, erwirbt sie keinen Vergütungsanspruch nach §§ 670, 675 BGB. Eine dennoch erlangte Deckung muss sie nach §§ 667, 675 BGB wieder herausgeben, und zwar ohne Rüc...