Leitsatz (amtlich)
1.
Eine ausdrückliche oder konkludente Anordnung des Auftraggebers mit dem Inhalt einer Änderung des Bauentwurfs i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B i.V.m. § 1 Nr. 3 VOB/B oder eine andere Anordnung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B setzt eine rechtsgeschäftliche Erklärung voraus, für deren Wirksamkeit die Regeln einer Willenserklärung gelten.
2.
Die Rechtsprechung des BGH zur Abgrenzung von Anspruchsgrund und Anspruchshöhe im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 6 Nr. 6 VOB/ und der entsprechenden Bemessung der Darlegungs- und Beweislast des Auftragnehmers gemäß § 286 ZPO bzw. § 287 ZPO (vgl. Urteile vom 24.02.2005, VII ZR 222/03, BauR 2005, 861 sowie VII ZR 141/03, BauR 2005, 857) ist im Rahmen eines vertraglichen Anspruchs auf Anpassung der Vergütung gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.
3.
Für den Grund eines Anspruch aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B trifft den Auftragnehmer die volle Darlegungs- und Beweislast, dass seine Leistungen für die Erfüllung des Vertrages notwendig waren.
Verfahrensgang
LG Kleve (Entscheidung vom 08.02.2008) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 08. Februar 2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neugefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 18.121,72 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. August 2001 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden zu 94 % der Klägerin und zu 6 % der Beklagten auferlegt.
Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz werden zu 85 % der Klägerin und zu 15 % der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei kann eine Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt Restwerklohn in Höhe von 300.121,91 EUR aus dem ihr von der Beklagten am 13.10.1999 erteilten Auftrag, eine Dichtwand in X-U herzustellen. Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung von Zeugen und Einholung von Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. P nebst schriftlichen und mündlichen Ergänzungen in Höhe von 123.332,25 EUR nebst Zinsen teilweise stattgegeben und zur Begründung ausgeführt:
Hinsichtlich des Nachtrages 3 stehe der Klägerin nach § 2 Nr. 5 VOB/B ein weiterer Vergütungsanspruch in Höhe von 114.083,85 EUR (89.348,15 EUR zzgl. 16 % Mwst.) zu, weil die Beweisaufnahme ergeben habe, dass die der Ausschreibung zugrunde gelegten Bodenverhältnisse im Hinblick auf die in eine Leistungsbeschreibung gehörende Beschreibung der Böden nach Abschnitt 2.2 der DIN 18300, die auch Angaben zur Lagerungsdichte / zu Eindringwiderständen erfordere, nicht mit den tatsächlich vorgefundenen Bodenverhältnissen übereinstimmten und hieraus ein gemäß § 287 ZPO mit sachverständiger Hilfe gerichtlich zu schätzender Mehraufwand der Klägerin in der genannten Höhe entstanden sei.
Aus der Position 2.1.8 stehe der Klägerin ein Betrag von 9.223,40 EUR zu. Ausweislich des vom Beauftragten der Klägerin unterschriebenen Aufmaßblattes seien 4.333,85 qm Frostschutzschicht erstellt worden. Gegen diese Menge habe die Beklagte keine substantiierten Einwendungen erhoben. Die Klägerin sei berechtigt, diese Position in Rechnung zu stellen. Dass die Position ursprünglich in Titel II enthalten gewesen sei, der dann ausweislich des beauftragten Nebenangebotes 2 aus dem Angebot herausgenommen worden sei, bedeute nicht, dass diese erbrachte Leistung nicht abgerechnet werden könne.
Weitere Ansprüche ständen der Klägerin - abgesehen von 25 EUR brutto, auf die sich die Parteien hinsichtlich der Position 4.0.3 (Baggerstunden) geeinigt hätten - nicht zu.
Die Beklagte hat Berufung eingelegt und trägt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen zur Begründung vor:
Zum Nachtrag 3
Der nur für Bodenmechanik, Erd- und Grundbau sowie Gründungsschäden (insbesondere im Bergbaugebiet) öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige Prof. Dr. P sei für die hier relevanten Fragen der Baupreisermittlung und -fortschreibung im Bereich von Spezialtiefbauarbeiten ungeeignet, wie auch die Unzulänglichkeiten seiner Feststellungen und die Widersprüche zu den Feststellungen ihres Privatgutachters B klar zeigten. Das Landgericht habe ihre Einwendungen gegen dessen persönliche Eignung und ihre drei Alternativvorschläge anderer geeigneter Sachverständiger übergangen und es im Hinblick auf die Unzulänglichkeit und Widersprüchlichkeit der Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. P und deren Abweichungen von den zutreffenden Feststellungen i...