Verfahrensgang
LG Kleve (Aktenzeichen 3 O 554/20) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 9. Juli 2021 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Kleve (3 O 554/20) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Das Berufungsurteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf restlichen Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 02.10.2020 auf der A 12 in den Niederlanden in Höhe der Auffahrt D. in Anspruch, bei dem der Beklagte zu 1) mit seinem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw Mercedes auf den Pkw Tesla S 100 der Klägerin auffuhr.
Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.
Die Beklagte zu 2) regulierte den wirtschaftlichen Totalschaden an dem am 28.01.2019 als Neufahrzeug auf die Klägerin zugelassenen Pkw mit einer Gesamtfahrleistung von 42.045 km zum Unfallzeitpunkt auf der Grundlage eines von der Klägerin eingeholten Schadengutachtens des Sachverständigenbüros F. GmbH (Anlage K1, GA 11).
Das Elektrofahrzeug der Klägerin verfügte - fahrzeug-, nicht personenbezogen - über eine zeitlich unbegrenzte kostenfreie Lademöglichkeit an Tankstellen des sogenannten "Supercharger-Netzwerkes". Obgleich diverse gebrauchte Ersatzfahrzeuge mit entsprechender kostenfreier Lademöglichkeit auf dem Gebrauchtwagenmarkt angeboten wurden (GA 63), zog die Klägerin es in der Folgezeit vor, sich ein neues Teslamodell S zu einem nicht näher mitgeteilten Kaufpreis anzuschaffen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.10.2020 (Anlage K 3) machte die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2) weiteren - nachfolgend klageweise verfolgten - Schadensersatz aufgrund der nunmehr fehlenden kostenfreien Auflademöglichkeit geltend.
Die Klägerin hat geltend gemacht, durch die fehlende kostenfreie Ladungsmöglichkeit am jetzigen Ersatzfahrzeug seien ihr in den Monaten Oktober bis Dezember 2020 bezifferte Schäden in Höhe von 289,54 EUR (monatlich 4,67 Vollladungen bei einer Ladekapazität von 100 kW, einem Nettostrompreises von 0,31 kW/h und einer Quote von 2/3 an kostenfreien Ladungen im Netzwerk) entstanden (Klage, S. 9 = GA 9). Überdies müssten sie die Beklagten bei Annahme einer Mindestlebensdauer des Fahrzeugs von 12 Jahren bis zum 28.01.2031 entsprechend mit einem für den Zeitraum der Höhe nach noch nicht feststehenden Strompreis für jährlich 3.736 kW entschädigen. Der Erwerb eines typengleichen Gebrauchtfahrzeugs mit kostenfreier "Supercharger-Funktion" sei ihr nicht zumutbar gewesen, weil sie das verunfallte Fahrzeug als Neufahrzeug ständig in ihrem Besitz gehabt habe und der Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs für sie als "technischer Laie" mit Risiken (Verschweigen von Unfallschäden oder anderen technischen Mängeln) verbunden sei.
Die Beklagten haben sämtliche Angaben der Klägerin zu der angeblichen Fahrzeugnutzung mit Nichtwissen bestritten und überdies eingewandt, die Klägerin hätte sich als Ersatz ein entsprechendes gebrauchtes Modell mit kostenfreier Lademöglichkeit anschaffen können. Sie haben die Auffassung vertreten, der Klägerin sei kein erstattungsfähiger Schaden entstanden.
Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, für die Klägerin wäre nach eigenen Angaben und auch nach dem Inhalt des vorgelegten Privatgutachtens ein typengleiches Fahrzeug des Herstellers Tesla erwerbbar gewesen, das ebenfalls über "Freibetankung" mit Elektrizität verfügt hätte, weil diese "Freibetankung" an das Fahrzeug, nicht an den Käufer gekoppelt sei. Die Klägerin könne nicht erfolgreich darauf verweisen, dass für sie die Beschaffung eines Ersatzfahrzuges "unzumutbar" gewesen wäre. Die Klägerin habe nicht einmal aufgezeigt, dass derartige typengleiche Gebrauchtfahrzeuge nicht über Fachhändler, die für Sachmängel haften und üblicherweise sogar sogenannte "Anschlussgarantien" anbieten, zu beziehen wären. Dass die Klägerin hier in unzumutbarer Weise höhere Risiken als bei jeder Reparatur oder jeder Ersatzbeschaffung nach einer Kfz-Beschädigung hätte eingehen müssen, sei damit gerade nicht ersichtlich. Statt der Ersatzbeschaffung sei die Klägerin zwar auch berechtigt gewesen, "fiktiv" abzurechnen. Jedoch umfasse die fiktive Abrechnung nur die Geltendmachung der Reparaturkosten (bzw. beim wirtschaftlichen Totalschaden der Kosten der Ersatzbeschaffung), während sonstige Schäden aus der fehlenden Reparatur oder Ersatzbeschaffung gerade nicht daneben beansprucht werden könnten. Hier habe die Klägerin statt der Wiederherstellung des Zustandes vor dem Unfall durch eine mögliche Ersatzbeschaffung die Kosten für die Reparatur im Wege der "fiktiven Abrechnung" geltend gemacht. Ihr sei es dann aber verwehrt, daneben nunmehr mit der fehlenden unentgeltlichen Elektrizitätsbetankung die Schäden geltend zu ...