Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 9 O 167/22) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 22.03.2023 teilweise geändert und dahingehend neu gefasst, dass das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 04.10.2022 vollständig aufrecht erhalten bleibt.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Beklagte.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines Autokaufes.
Die Klägerin erwarb von dem Beklagten, einem Gebrauchtwagenhändler, am 21.05.2022 einen gebrauchten Seat Leon zu einem Kaufpreis von 5.600,00 EUR. Das Fahrzeug wurde der Klägerin am 31.05.2022 übergeben.
Bei einer Fahrt am 05.06.2022 qualmte das Fahrzeug stark und verlor an Leistung, woraufhin die Klägerin anhielt. In Absprache mit dem Beklagten wurde das Fahrzeug durch ein Abschleppunternehmen zum Beklagten gebracht. Die dafür vom Abschleppunternehmen in Rechnung gestellten 600,00 EUR zahlte die Klägerin. Zwei Tage später, am 07.06.2022, trat bei einem Treffen der Parteien am Betriebssitz des Beklagten erneut starker Qualm beim Starten des Fahrzeugs auf. Auf Nachfrage der Klägerin nach einer Reparatur und dem Hinweis, dass sie das Kraftfahrzeug u.a. aufgrund ihrer beiden Kinder dringend benötige, erklärte sich der Beklagte am gleichen Tag mit der Untersuchung und einer gegebenenfalls erforderlichen Reparatur einverstanden.
Mit Anwaltsschreiben vom 15.06.2022 (Anlage K 4) forderte die Klägerin den Beklagten zur Reparatur des Fahrzeugs bis spätestens zum 28.06.2022 und zur Zahlung der Abschleppkosten auf. Das Schreiben erhielt der Beklagte am 21.06.2022 (vgl. Anlage K 10). Nach Ablauf der Frist erklärte die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 30.06.2022 den Rücktritt vom Vertrag. Zugleich forderte sie den Beklagten auf, den Kaufpreis und die Abschleppkosten Zug um Zug gegen Rückgabe der Fahrzeugpapiere bis zum 08.07.2022 zu zahlen.
Das Landgericht hat im schriftlichen Vorverfahren gegen den Beklagten am 04.01.2022 ein Versäumnisurteil erlassen (Bl. 15 GA-LG), gegen das er fristgerecht Einspruch einlegt hat. Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Abschleppkosten hat der Beklagte die Klageforderung anerkannt (Bl. 20 GA-LG) und im Übrigen eingewandt, die mit Schreiben vom 15.06.2022 gesetzte Frist sei unangemessen kurz gewesen. Tatsächlich sei das Fahrzeug am 05.07.2022 repariert und abholbereit gewesen, was der Klägerin per SMS am 04.07.2022 mitgeteilt worden sei.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht das Versäumnisurteil vom 04.10.2022 insoweit aufrechterhalten, als der Beklagte zur Zahlung von 600,00 EUR an die Klägerin nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.07.2022 verurteilt worden ist. Im Übrigen hat es das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe dem Beklagten keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt. Eine angemessene Nachfrist sei nicht abgelaufen gewesen, bevor der Beklagte der Klägerin angezeigt habe, dass die Nacherfüllung abgeschlossen und der PKW abholbereit sei. Auf die tatsächlichen Feststellungen in diesem Urteil wird Bezug genommen (§ 540 ZPO).
Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, soweit das Versäumnisurteil aufgehoben und ihre Klage abgewiesen worden ist. Sie wirft dem Landgericht vor, die Frage der Angemessenheit der Frist vor dem Hintergrund der Regelung in § 475d Abs. 1 Nr. 1 BGB falsch beurteilt zu haben. Der Beklagte verteidigt das Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags.
II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
1. Die Klägerin kann vom Beklagten Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung des oben genannten Kraftfahrzeugs und gegen Rückgabe der Fahrzeugpapiere nach §§ 434, 437 Nr. 2 Alt. 1, 475d Abs. 1 Nr. 1, 346 Abs. 1 BGB verlangen.
Die Klägerin ist wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.
a) Aus den vom Landgericht zutreffend dargelegten Gründen wies das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Übergabe einen Sachmangel im Sinne des § 434 BGB auf. Zu Gunsten der Klägerin greift die gesetzliche Vermutung, dass die Anlage zum Motorschaden bei dem Fahrzeug bereits zum Zeitpunkt der Übergabe der Kaufsache am 31.05.2022 bestand (§ 477 BGB). Das vorliegende Rechtsgeschäft ist ein Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 Abs. 1 BGB. Der Beklagte ist Unternehmer, weil er den Gebrauchtwagen im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit verkauft hat. Dies hat der Beklagte - auch wenn der Kaufvertrag als "Privat-Kaufvertrag" überschrieben ist - auch nicht in Frage gestellt. Die Klägerin ist Verbraucherin.
b) Der Rücktritt ist nicht ausgeschlossen. Der im Kauvertrag enthaltene Ausschluss jeglicher Gewährleistung ("Ausdrücklich gibt es keine Gewährleistung...") ist bei einem Verbrauchsgüterkauf, wie er hier vorliegt, nach § 474 Abs. 1 BG...