Leitsatz (amtlich)
Bei einem Verbraucherdarlehen ist § 490 BGB neben § 498 BGB anwendbar.
Normenkette
BGB §§ 490, 498
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 08.02.2005; Aktenzeichen 6 O 223/04) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 8.2.2005 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Zum Sachverhalt wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit folgenden Änderungen Bezug genommen. Die Klägerin schrieb den Beklagten entsprechend den mit der Anlage K 3 (Bl. 21 GA) vorgelegten Computerausdrucken an. Der Zugang dieser Schreiben ist unstreitig. Der Beklagte ist lediglich der Auffassung, dass diese Schreiben den Anforderungen an eine Mahnung nicht genügten.
Mit seiner Berufung gegen das der Klage stattgebende Urteil verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter. Er macht geltend: Fehlerhaft habe das LG übersehen, dass die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes und § 498 BGB n.F. Spezialregelungen darstellten, und später eingetretene wirtschaftliche Umstände rückwirkend auf den Zeitpunkt der Kündigung bezogen. § 490 BGB n.F. sei nach Sinn und Zweck des §§ 12 VerbrKrG, 498 BGB n.F. einschränkend auszulegen. Diese Regelungen könnten nicht durch eine Anwendung des § 490 BGB n.F. "ausgehebelt" werden. § 490 BGB n.F. dürfe nicht ohne Berücksichtigung der Regelung in § 498 BGB n.F. Anwendung finden. Daher hätte zumindest eine Mahnung nach § 498 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. vor Ausspruch der Kündigung erfolgen müssen. Überdies habe bei der Kündigung ein Grund i.S.d. § 490 Abs. 1 BGB n.F. nicht vorgelegen. Allein der mit seinem Schreiben vom 6.2.2004 dargestellte Liquiditätsengpass von fünf weiteren Monaten habe die Annahme einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse nicht begründet. Denn selbst wenn man einen Verzug von sieben Monatsraten im Zeitpunkt der Kündigung annehmen würde, hätte die Summe des Rückstandes nicht 5 % des Nominaldarlehens erreicht.
Der Beklagte beantragt, abändernd, unter Aufhebung des Urteils des LG Düsseldorf vom 8.2.2005 - 6 O 223/04 -, die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt mit der Maßgabe, dass Zinsen erst ab dem 16.3.2004 verlangt werden und die Klage im Übrigen zurückgenommen werde, die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert: Wie sich aus dem eigenen Schreiben des Beklagten vom 6.2.2004 ergebe, hätten die Voraussetzungen des § 490 BGB im Zeitpunkt der Kündigung vorgelegen. Die dort vom Beklagten gewünschte kurze Überbrückungsphase von maximal fünf Monatsraten sei im März 2004 bereits verstrichen gewesen. Die Folgezeit habe bestätigt, dass es sich nicht nur um eine vorübergehende Vermögensverschlechterung gehandelt habe. Denn der Beklagte habe - wie unstreitig ist - bis heute weder Zahlungen auf den Rückstand geleistet noch monatliche Zahlungen wieder aufgenommen.
Mit der Berufungserwiderung und mit weiteren Schriftsätzen vom 14.7.2005 und 9.8.2005 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vorsorglich weitere fristlose Kündigungen ausgesprochen, die der Beklagte zurückgewiesen hat.
Der Beklagte stimmt der teilweisen Klagerücknahme zu.
Wegen des Weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die nachfolgenden tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung des Beklagten hat in dem nach wirksamer Teilklagerücknahme noch zur Entscheidung anstehenden Umfang keinen Erfolg. Die Klage ist in ihrem aufrechterhaltenen Teil begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 189.306,38 EUR aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB nebst Zinsen ab dem 16.3.2004.
1. Der Rechtsstreit ist nach §§ 488 ff. BGB in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung zu entscheiden (Art. 229 § 5 Sätze 1und 2 EGBGB).
2. Der Darlehensrückzahlungsanspruch ist fällig. Das Darlehen ist wirksam gekündigt.
a) Bereits mit ihrem Kündigungsschreiben vom 12.3.2004 hat die Klägerin den Darlehensvertrag wirksam aus wichtigem Grund gekündigt. Denn bereits zu diesem Zeitpunkt lagen die Voraussetzungen des § 490 BGB vor.
aa) Ob § 490 BGB auch bei einem Verbraucherdarlehen neben § 498 BGB anwendbar bleibt, wird nicht einheitlich beantwortet.
Habersack (Habersack in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 498 Rz. 22; i.E., allerdings ohne Begründung, ebenso Jauernig, BGB, 11. Aufl., § 498 Rz. 10) vertritt im Hinblick auf den Zweck des § 498 BGB, die Zulässigkeit der Gesamtfälligstellung während einer Krise des Darlehensnehmers von der Erfüllung qualifizierter Voraussetzungen abhängig zu machen, die Auffassung, dass im Anwendungsbereich dieser Vorschrift eine auf § 490 Abs. 1 BGB gründende Kündigung...