Leitsatz (amtlich)
1. Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Mobilfunkanbieters, in denen für die
- Auflösung des Kundenkontos mit gleichzeitiger Abschlussrechnung,
- Änderung des Zahlungsmodus,
- Deaktivierung eines Anschlusses beim Netzbetreiber und
- Deaktivierung der Mailbox
ein Entgelt gefordert wird, sind gem. § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG oder § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F. unwirksam.
2. Eine Klausel, mit der eine bestimmte „Bearbeitungsgebühr für Rücklastschrift” gefordert wird, ist gem. § 11 Nr. 5 lit. b) AGBG oder § 309 Nr. 5 lit. b) BGB n.F. unwirksam.
3. Zur Unwirksamkeit eines Änderungs- und Irrtumsvorbehaltes in Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Normenkette
AGBG § 9 Abs. 1; AGBG § Abs. 2 Nr. 1; AGBG § 11 Nr. 5 lit. b); BGB § 307 Abs. 1, § Abs. 2 Nr. 1, § 309 Nr. 5 lit. b)
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 12 O 506/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 11.7.2001 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Düsseldorf – 12 O 506/00 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig und begründet.
1. Die ursprünglich nach §§ 13 Abs. 2 S. 1, 22a AGBG zu beurteilende Klagebefugnis des Klägers steht auch unter Berücksichtigung der nunmehr anzuwendenden §§ 3, 4, 16 Abs. 1 und 4 UKlaG außer Frage. Im Ergebnis gleiches gilt für das Rechtsschutzinteresse.
2. Die Klage ist auch begründet.
In der Rechtsprechung des BGH (vgl. nur BGH v. 13.7.1994 – IV ZR 107/93, BGHZ 127, 35 [37] = MDR 1995, 47) ist anerkannt, dass mit der Verbandsklage nicht nur die Unterlassung der beanstandeten Klausel beim künftigen Abschluss neuer Verträge verlangt werden kann, sondern der Kläger – wie im vorliegenden Rechtsstreit auch beantragt worden ist – den Verwender gleichzeitig darauf in Anspruch nehmen kann, es zu unterlassen, sich bei der Abwicklung bereits geschlossener Verträge auf die Klausel zu berufen. Daher sind Prüfungsmaßstab bei der Inhaltskontrolle der klagegegenständlichen Klauseln sowohl die §§ 8 ff. AGBG, die auf vor dem 1.1.2002 entstandene Schuldverhältnisse – bei Dauerschuldverhältnissen wie hier allerdings nur bis zum 31.12.2002 – weiter anzuwenden sind, als auch die §§ 307 ff. BGB (Vorschriften des BGB sind solche in der ab 1.1.2002 geltenden Fassung), die die §§ 8 ff. AGBG mit Wirkung vom 1.1.2002 abgelöst haben (vgl. Art. 229 § 5 EGBGB). Dies wirkt sich indes bei der rechtlichen Beurteilung nicht aus, da die §§ 8 ff. AGBG und die §§ 307 ff. BGB im Wesentlichen inhaltsgleich sind.
Bei den angegriffenen Entgeltklauseln handelt es sich um preisregelnde Bestimmungen, die trotz §§ 8 AGBG, 307 Abs. 3 S. 1 BGB der Inhaltskontrolle unterliegen. Die bloße Einstellung einer Klausel in ein Regelwerk, das Preise für Einzelleistungen bei der Vertragsabwicklung festlegt, führt noch nicht dazu, die Klausel ohne weiteres der Inhaltskontrolle zu entziehen. Vielmehr verlangen §§ 8 AGBG, 307 Abs. 3 S. 1 BGB stets eine Prüfung, ob die Klausel Rechtsvorschriften ändert oder ergänzt. Dabei ist zu bedenken, dass der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Entgelte nur für Leistungen verlangen kann, die er auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbringt. Daraus folgt, dass jede Entgeltregelung, die sich nicht auf eine solche Leistung stützt, sondern Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten oder für Zwecke des Verwenders abzuwälzen versucht, eine Abweichung von Rechtsvorschriften darstellt und deshalb sowohl der Inhaltskontrolle unterliegt als auch gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG (= 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) verstößt. Auch dies entspricht der st. Rspr. des BGH (vgl. BGH v. 21.10.1997 – XI ZR 5/97, BGHZ 137, 43 [45 f.] = MDR 1998, 171 = WM 1997, 2298 [2299]; v. 18.5.1999 – XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380 [385 f.] = MDR 1999, 1147 = WM 1999, 1271 [1272]; v. 13.2.2001 – XI ZR 197/00, BGHZ 146, 377 [380 f.] = MDR 2001, 639 = BGHReport 2001, 293 = WM 2001, 563 [564]; WM 2002, 1355 [1356 f.]).
Ist ein Anspruch auf Ersatz anfallender Kosten nicht im Gesetz vorgesehen, können mithin diese Kosten nicht auf Dritte abgewälzt werden, indem gesetzlich auferlegte Aufgaben in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu individuellen Dienstleistungen ggü. Vertragspartnern erklärt werden; der Begriff der Leistung steht nämlich nicht zur Disposition des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. BGH v. 18.5.1999 – XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380 [383] = MDR 1999, 1147 = WM 1999, 1271 [1272]; WM 2002, 1355 [1356]).
Nach diesen Grundsätzen halten die streitigen Entgeltklauseln der gerichtlichen Inhaltskontrolle nicht stand. Auch hinsichtlich des weiter angegriffenen Änderungsund Irrtumsvorbehalts ist die Klage begründet.
a) Die Klausel
„Auflösung des Kundenkontos mit gleichzeitiger Abschlussrechnung einmalig 29,95 DM”
ist gem. § 9 Abs. 1, 2 Nr. 1 AGBG § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
Ein Anspruc...