Leitsatz (amtlich)
1. Die von der Rechtsprechung für die Rückforderung eines materiell-rechtlichen Vorschusses aus § 637 BGB entwickelten Grundsätze zu dem für dessen Verwendung angemessenen Zeitraum und dessen Abrechnungsreife sind auf die Rückforderung eines vollstreckungsrechtlichen Vorschusses gem. § 887 Abs. 2 ZPO nicht ohne weiteres anwendbar.
2. Eine abweichende Beurteilung der Abrechnungsreife kann sich auch aus dem Zeitraum zwischen der erstmaligen Mangelfeststellung bis zur Beitreibung des Vorschusses ergeben.
3. Der Zeitraum, der im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens dem privaten Bauherrn als Vollstreckungsgläubiger zur notwendigen Erforschung und Feststellung der Ursachen sowie zur Behebung von Abdichtungsmängeln des Kellers eines Wohnhauses mithilfe eines Vorschusses gem. § 887 Abs. 2 ZPO zuzubilligen ist, geht über den Zeitraum hinaus, der einem Fachunternehmen zur vertraglichen Mängelbeseitigung gem. § 633 ff. BGB zuzubilligen ist.
4. Der Vollstreckungsgläubiger ist nicht ohne weiteres an die Art der Mängelbeseitigung gebunden, wenn diese im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens gem. § 887 ZPO ausschließlich zur Schätzung der Höhe eines angemessenen Vorschusses und damit lediglich betragsmäßig zugrunde gelegt worden ist.
5. Bei Abdichtungsmängeln eines Kellers kann bei der Feststellung der Abrechnungsreife eines Vorschusses gem. § 887 ZPO ein angemessener Heiz- und Trocknungszeitraum sowie ein anschließender Prüfungs- und Beobachtungszeitraum zu berücksichtigen sein.
6. Eine tenorierte Verpflichtung zur Abdichtung von Kellerboden und -wänden eines Objekts kann sich auch auf Bauteile, die abdichtungstechnisch in einem hinreichend engen Zusammenhang mit Kellerwänden und Kellerboden stehen, sowie auf Maßnahmen zum Fernhalten von Wasser von Kellerboden und -wänden beziehen, wenn sich andernfalls nach den allgemeinen Regeln der Technik eine hinreichende Dichtungsfunktion von Kellerboden und -wänden nicht erreichen lässt.
Verfahrensgang
LG Kleve (Urteil vom 24.06.2008; Aktenzeichen 3 O 514/06) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 24.6.2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Kleve wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt Rückzahlung eines Mängelbeseitigungskostenvorschusses, den sie aufgrund des Urteils des Senats vom 19.12.1995 (23 U 66/95) in einem Vollstreckungsverfahren gem. § 887 ZPO an die Beklagte zur Abdichtung des Kellergeschosses des Hauses F 2 in K-L gegen von außen durch Wände und/oder Boden eindringende Nässe sowie zur Beseitigung der in das Kellergeschoss bereits eingedrungenen Nässe in den Wänden und im Bodenaufbau gezahlt hat, mit der Begründung, der Kostenvorschussanspruch sei gem. § 242 BGB bereits seit Ende 2006 erloschen, weil die Beklagte zu diesem Zeitpunkt die Sanierung hätte abschließen und abrechnen können. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei zulässig, da für den Schuldner, der die Rückzahlung eines prozessual zuerkannten Vorschussanspruchs gem. § 887 Abs. 2 ZPO wegen Untätigkeit des Gläubigers nach Vorschusserhalt geltend mache, keine besonderen vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe beständen. Die Klage sei jedoch unbegründet, da dem Kläger ein Anspruch auf (teilweise) Rückzahlung des Vorschusses gem. § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB i.V.m. § 242 BGB unter Berücksichtigung des Zeitablaufs und aller Umstände des Einzelfalles jedenfalls zum derzeitigen Zeitpunkt nicht zustehe. Aus dem Schriftverkehr, insbesondere dem Anwaltsschreiben der Klägerin vom 28.3.2007 sowie dem Schreiben der Beklagten vom 21.6.2007, ergebe sich, dass die Klägerin Sanierungsarbeiten entsprechend dem Konzept des Privatsachverständigen G bis jedenfalls August 2007 mitgetragen habe, so dass ihre pauschale Behauptung, dass sich die Tätigkeiten der Beklagten nicht auf die tenorierte Mängelbeseitigung bezogen hätten, unsubstantiiert und treuwidrig sei. Unsubstantiiert sei der Klägervortrag insoweit, als die tenorierte Verpflichtung zur Mängelbeseitigung allgemein gehalten sei und sich aus den Gründen des Beschlusses des LG Kleve vom 16.4.2008 ergebe, dass zum damaligen Zeitpunkt keine der beiden Parteien ein Sanierungskonzept gefunden habe. Da die Klägerin in das Konzept des Privatsachverständigen G auch über 2007 hinaus durchgängig informiert und darin eingebunden worden sei, sei es hier Sache der Klägerin, substantiiert vorzutragen, welche Maßnahmen sich nicht konkret auf die Mängelbeseitigung bezogen h...