Leitsatz (amtlich)

1. § 252 Satz 2 BGB enthält eine § 287 ZPO (einschränkend) konkretisierende Beweiserleichterung für den Geschädigten dahingehen, dass dieser die Umstände darzulegen und gem. § 287 ZPO zu beweisen hat, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge die Wahrscheinlichkeit eines Gewinneintritts ergibt. Dabei dürfen einerseits keine zu strengen Anforderungen gestellt werden; andererseits müssen aber hinreichende Ausgangs-/Anknüpfungstatsachen vorgetragen werden, die eine Wahrscheinlichkeitsprognose bzw. eine Schadens- bzw. Gewinnschätzung nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge ermöglichen, so dass sie mangels greifbarer Anhaltspunkte nicht völlig in der Luft hängt.

2. Die Möglichkeit einer abstrakten Schadensberechnung gem. § 252 Satz 2 BGB im Sinne einer Vermutung auf Basis des gewöhnlichen Verlaufs der Dinge (im Handelsverkehr: Verkauf von Waren zum Marktpreis) gilt grundsätzlich nicht für Privatleute. Dementsprechend muss der geschädigte Privatmann einen durch ein entgangenes Geschäft entstandenen Schaden konkret dartun und berechnen. Bei einer besonders günstigen Veräußerungsmöglichkeit kann der Schädiger danach zwar im Einzelfall den vollständigen vom Geschädigten als Privatmann erzielbaren Erlös und nicht nur den objektiven Verkehrswert zu ersetzen haben. Im Rahmen dieser konkreten Schadensberechnung ist der Geschädigte indes dafür, dass ein über dem objektiven Verkehrswert liegender Preis erzielt worden wäre, beweispflichtig, wobei sich die Anforderungen an die Beweisführung nach § 287 ZPO richten.

3. § 252 BGB ist trotz seiner missverständlichen Formulierung ("gilt") keine materielle Begrenzung der Ersatzpflicht. Der Geschädigte kann im Rahmen der Adäquanz auch "nach ungewöhnlichem Verlauf der Dinge" entgangenen Gewinn ersetzt verlangen, wenn er den dafür erforderlichen vollen Beweis i.S.v. § 286 BGB erbringt.

4. Im Rahmen von § 252 BGB sind zwar unter Umständen auch nach dem Schadensereignis vom Geschädigten gefasste Entschlüsse berücksichtigungsfähig. Dies gilt aber dann nicht, wenn solche angeblichen Entschlüsse des Geschädigten (wovon hier nach dem Beweisergebnis auszugehen war) wesentlich darauf beruhen, über den Wiederbeschaffungswert des Kunstwerks hinausgehenden höheren Schadensersatz in Gestalt vermeintlich entgangenen Gewinns eines Privatverkaufs erlangen zu wollen.

5. An Darlegung und Nachweis der Wahrscheinlichkeit des Entgehens eines konkreten Geschäfts sind strenge Anforderungen zu stellen, um der Gefahr vorzubeugen, dass lediglich zum Zweck der Konstruktion von Schadensersatzansprüchen Verträge vorgeschoben werden.

 

Verfahrensgang

LG Krefeld (Urteil vom 12.09.2013; Aktenzeichen 3 O 128/11)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des LG Krefeld vom 12.9.2013 teilweise abgeändert und wie folgt neugefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden den Klägern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Die Entscheidung des LG beruht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

I. Es kann dahinstehen, ob die Kläger zur Geltendmachung der Klageforderung - soweit noch Gegenstand des Berufungsverfahrens - aktivlegitimiert sind.

II. Selbst wenn der Senat das Eigentum der Kläger am Kunstwerk im Schadenszeitpunkt (22.8.2010) unterstellt, steht ihnen ein Anspruch auf (weiteren Schadensersatz) i.H.v. 10.000 EUR nicht zu.

1. Gegen die Ausführungen des LG, dass sie für einen von ihnen - auf Basis des Privatgutachtens P. (7 ff. GA) behaupteten Wiederbeschaffungswert des Kunstwerks von 32.000 EUR beweisfällig geblieben sind und dieser - unter Würdigung der Ausführungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen Dr. Schlenke mit 17.000 EUR zu bemessen ist (d.h. mit dem Betrag, den die Haftpflichtversicherung des Beklagten unter Abzug eines Restwerts von 1.000 EUR bereits unstreitig an die Kläger gezahlt hat), erhebt in zweiter Instanz keine der beiden Parteien Einwände.

2. Die Berufung des Beklagten wendet sich indes mit Erfolg gegen die Annahme des LG, den Klägern stehe ein - über den vorstehenden, von beiden Parteien im Berufungsverfahren nicht angegriffenen Wiederbeschaffungswert - hinausgehender weiterer Betrag i.H.v. 10.000 EUR als Schadensersatz aus §§ 823, 249, 252 BGB zu.

a. Auch wenn die Kläger mit der Klageschrift die "Differenz der Wiederbeschaffungswerte" i.H.v. 14.000 EUR zwischen dem Privatgutachten Dr. P.(32.000 EUR, vgl. 7 GA) und dem Privatgutachten W. (17.000 EUR, vgl. 51 GA zzgl. 1.000 EUR Restwert) der Berechnung der Klageforderung zugrunde gelegt haben (vgl. 4 GA, dort zu 4. a), in erster Instanz den etwaigen Abschluss eines Kaufvertrages mit dem Beklagten (zum Kaufpreis von 28.000 EUR) zunächst für unerheblich gehalten haben (vgl. 65 GA) und sich erst später unter Bezugnahme ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?