Leitsatz (amtlich)
1. Ist der Auftraggeber vertraglich zum Bereitstellen von Planungsunterlagen für Gerüstbauarbeiten gegenüber dem Auftragnehmer verpflichtet, verletzt der fachlich qualifizierte Auftragnehmer keine Prüfungs- und Hinweispflicht, wenn er das Fehlen eines Standsicherheitshinweises nicht bemängelt, da in einem solchen Fall die Statik vom Auftraggeber in entsprechende Planungsunterlagen einzuarbeiten ist.
2. Für Vorhaltekosten von Gerüsten, die sich aus einer Überschreitung der Einsatzzeit von zehn Wochen ergeben, finden mietrechtliche Bestimmungen dann keine Anwendung, wenn die Vertragsparteien die VOB/C vereinbart und hinsichtlich der Abrechnung für nicht gesondert aufgeführte Leistungen ausdrücklich auf die VOB/C DIN 18451 verwiesen haben. Bei fortgesetzter Benutzung wird das jeweilige Entgelt "konkludent" wochenweise geschuldet.
Normenkette
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1; VOB/B § 2 Nrn. 5-7, 7 S. 4, § 3 Nr. 3, § 4 Nr. 3, § 6 Nr. 6, § 16 Nr. 5 Abs. 3; BGB §§ 631, 642, 133, 157, 288, 291
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Entscheidung vom 31.05.2007; Aktenzeichen 1 O 215/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31.05.2007 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal (1 O 215/06) unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 22.061,49 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2004 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.
Die Kosten der ersten Instanz tragen die Beklagte zu 48 % und die Klägerin zu 52 %; die Kosten infolge der Verweisung an das Landgericht Wuppertal trägt die Klägerin allein.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden der Beklagten zu 75 % und der Klägerin zu 25 % auferlegt.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des jeweiligen Gegners gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.
4.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klägerin ist eine Gerüstbaufirma. Sie hat der Beklagten für deren Bauvorhaben ...straße in D... Gerüste gestellt und aufgebaut. Der Hauptauftrag dazu wurde am 13. September 2001 erteilt. In der Folgezeit kam es zu einigen Erweiterungen, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob es sich insoweit um zusätzliche Aufträge handelt. Unstreitig wurde die Geltung der VOB/B sowie die VOB/C vereinbart.
Unter dem 14.06.2002 hat die Klägerin ihre Schlussrechnung über sämtliche Arbeiten in Höhe von insgesamt 62.248,12 € erteilt. Die Beklagte kam nach Prüfung der Rechnung zu dem Ergebnis, es bestehe lediglich eine Restforderung in Höhe von 24.465,02 € (brutto), worauf bereits 18.654,10 € gezahlt seien. Der verbleibende Betrag sei allerdings nicht mehr zu zahlen, weil ihr Schadensersatzansprüche zustehen würden.
Die Klägerin hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit zunächst auf Zahlung von 47.302,04 € in Anspruch genommen. Nach Hinweis der Beklagten, es seien nicht nur 14.946,08 €, sondern weitere 3.708,02 € gezahlt worden, hat die Klägerin die Klage insoweit zurückgenommen und nur noch die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 43.594,02 € nebst Zinsen begehrt.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 31.05.2007 - auf dessen tatbestandlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs.1 Nr. 1 ZPO wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird - nach Durchführung einer Beweisaufnahme und Anhörung der Geschäftsführer der Parteien (Protokoll vom 02.05.2007) der Klage in Höhe von 28.933,54 € stattgegeben.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, mit der sie u.a. rügt, das Landgericht habe zu Unrecht auf die gemäß den Schlussrechnungspositionen 1.4., 1.6., 8., 1.1.1., 1.5.1., 2.1., 6.1. und 14.1. geltend gemachten Vorhaltekosten Werkvertragsrecht angewendet. Tatsächlich sei die Berechtigung von Vorhaltekosten eines errichteten Gerüstes ausschließlich nach Mietrecht zu beurteilen. Die Klägerin habe aber zu mietrechtlichen Anspruchsgrundlagen nichts vorgetragen, weshalb das Landgericht ihr Kosten für die Vorhaltung der Gerüste auf der Baustelle nicht habe zusprechen dürfen. Hilfsweise rüge sie, dass auch kein Anspruch nach § 6 Nr. 6, § 2 Nr. 5 VOB/B bzw. 642 BGB gegeben sei.
Auch die fehlende Statik, die die Klägerin geschuldet habe, bzw. die darauf beruhenden Verzögerungen hätten sich auf die Standzeiten zu ihren Lasten ausgewirkt. Gemäß § 3 Nr. 3 VOB/B bzw. nach § 4 Nr. 3 VOB/B hätte die Klägerin wegen der Statik eine Prüfungs- und Hinweispflicht getroffen. Dieses habe die Klägerin nicht erfüllt. Eine Pflicht zur Prüfung und Anmeldung von Bedenken ergebe sich auch aus der ATV DIN 18504 Ziffer 3.2. Zumindest treffe die Klägerin aus diesen Gründen aber ein Mitverschulden.
Hinsichtlich der Leistungen...