Leitsatz (amtlich)
1. Handelt es sich - entsprechend dem nach LV-Positionen getrennten Schichtenaufbau einer Baustraße - um technisch unterschiedliche Schichten, ist es dem Auftragnehmer verwehrt ist, aus einer - etwaigen - Mehrstärke in einer im Schichtenaufbau oberhalb der Frostschutzschicht befindlichen Schicht die Ausführung einer im vertraglich vorgesehenen Schichtenaufbau unterhalb der Frostschutzschicht vereinbarten Schicht herleiten zu wollen, obwohl diese beiden Schichten technisch unterschiedliche Zwecke (Untergrundverbesserung bzw. Tragschicht) haben und unterschiedliche Ausführungsarten bzw. Anforderungen bzw. Materialien bzw. Körnungen erfordern.
2. Wirkungen eines deklaratorischen Anerkenntnisses können jedenfalls nur solche Einwendungen ausschließen, die der Auftraggeber - insbesondere bei Annahme einer konkludenten (Anerkenntnis-)Erklärung durch die Schlusszahlung im Einzelfall - kannte bzw. zumindest kennen musste.
3. Erfasst ein Angebot die Bodenverbesserung der Baustraße durch maschinellen Bindemitteleinbau im Baumischverfahren mittels Bodenfräse, den An- und Abtransport der erforderlichen Maschinen und Geräte, die Lieferung des Bindemittels, die Übernahme auf der Baustelle und die dosierte Verteilung des Bindemittels mit eine Schichtdicke der stabilisierten Bodenschicht von ca. 0,30 bis 0,35 m und als Bindemittel ein näher bezeichnetes Kalk-Zement-Gemisch, ist infolge dieser - sowohl leistungs- wie auch vergütungsbezogen - funktionalen Leistungsbeschreibung die Anzahl der notwendigen Fräsgänge ohne Belang.
4. Im Falle der Vereinbarung eines Pauschalpreises erst weit nach Leistungsausführung besteht - im Sinne eines Ausnahmefalls - keinerlei (sei es leistungsbezogene bzw. sei es vergütungsbezogene) Ungewissheit der Werkvertragsparteien, der - wie im Regelfall einer bereits vor Beginn der Leistungsausführung erfolgten Pauschalvereinbarung - noch Rechnung getragen werden kann. Auch im Hinblick auf das Verbot widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) stellt sich eine solche nachträgliche Vereinbarung eines Pauschalpreises zugleich als grundsätzlich - nur begrenzt durch die nach Schuld- bzw. Deliktsrecht allgemein in Betracht kommenden Einwände (§§ 119, 123, 134, 138, 313, 823 ff. BGB) - unabänderlicher Festpreis dar.
5. Die Prüfung und Zahlung einer Schlussrechnung kann sich - ausnahmsweise - als deklaratorisches Schuldanerkenntnis einer Verpflichtung im Umfang einer solchen nachträglichen Pauschalvereinbarung darstellen, insbesondere wenn der Auftraggeber in diesem Zeitpunkt konkrete Tatsachen- und Urkundenkenntnis im Hinblick auf die Einzelheiten und auch Flächen der Werkleistung (hier: Bodenverbesserung) hatte.
Verfahrensgang
LG Krefeld (Urteil vom 18.12.2013; Aktenzeichen 2 O 170/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Krefeld vom 18.12.2013 teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung insgesamt wie folgt neugefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 12.966,48 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.4.2008 zu zahlen.
Die weiter gehende Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden zu 39 % der Klägerin und zu 61 % der Beklagten auferlegt.
Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz werden zu 54 % der Klägerin und zu 46 % der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin macht die Zahlung von Restwerklohn i.H.v. 23.958,05 EUR nebst Verzugszinsen für die Errichtung einer Baustraße, von Kanälen und einer Lärmschutzwand in K.-B. geltend; die Beklagte macht widerklagend die Erstattung überzahlten Werklohns i.H.v. 69.739,20 EUR nebst Verzugszinsen geltend. Wegen weiterer Einzelheiten wird gem. § 540 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das LG hat der Klage nach Beweisaufnahme (ergänzende schriftliche Gutachten des im vorherigen selbständigen Beweisverfahren tätigen Sachverständigen K., vgl. 231/250 ff. GA bzw. 288/307 ff. GA) i.H.v. 8.164,08 EUR nebst Verzugszinsen unter Abweisung der weiter gehenden Klage und vollständiger Abweisung der Widerklage entsprochen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe Restwerklohn i.H.v. 8.164,08 EUR zu. Von der rechnerisch unstreitigen Schlussrechnung der Klägerin vom 29.6.2006 i.H.v. 729.823,28 EUR brutto seien ein Betrag von 1.700 EUR brutto für den mangelhaften Schacht M 03 sowie ein Betrag von 14.094 EUR brutto für die nicht ausgeführte LV-Pos. 1.7.1930 (Schotter) sowie die erfolgten Abschlagsz...