Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 23.05.2014; Aktenzeichen 16 O 454/10)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 23.05.2014 unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung des Klägers und der Anschlussberufung der Beklagten teilweise abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld i.H.v. 10.000 EUR zu zahlen.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 86.318,52 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.02.2011 zu zahlen.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.999,32 EUR zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden, die dem Kläger aus dem Verkehrsunfall vom 23.01.2006 auf der Bundesautobahn 57 entstehen werden, zu ersetzen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um materiellen und immateriellen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 23.01.2006 auf der BAB 57 in Fahrtrichtung Köln zwischen dem Autobahndreieck Neuss und der Abfahrt Neuss-Norf ereignet hat. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist im Wesentlichen unstreitig. Der Kläger hat in erster Instanz ein Schmerzensgeld i.H.v. mindestens 5.000 EUR begehrt, da er bei dem Unfall eine HWS-Distorsion zweiten Grades erlitten habe, die sich zu einem chronisch neuropathischen Schmerzsyndrom entwickelt habe, auch leide er an unfallbedingten psychischen Beeinträchtigungen (insbesondere Angstzuständen und Depressionen). An materiellen Schäden hat der Kläger in erster Instanz Verdienstausfall bis 2010 geltend gemacht und darüber hinaus weitere Positionen (u.a. Verlust des Dienstwagens, Wegfall der vermögenswirksamen Leistungen, Arzneimittel- und Fahrtkosten) verlangt.

Das LG hat dem Kläger ein Schmerzensgeld i.H.v. 10.000 EUR zugesprochen und die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 4.200 EUR als Ausgleich für die materiellen Schäden verurteilt. Darüber hinaus hat es anteilige vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zugesprochen und dem Feststellungsantrag stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagten für die Unfallfolgen zu 100 % einzustehen hätten, weil der Beklagte zu 1) bei dem von ihm vorgenommenen Fahrstreifenwechsel die Sorgfaltspflichten des § 5 Abs. 4 S. 4 StVO nicht beachtet habe. Ob der Unfall für den Kläger unabwendbar im Sinne von § 17 Abs. 3 S. 1 StVG gewesen sei, könne dahinstehen, da der schuldhafte Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1) im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs. 1 StVG zur Alleinhaftung der Beklagten führe. Aufgrund der überzeugenden Ausführungen des orthopädischen Sachverständigen Dr. med. V. stehe im Sinne des § 286 Abs. 1 ZPO fest, dass der Kläger bei dem Unfall eine HWS-Distorsion I. Grades erlitten habe. Wenngleich sich der Schweregrad II (mittelschwer) nicht feststellen lasse, seien dem Sachverständigen zufolge die vorliegenden Befunde und die Untersuchung des Klägers unter Berücksichtigung der bei dem Unfall entstandenen Belastungen zwanglos mit dem Schweregrad I (leicht) vereinbar. Weitere darüber hinausgehende physische Beeinträchtigungen seien weder nachgewiesen noch wahrscheinlich. Unter Berücksichtigung der überzeugenden Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Dr. med. G. lasse sich feststellen, dass es angesichts der bei dem Kläger ohne Krankheitswert vorliegenden anakastischen Persönlichkeitsakzentuierungen aufgrund des Unfallgeschehens und der dabei erlittenen Verletzung zu einer Anpassungsstörung gekommen sei, die mittlerweile zu einer chronifizierten Depression geführt habe. Ein sich daraus ergebender Anspruch sei - so das LG - nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei den Folgen um eine unangemessene Verarbeitung eines Bagatellunfalls handele, vielmehr erstrecke sich der Zurechnungszusammenhang unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch auf die neurotische Fehlverarbeitung einer HWS-Distorsion, soweit die Primärverletzung - wie hier - nicht völlig geringfügig sei. Angemessen sei angesichts der im Rahmen der Erlebnisverarbeitung hervorgerufenen ganz erheblichen psychischen Folgeerscheinungen ein Schmerzensgeld i.H.v. 10.000 EUR. Hinsichtlich des materiellen Schadens scheitere ein Anspruch auf Verdienstausfall daran, dass der gesamte diesbezügliche Vortrag nicht nachvollziehbar sei, worauf die Beklagten zutreffend hingewiesen hätten. Trotz der Einräumung einer Replikfrist, deren Verlängerung und des Hinweises der Kammer darauf, dass die Replik bis zum Zeitpunkt der Terminierung nicht vorgelegen habe, habe d...

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