Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 5 O 140/15) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 17.11.2017 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal - Einzelrichterin - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 4.021,25 nebst Zinsen iHvon fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.06.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 91% und die Beklagte zu 9%. Die Kosten der Berufung tragen der Kläger zu 23% und die Beklagte zu 77%.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 17.11.2017 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal - Einzelrichterin - ist zulässig und hat teilweise, namentlich iHvon EUR 1.200,34 nebst Zinsen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Die Berufung wendet sich im Ergebnis ohne Erfolg gegen die Feststellung des Landgerichts, dass das dem Kläger aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung zustehende Widerspruchsrecht im Zeitpunkt der Ausübung am 30.10.2012 nicht verwirkt war.
Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. BGH v. 12.07.2016, XI ZR 564/15, Rn. 60 mwN, juris).
Noch zutreffend weist die Berufung darauf hin, dass auch im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung eine Verwirkung in Betracht kommen kann (vgl. BGH v. 27.01.2016, IV ZR 130/15, Rn. 14 + 16, juris). Nach der Rechtsprechung kann der Versicherer ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Versicherungsvertrages dann nicht in Anspruch nehmen, wenn er die Situation durch eine nicht ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung herbeigeführt hat, indem er dem Versicherungsnehmer keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (so in BGH v. 23.03.2016, IV ZR 329/15, Rn. 23, juris; v. 01.06.2016, IV ZR 482/14, Rn. 22, juris; v. 11.11.2015, IV ZR 513/14, Rn. 27, juris; v. 29.07.2015, IV ZR 448/14, Rn. 29, juris; v. 29.07.2014, IV ZR 384/14, Rn. 31, juris; v. 07.05.2014, IV ZR 76/11, Rn. 39f, juris). Allerdings hat der BGH auch ausgeführt, dass es der tatrichterlichen Beurteilung vorbehalten bleibt, ob ausnahmsweise ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers angenommen werden kann, wenn besonders gravierende Umstände hinzutreten, etwa wenn sich das Verhalten des Versicherungsnehmers als widersprüchlich darstellt und bei dem Versicherer - für den Versicherungsnehmer erkennbar - ein schutzwürdiges Vertrauen in den unbedingten Bestand des Vertrages begründet; dann ist die Ausübung des zeitlich unbefristeten Widerspruchsrechts rechtsmissbräuchlich und ein bereicherungsrechtlicher Rückabwicklungsanspruch ausgeschlossen (vgl. BGH v. 01.06.2016, IV ZR 482/14, Rn. 24; v. 27.01.2016, IV ZR 130/15, Rn. 16, juris). Derartige besonders gravierende Umstände können im vorliegenden Fall jedoch nicht festgestellt werden.
Besonders gravierende Umstände in diesem Sinne liegen nach Auffassung des BGH vor in einem Fall, in welchem der Versicherungsnehmer bereits zwei Monate nach Erhalt des Versicherungsscheins seine Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag als Sicherheit für ein Darlehn an eine Bank abgetreten und nach Prämienzahlung über mehr als acht Jahre ein weiteres Mal an eine Bank zur Sicherung der Ansprüche aus einem Kreditvertrag abgetreten hatte; die Abtretung umfasste jeweils auch die Todesfallleistung; aufgrund des dort bestehenden engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung sowie die Abtretung auch der Todesfallleistung wurde nach den Ausführungen des BGH bei dem Versicherer ein schutzwürdiges Vertrauen in den unbedingten Bestand des Vertrages begründet, wobei die vertrauensbegründende Wirkung für den Versicherungsnehmer auch erkennbar war (vgl. BGH v. 27.01.2016, IV ZR 130/15, Rn. 16 mwN, juris). Nach Auffassung des 4. Zivilsenats des OLG Düsseldorf ist dem Versicherungsnehmer in aller Regel auch dann, wenn die Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag lediglich einmalig zeitnah zum Abschluss des Lebensversicherungsvertrages abgetreten wurden und der Vertrag über viele Jahre bedient wurde, gemäß § 242 BGB die Rückabwicklung des Vertrages verwehrt (vgl. OLG Düsseldorf v. 28.11.2016, 4 U 150/16). Der 24....