Leitsatz (amtlich)
Unabhängig von der Rückgabe der Urkunde kann der Hauptgläubiger den Bürgen nach wie vor aus dem bestehenden Bürgschaftsvertrag in Anspruch nehmen. Nur die Rückgabe der Bürgschaftsurkunde an den Bürgen verhindert die Inanspruchnahme. Zwar hat die Bürgschaftsurkunde i.d.R. keinen Einfluss auf den Bestand des Bürgschaftsvertrages, aber sie dient dem Bürgen als Urkunde i.S.d. § 416 ZPO und erleichtert ihm den Beweis, dass die Schuld bereits gelöscht ist (Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 371 Rz. 2). Dieser Erfolg tritt nicht ein, wenn sich die Urkunde in Händen des Hauptschuldners befindet.
Normenkette
BGB § 371
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 07.08.2001; Aktenzeichen 35 O 130/00) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 7.8.2001 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde.
Die Klägerin führte 1986 für die Beklagte bei dem Bauvorhaben … die Rohbauarbeiten durch. Zur Sicherung der Erfüllung etwaiger Gewährleistungsansprüche stellte die Klägerin der Beklagten am 3.3.1988 eine „Gewährleistungs-Einbehalts-Bürgschaft” der … AG über 42.000 DM. 1993 nahm die Beklagte die Klägerin wegen eines Mangels am Swimmingpool klageweise in Anspruch. Das Verfahren endete am 21.3.1995 mit einem Vergleich vor dem OLG, wonach die Parteien das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärten und sich über die Kosten verständigten.
Mit Schreiben vom 15.1.1996 und 13.6.2000 forderte die Klägerin die Beklagte zur Rückgabe der Bürgschaftsurkunde auf. Die Klägerin verweigerte die Herausgabe zunächst mit Hinweis auf noch bestehende Mängel. Nach Zustellung der Klageschrift teilte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 27.9.2000 mit, dass sie die Bürgschaftsurkunde nach Ablauf der Gewährleistungsfrist von 5 Jahren bereits 1994 vernichtet habe. Gegenüber der … erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 13.11.2000, sie werde aus der Bürgschaftserklärung vom 3.3.1988 keine Rechte mehr geltend machen. Die … löschte daraufhin die Bürgschaftsverpflichtung in ihren Büchern.
Die Klägerin hat sodann den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung jedoch nicht angeschlossen, sondern beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass weder die Ausbuchung der Bürgschaft noch die Erklärung der Beklagten, aus der Bürgschaftserklärung keine Rechte mehr geltend machen zu wollen, als erledigendes Ereignis i.S.d. § 91a ZPO zu werten seien. Überdies habe nie ein Herausgabeanspruch der Klägerin bestanden, weil diese lediglich Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die bürgende Bank habe verlangen können. Dies habe sie aber nicht beantragt.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es liege kein Fall der Erledigung vor, weil die Klage von vornherein unbegründet gewesen sei. Der Klägerin habe sowohl aus § 371 BGB als auch aus § 17 Nr. 8 VOB/B lediglich ein Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die Bank zugestanden. Weitere Anspruchsgrundlagen seien nicht ersichtlich.
Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie macht geltend: Das LG habe die Wirkungen des § 17 Nr. 8 VOB/B verkannt. Die Bürgin habe sich im vorliegenden Fall die Herausgabe nur für den Fall der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft ausbedungen. Im Übrigen sei ihr das Schicksal der Bürgschaftsurkunde gleichgültig gewesen. Ihr dagegen stehe ein Herausgabeanspruch aus der Sicherungsabrede zu, denn die Folgen des Erlöschens der Hauptschuld beträfen allein sie, da sie ihr Verhältnis zur bürgenden Bank zu klären habe.
Sie beantragt, das erstinstanzlich die Klage abweisende Urteil abzuändern und festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht geltend: Die Klägerin trenne nicht zwischen Herausgabe der Bürgschaftsurkunde und der Bürgschaft. Mit dem Entfallen des Sicherungszwecks könne der Schuldner die Rückgabe der Bürgschaft, und wenn deren Bestand davon abhängig gemacht sei, die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde nur an den Bürgen verlangen. Nur dieser habe ein berechtigtes Interesse an der Herausgabe der Urkunde, damit diese nicht mehr als Beweismittel gegen ihn verwandt werden könne. Sie hält daran fest, dass schon deshalb keine Erledigung eingetreten sei, weil es an einem erledigenden Ereignis fehle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat zutreffend und mit folgerichtiger Begründung die Klage abgewiesen, weil der Rechtsstreit in der Hauptsache nicht erledigt ist. Letzteres setzt voraus, dass die Klage im Zeitpunkt des erledigenden...